Damit auch der nächste Ferientag optimal genutzt werden konnte, stand für Freitag die Idee im Raum, sich ein zweites Spiel anzusehen. Ursprünglich war deshalb ein Besuch bei Clermont-Ferrand in der zweiten Liga geplant. Zum Schluss hatten Lukas und ich aber die Entscheidung getroffen, Clermont, trotz der imposanten Tribüne vor Ort, fallenzulassen. So ist es halt, wenn man sich mit der Terminierung zu viel Zeit lässt.

Die neue Destination lautete Sofia. Wieso gerade Bulgarien, werden sich einige Leser fragen. Der Grund ist simpel: Nach Recherchen bezüglich passender Alternativen stach mir das Spitzenspiel der A Grupa zwischen Levski Sofia und Litex Lovech ins Auge. Beim Check allfälliger Flüge stellte sich heraus, dass der ungarische Low-Coster Wizz Air die Hauptstadt am Freitag um die Mittagstunde von Genf aus anpeilt. Mit einem weiteren Länderpunkt in Aussicht wurde also trotz etwas teureren Rückflug (verhältnismässig immer sehr billig) der Möglichkeit ins Auge gefasst, ein weiteres Land im Südosten von Europa kennenzulernen. So waren wir zwei lediglich für einen Zwischenstopp zuhause in Lausanne, ehe es auch schon wieder in Richtung Genf zum Flughafen ging, wo wir im Zug wie geplant auf Cédric traf. Dieser war extra aus der Gallusstadt angereist und sollte unser Trio komplettieren.

Vor dem Abflug sorgte noch eine Bombendrohung am Flughafen für Aufregung, nachdem für die Stadt Genf bereits am Vortag erhebliche Terrorgefahr ausgesprochen wurde. Dabei hatte die Polizei unter anderem zwei verdächtige Syrer verhaftet. Für den heutigen Alarm sollte es aber eine (den Umständen entsprechend) ziemlich amüsante Erklärung geben. So wurde nämlich im Terminal 3 ein verdächtiger Koffer gemeldet, der niemandem zu gehören schien. Im Anschluss sperrte die Polizei das entsprechende Terminal grossräumig ab. Ein herbeigeeilter Japaner gab danach bekannt, dass er seinen Koffer hier ohne Aufsicht deponiert hätte und damit die angespannte Situation verursachte. Anschliessend schien alles in Ordnung. Doch nur einige Augenblicke später wurde im Terminal 1 ein verdächtiger Gegenstand gemeldet, der daraufhin auch gesprengt wurde. Wie sich herausstellen sollte, war dies der Rucksack des Japaners, den er vergass, während er zum Terminal 3 eilte, um sein anderes Gepäckstück zu retten. Manchmal hast du kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu.

Unser Flug startete somit leicht verspätet, trotz allem erreichten wir Sofia an diesem Freitag rechtzeitig. Im Anschluss brachte uns, nachdem wir die Taximafia abgewimmelt hatte, ein altes Modell zum Hotel. Die Unterkunft war ideal gelegen und die Reception wies uns eine kleine Wohnung mitsamt Erker in einer Art Eckturm zu. Für den Abend stand zuerst die Nahrungsaufnahme im Vordergrund. Diese geschah reichhaltig, ehe wir nach einem langen Tag, vor allem für Lukas und mich, verhältnismässig früh den Weg ins Bett fanden.

Am Spieltag ging es früh raus, da wir ein mitunter durch Sehenswürdigkeiten prall gefülltes Programm vor uns hatten. Rückblickend fallen unsere Bewertungen für die Hauptstadt Bulgariens mehrheitlich positiv aus, da Sofia mit seinen vielen Kirchen und im kommunistischen Stile gebauten Gebäuden doch über einige imposante Bauten verfügt. Neben dem obligaten Sightseeing ergab sich die Möglichkeit für ein wenig Shopping, wo wir uns an diversen Parfüm-Fälschungen ergötzen durfte. So wurde aus einem Paco Rabanne ein Poco Robonne gemacht und der arme Hugo Boss wurde zum Hugo Boos verunstaltet. Auch die bekannte Duftmarke Chanel wurde auf den wenig klangvolleren Namen Chanea umgetauft.

Da während den drei Tagen nur ein Spiel auf dem Programm stand, wollten wir noch Groundspotting im Nationalstadion Vasil Levski sowie im etwas älteren Rakovski-Stadion betreiben. Am Nationalstadion angekommen wies man uns allerdings energisch ab. Schlussendlich fanden wir trotzdem einen geöffneten Durchgang, wurden aber von einer heraneilenden Dame auf der Zielgerade am Erinnerungsfoto gehindert. Bei der zweiten Spielstätte hatten wir deutlich mehr Glück. Neben offenen Toren fanden wir unter anderem einen von der Zeit gezeichneten Ground vor, wie hier schön zu sehen ist.

Nun war es an der Zeit, uns für einige bulgarische Lew (1 Franken = 1.80 Lew) zum Austragungsort chauffieren zu lassen, wo bereits reger Betrieb herrschte. Sogleich steuerten wir die Kartenausgabe an, wo die Dame uns penetrant kein Ticket für die Haupttribüne verkaufen wollte, sondern einen Platz mittig auf der Gegentribüne. Also drei Eintrittsberechtigungen zum Stückpreis von 12 Lew für ebendiese Gegentribüne geordert, die wir nach zweimaliger Einlasskontrolle endlich betreten durfte. Im gleichen Moment wird einem auch klar, warum es nichts mit Karten für die Haupttribüne geworden ist. Dieser befindet sich im Umbau und ist daher für das Publikum geschlossen. Platzmangel herrschte trotz allem nicht, da sich lediglich 3’400 Zuschauer an das Spitzenspiel verirrten und einzig der Heimblock gut gefüllt war. Aus Lovech waren nicht mehr als zehn Supporter angereist.

Allgemein präsentiert sich mir dieser Club als ziemlicher Sinnlosverein, was sich in den kommenden Szenen nur bestätigen sollte. Zwar war es der in den letzten Jahren ziemliche erfolgreiche Gastverein, der nach 20 Minuten durch ein Tor für das erste Highlight sorgte, anschliessend verlor der Verein bei unserer Reisegruppe allerdings alle seine Sympathiepunkte. Denn kurz darauf holte sich ein Oranger mit einer dummen Aktion zurecht die rote Karte. Die Überzahl wusste Levski trotz der lautstarken Unterstützung ihrer Fans vorerst nicht auszunutzen. Vor dem Pausenpfiff kam es nach einer unübersichtlichen Situation zu einem Penaltypfiff für die Gastgeber und ein zweiter Litex-Akteur wurde aufgrund einer Tätlichkeit des Feldes verwiesen. Zurück in der Schweiz kann ich diese Entscheidung auch nach mehrmaligen Schauen der Wiederholung durchaus als gerechtfertigt betiteln. Anders sahen dies die Verantwortlichen aus Lovech, die ihre Spieler konsequent in die Kabine beorderten.

Damit sollten sich die von Cédric vorab geäusserten Befürchtungen eines Spielabbruchs bestätigen. Die Zuschauer waren jetzt alle völlig aus dem Häuschen und rund um das Spielertunnel versammelte sich zahlreich Bereitschaftspolizei. Zu einem direkten Kontakt kam es nicht, es blieb beim Besteigen der Zäune und wüsten Beleidigungen in Richtung Spielertunnel. Die Heimkurve schien sich ob dem Spielabbruch indes nicht zu stören und präsentierte nicht nur eine Choreografie sowie eine grosse Pyroshow, sondern supportete auch noch etwa eine halbe Stunde lauthals weiter, bis sich die Heimmannschaft schlussendlich in den heimischen Block begab.

Nach dieser unsportlichen Aktion der Gäste entschied die Liga wenige Tage später auf einen 3:0-Forfaitsieg zugunsten von Levski und schloss wenig später die Gäste sogar ganz vom Ligabetrieb aus. Ein ziemliches Skandalspiel, das wir hier erlebt haben. In der Folge ereignete sich nicht mehr allzu viel, das hier Erwähnung finden sollte. Einzig die Tatsache, dass unser Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen statt ein Armaturenbrett ein Tablet hinter dem Steuerrad hatte und darauf eine bulgarische Serie schaute. Insgesamt war es ein unterhaltsamer Ausflug in ein Land, in dem die Monobraue durchaus noch kulturellen Stellenwert geniesst.