Mittlerweile wäre die EasyJet Plus Mitgliedschaft ein passendes Weihnachtsgeschenk für mich, denn wieder folgte ich dem Ruf eines günstigen Angebots der britischen Billigairline. Den Grund für die zwei Tage in der schottischen Hauptstadt stellte das dortige Stadtderby zwischen den Hearts und dem Aufsteiger Hibernian dar. Wobei die Reise überhaupt erst kurz vor Antritt definitiv grünes Licht kriegte, als ich über zwei Ecken zu einer „Booking History“ und folglich zu einer der letzten begehrten Eintrittskarten für das Duell an der Easter Road kam.

Da mir die charmant graue Altstadt bereits aus früheren Besuchen geläufig war, wurde der Tag für eine Wanderung auf den Hausberg Arthur’s Seat genutzt. Dabei wählte ich beim Abstieg versehentlich einen falschen Weg, der alsbald zu einer gröberen Kletterpartie avancierte. Ein Fehltritt und ein verpasstes Lokalduell zweier schottischen Erstligisten wäre zum kleinsten Problem verkommen. Der Autor scheint, wie diese Zeilen beweisen, jedoch wieder heil unten angekommen zu sein. So stand dem abendlichen Fussmarsch durch die dunklen Gassen, flankiert von überfüllten und lauten Pubs nichts mehr im Wege. Genauso stellt sich der Fussballfan die „pre-match atmosphere“ im rauen Nordosten der Stadt vor. Ganz anders sieht es in der Gegend rund um die Heimstätte des heutigen Gegners aus, wie folgender Bericht vom Spielbesuch vor etwas mehr als zwei Jahren beweist.

Trotz der Aussenseiterrolle kann der Aufsteiger beruhigt auf das Derby vorausschauen, schliesslich ging keines der letzten sieben Direktduelle verloren. Das Ziel war es natürlich, diese äusserst beeindruckende Serie vor, mit 20’165 Zuschauern, ausverkauften Rängen weiterzuführen. Von den Emotionen her war dies sicherlich eines der besten Derbys, die ich bisher miterleben durfte. Das beste Beispiel dafür bot der Familienvater neben mir, der sich je nach Schiedsrichterentscheid jeweils innert Sekunden von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde verwandelte. Der gezeigte Offensivfussball sowie die Führung für die Hibees nach lediglich drei Spielminuten leisteten ihren Beitrag dazu. Besonders die lauten „Hibs Hibs“ Rufe zur Melodie von Runaround Sue im Anschluss daran boten absoluten Ohrwurm-Charakter. Besonders laut wurde es auch dann jeweils, wenn die rund 4’000 mitgereisten Hearts ein Lied anstimmten und dieses von der Heimseite mit doppelter Lautstärke gekontert wurde. Neben dem frühen Siegtreffer zum 1:0 wartete ein letzter Gänsehaut-Moment mit dem Schlusspfiff auf mich. Beim Song der Proclaimers „Sunshine on Leith“, als sich ein jeder Hibs-Anhänger seinen Schal mit den schönsten Farben der Welt zückte und mit voller Inbrunst in den Nachthimmel von Edinburgh hinaus sang, lief es auch mir eiskalt den Rücken hinunter.