Ganz ohne Fussball sollten die Pfingstferien doch nicht verstreichen und so durfte ich in Sardinien immerhin 90 Minuten lang Stadionluft schnuppern. Anlass dazu bot das Gastspiel der AC Mailand zum Saisonabschluss beim Cagliari Calcio, dem Verein aus der grössten Stadt der Insel.

Personalisierte Ticket für dieses Duell konnten wir wie gewohnt über die Plattform «Listicket» erwerben. Unsere Vorfreude trübte sich allerdings wenige Tage vor dem Aufeinandertreffen, da die Anhängerschaft aus Mailand mitteilte, die Anreise nach Cagliari gar nicht erst anzutreten. Der Grund dafür liess sich in der späten Terminierung seitens der Liga finden, die so eine günstige Anreise verunmöglichte. Verständlich, schliesslich sprechen wir hier von gut 700 Kilometern Distanz. Weniger verständlich ist der Boykott auf der Heimseite, den ich erst nach dem Betreten des Sant’Elia bemerkte. Die bekannte Curva Nord wollte ein Zeichen gegen die omnipräsenten Repressionen setzen. Dass sie sich dafür das letzte Saisonspiel einer gelungenen Spielzeit aussuchen, ist für mich bereits fragwürdig. Wenn es sich aber zudem um das letzte Spiel im altehrwürdigen Heimstadion handelt, kommt bei mir grosses Unverständnis auf.

Mit der Dernière im Sant’Elia landete ich somit unbewusst einen Glücksgriff, schliesslich blickt dieses Stadion auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Nach der Jahrtausendwende und sinkenden Zuschauerzahlen, die mit den schlechten Leistungen der Mannschaft sowie der grossen Entfernung zum Spielgeschehen begründet wurden, kam es zu einem Novum. So wurde eine Stahlrohrkonstruktion rund um das Spielfeld errichtet, sodass lediglich die Haupttribüne mit dem gleichen Abstand zur Grünfläche verblieb. Auch dieses «Stadion im Stadion» zog Sicherheitsbedenken mit sich, sodass Cagliari einige Heimspiele im norditalienischen Triest ausgetragen musste. Auch in der provisorischen Heimat «Stadio is Arenas» nahe der eigentlichen Spielstätte, machten die Sicherheitsauflagen zu schaffen und der Verein sah sich gezwungen, erneut nach Triest auszuweichen. Mittlerweile hat er nach Verhandlungen die beiden letzten Spielzeiten unter Auflagen in Cagliari gespielt, der Verein sah aber ein, dass die Stadionfrage endgültig geklärt werden muss. So ist nun ein Provisorium neben dem altehrwürdigen Stadion in Auftrag, während ein Neubau der Heimstätte der Sarden bis 2020 abgeschlossen sein soll.

Zurück in die Gegenwart, in der aufgrund der sommerlichen Hitze der Anpfiff kurzfristig auf den späten Abend verlegt wurde. Der Austragungsort liegt ausserhalb der Stadt und ist mit dem Bus zu erreichen. Durch seine Lage unmittelbar an der Mittelmeerküste bietet sich eine wunderschöne Sicht auf die Altstadt «Castello» von Cagliari. Den Saisonabschluss wollten 12’225 Zuschauer nicht verpassen, wobei sich hiervon die meisten auf der Südtribüne befanden. Diese avancierte aufgrund des Boykotts zum neuen Stimmungszentrum. Vor allem die rund 100 mitgereisten Milan-Tifosi der Marke «Fussballtouristen» wurden mächtig durch entsprechende Mimik und Gestik verhöhnt. Das Spiel trug zum gelungenen Debütsaison nach dem Aufstieg bei, denn die Gastgeber hielten nicht nur einen Penalty, sondern kamen in der Nachspielzeit sogar zum verdienten 2:1, sehr zur Freude aller Anwesenden. Damit beenden sie die Saison als Elfter. Aus persönlichen Gründen gilt es zudem die Tatsache zu erwähnen, dass Atalanta Bergamo mit einem Sieg gegen Verona Lazio Rom vom vierten Platz verdrängte und sich damit direkt für die Europa League qualifiziert.

Den Beitrag beenden möchte ich mit einigen Worten zur Stadt selber. Cagliari ist für mich der Ausblick und die Sonnenuntergänge von der höher gelegenen Bastione San Remy, gutes Essen in den zahlreichen Gässchen und ein kaltes «Ichnusa» in einem gemütlichen Strassenbistro. Und auch auf der ewigen Suche nach dem besten «Gelato alla nocciola» wurde ich meiner Meinung nach hier ebenfalls fündig.