Das Duell um die schottische Vizemeisterschaft sollte ausschliesslich denjenigen Anhängern vorbehalten sein, die ihre Treue den «Dons» gegenüber durch eine gewisse Anzahl an «Loyality Points» beweisen können.

Der unschöne Trend aus England hat damit auch den hohen Norden Schottlands erreicht. Zwar ergibt sich daraus die Argumentation, dass dadurch Tickets ausschliesslich an regelmässige Stadiongänger gehen und sich daher keine Touristen bei grossen Spielen im Stadion befinden, jedoch fördert diese Entwicklung auch den Kommerz. Denn wer tiefer in die Tasche greift – respektive seine Treue besser zum Ausdruck bringen will – kann sich nämlich eine Mitgliedschaft mit Vorverkaufsrecht erwerben und damit die vorherrschende Problematik in diesem Fall simpel umgehen.

Und so finde ich mich einmal mehr in der Situation wieder, in der ich mich frage, ob das Hauptspiel der Reise gegen den «Arch Enemy» aus Glasgow ohne meine Wenigkeit über die Bühne gehen wird. Beruhigend ist hier jeweils einzig und allein die Tatsache, dass es in ähnlichen Fällen bisher praktisch immer irgendeinen Weg gegeben hat. Die erste Option mit einer Mailanfrage an den Club wurde jedoch harsch abgewiesen. Blieb der zweite Weg, den ich deutlich weniger gern gehe: jener über das Fan-Forum. Hier probierte ich mein Eigen als Fan der Reds aus der Schweiz zu verkaufen. Lange biss keiner an und es gab zum Teil, wie zuvor bereits vom Club, ziemlich direkte Antworten. «Don’t worry mate, game is on TV anyway» ist hierbei mein Favorit. Gut eine Woche vor der Partie fand sich aber eine Nachricht in meinem Postfach, in der sich ein gewisser “Gav” dazu bereit erklärte, mir zwei Tickets nach Wahl, zu besorgen. You Sir, are my hero! Die beiden Eintrittskarten lagen bei der Ankunft tatsächlich wie erhofft hinter dem Hoteltresen. Die Freude darüber war gross und brachte mir sogar ein schlechtes Gewissen ein, zumal der nette Herr trotz mehrmaligem Nachfragen darauf beharrte, mir die beiden Tickets zu spendieren.

Und so kommt es, dass an dieser Stelle eben doch über dieses brisante Spiel berichtet werden darf. Der Anpfiff am Sonntag erfolgte bereits zur Mittagszeit, wobei wir es gemächlich angingen, da das Pittodrie von unserer Unterkunft aus nur einen Gang über den Hügel bedeutete. Von dort ist das Stadion, das nach über hundert Jahren bald ausgedient hat, schön zu sehen. Eine ähnliche Zeitspanne lang spielt der momentane Vizemeister übrigens auch schon ununterbrochen in der ersten Spielklasse. Die sportlichen Glanzzeiten der Ölhauptstadt Europas liegen allerdings ebenfalls schon ein Weilchen zurück. Damals in den achtziger Jahren unter dem bekannten Sir Alex Ferguson gewann Aberdeen nämlich diverse Titel. Es war die Zeit, in der die «Aberdeen Soccer Casuals» eine der einflussreichsten Fangruppierungen der Insel stellten.

Zurück in die Gegenwart; zurück ans Nordseeufer, wo das Stadion liegt. Hier nehmen Luigi und ich Platz auf der Hintertortribüne mit bestem Blick auf den vollen Gästeblock und das Spielgeschehen. Bereits nach wenigen Minuten lässt sich feststellen, dass die 19’332 Zuschauer den Spitzenkampf sehr emotional mitverfolgen. Aber auch für uns als neutrale Beobachter bietet das Spiel mit seinen vielen Chancen auf beiden Seiten einiges an Unterhaltung. Für das erste Tor müssen wir dennoch bis in die 79. Minute warten. Dann sind es die Rangers, die zur vielumjubelten Führung treffen. Damit ist der Bann gebrochen, denn nur drei Minuten später steht es bereits 0:3 für den Gast aus Glasgow, dessen Anhänger nun mächtig Gas geben. Zu viel für einige Aberdeen-Fans, denn prompt fliegt ein Rauchtopf auf das Spielfeld. In solchen Momenten ist es immer wieder amüsant mitanzusehen, wie umständlich sich die britische Staatsmacht beim Versuch anstellt, das Feuer mit einer langen Zange und Gesichtsmaske bewaffnet, im Keim zu ersticken.

Die Stadt Aberdeen ist vor allem wegen ihres Ölvorkommens vor der Küste bekannt. So sieht der Tourist hier viele Tanker und Helikopter zu den Offshore-Plattformen hinausfahren und -fliegen. Durch den beim Bau der grossen Gebäude, die unterer anderem vom Architekt Archibald Simpson stammen, verwendeten silbergrauen Granit schimmert die Stadt im Sonnenlicht und ist als «Silver City» bekannt. Zum Reiseabschluss bekamen wir noch einen traumhaften Sonnenuntergang serviert, den ich meiner Leserschaft natürlich nicht vorenthalten möchte.