Am Neujahrstag kehrt in unserer Wohnung in Manchester erst weit nach Mittag langsam wieder Leben ein. Glücklicherweise befindet sich der Austragungsort der heutigen Partie in dessen Agglomeration, sodass ein allzu langer Anreiseweg wegfällt. So ging es per Taxi gemütlich zum Bahnhof Victoria, wo wiederum Mirko wartete, der zum Start in ein weiteres Jahr voller Groundhopping die gleiche Partie auserwählte. Der letzte im Bunde verschluckte die Silvesternacht und er grinste uns erst wieder in Moston an, wo wir nach kurzer Fahrzeit eintrafen. Von dieser Haltestelle sind es wenige Minuten Fussmarsch bis zum Broadhurst Park, der Heimat vom FC United of Manchester.

Weder der Verein noch das Stadion würde in seiner heutigen Form existieren, wenn es in der Premier League weiterhin Stehplätze und Eintrittskarten zu fairen Preisen gäbe. So aber kam 2005 Anhängern von Manchester United die Idee, den Fussball wieder zu dem zu machen, was er einmal war. Ein Volkssport für den einfachen Mann der Arbeiterklasse! Damit wollten sie dem ehemaligen Clubbesitzer Malcolm Glazer und seinen kommerziellen Absichten mit der United einen Riegel zu schieben. Zwar hegen viele von ihnen weiterhin Sympathien zum erfolgreichsten Verein der Insel, doch ihren Traum haben sie in diesen wenigen Jahren vom einfachen Protest in die Realität umgesetzt. Heute spielt ihr FCUM in der Conference North, der sechsthöchsten Spielklasse, im selbstgebauten Stadion. Aufgrund der breiten Fanbasis und der speziellen Entstehungsgeschichte schauen an Spieltagen deutlich mehr Zuseher als bei der Ligakonkurrenz vorbei, darunter heute diverse Gleichgesinnte. Eine lustige Szene folgte am Ticketschalter, wo wir nach dem Kauf der Tickets zum Preis von 5 Pfund drei anderen St. Gallern in die Arme liefen. Anschliessend führt den Matchbesucher eine Treppe hinauf in die Bar, wo nicht nur kulinarisch einiges geboten wird, sondern begleitet vom Kult-Fangesang „Dirty Old Town“ das erste Bier im neuen Jahr genossen werden durfte. Englischer Fussball mit Stehplätzen, schöner Zaunbeflaggung und preiswerter Verköstigung bei Sonnenschein. Das Jahr startet gut.

Aus spielerischer Sicht war der Besuch hier aber eine Enttäuschung, zumal die Partie auf dürftigem Niveau ausgetragen wurde und auch stimmungstechnisch noch mehr gegangen wäre. Dies obwohl die Ausgangslage ein torreiches Spiel garantiert hätte. Zu Gast war mit dem Fussballclub aus Altrincham nämlich nicht nur der Verein, der in der Tabelle klar am wenigsten Punkte, sondern auch noch das schlechteste Torverhältnis aufweist. Der Start verlief vielversprechend, denn United of Manchester, im klassischen Rot-Weiss, ging bereits nach wenigen Augenblicken in Führung. Anschliessend zeigten sie aber Schwächen im Abschluss und als wäre dies nicht genug, fiel mit dem Pausenpfiff das überraschende 1:1. Das gleiche Bild zeigte sich im zweiten Abschnitt, in dem der Gastgeber die spielbestimmende Mannschaft blieb, es jedoch verfehlte, ein zweites Tor zu schiessen. So änderte sich für Manchester vor 3’030 Zuschauern nichts mehr an der mageren Punkteteilung gegen das Schlusslicht.

Bereits während der zweiten Halbzeit hatten wir unseren Standort unter die Tribüne verlegt, wo – wie in England üblich – Bier und Cider konsumiert werden dürfen. Eine Person der Reisegruppe sorgte mit seinem Durst bei den anwesenden Engländer für Eindruck und mit steigendem Alkoholpegel für Belustigung unser aller. Nach diesem fussballerischen Jahresauftakt verabschiedeten wir uns von Mirko, der die Heimreise antrat, während wir uns zurück in die Wohnung begaben. Da wir die letzten beiden Abende jeweils bis am Morgen unterwegs waren, entschieden wir uns vernünftigerweise für eine weitere „Night out“. Diesmal ging es ins Sankeys, einem bekannten Club in unmittelbarer Gehnähe. Und so endete auch dieser Tag erst am Folgemorgen, als das Trio aus Namensvetter, Jonathan und mir kurz vor sechs Uhr dem Schlafverlangen Tribut zollte.