Die Meister sind gekürt, die Spieler in den (wohlverdienten) Ferien und auch der Rasen im Stadion darf nun endlich ungestört wachsen. Die Rede ist von der Sommerpause. Nur im Hinblick auf die nächste Weltmeisterschaft ist noch keine Ruhe eingekehrt.

Diese Tatsache kommt dem Stadionsammler gelegen und so warf ich bereits früh ein Auge auf allfällige internationale Partien in der spielfreien Zeit. Den Anfang macht ein Ausflug über das zweite Juni-Wochenende mit Kumpel Jonathan nach Montenegro, wo Länderspiele mehr Interesse wecken als der Ligaalltag. Die passenden Flugverbindungen lieferte Wizz Air, mit einem Hinflug ab Milano und einer Rückkehr nach Memmingen zu einem akzeptablen Betrag im zweistelligen Bereich. Ein weiterer Aspekt, der für die Affiche spricht, ist die Tatsache, dass bei Länderspielen die Anspielzeit grundsätzlich nicht kurzfristig geändert wird. Damit blieb einzig die Kartenfrage ungeklärt, aber auch diesem Problem konnte ich bereits vor Antritt der Reise Abhilfe schaffen. Der Vater einer Freundin meinerseits weilte einige Wochen vor uns in seiner ursprünglichen Heimat und kümmerte sich um die Tickets, die wir schliesslich wie geplant am genannten Ort zu je acht Euro in Empfang nehmen durften. Nochmals herzlichen Dank dafür!

Der kleine Flughafen «Aerodrom» liegt ausserhalb von Podgorica und der einfachste Weg in die Innenstadt führt über das Taxi. Diese Fahrt gehört zur Rubrik «Erzählungen an meine Grosskinder». In Schlangenlinien ging es in Richtung Stadtzentrum, wobei bei Tempobeschränkung 40 der Tacho auch gut einmal auf 120km/h stieg. Für den schockierten Gesichtsausdruck blieb uns keine Zeit, denn kurz darauf hätte die Reise beinahe im ersten Kreisverkehr ihr unschönes Ende genommen. Willkommen im Osten!

Podgorica bedeutet übersetzt «am Fusse des Hügels» und ist der Wohnort von knapp 200’000 Menschen. Bis 1992 hörte die montenegrinische Hauptstadt zu Ehren des Ministers Josip Broz auf den Namen Titograd, ehe sich wieder der ursprüngliche Name etablierte. Dass die Stadt beinahe keine Sehenswürdigkeiten beheimatet, rührt von den Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg, die grosse Teile Podgoricas vollständig dem Erdboden gleichgemacht haben. Zu den wenigen Fotosujets gehören die Auferstehungskathedrale sowie der Fluss Moraca, der quer durch die Stadt fliesst. Wie im Balkan üblich präsentiert sich das kulinarische Angebot auch für das kleinere Portmonee breit, sodass auch uns grosse Portionen und üppige Lokalgerichte nicht vorenthalten blieben.

Durch die Tatsache, dass die Hauptstadt überschaubar ist, liegt auch das Stadion in Gehnähe. Dieses besteht aus zwei doppelstöckigen Hintertortribünen, einer gebogenen Haupttribüne sowie einer kleinen unüberdachten Gegengerade. Hier trägt normalerweise Buducnost, der grösste Klub des Landes, seine Heimspiele aus. An diesem Samstag fanden sich insgesamt 6’861 Zuschauer im Stadion ein. Nur gut zwei Dutzend davon dürften aus Armenien angereist sein. Auf dem Rasen entwickelte sich schnell ein einseitiges Spiel, in dem «Crna Gora» bereits nach wenigen Augenblicken der Führungstreffer gelang. Die beiden Stimmungskerne hinter den Toren freute es, darunter auch ein Herr mit Adiletten, der eifrig auf der Absperrung vom Ober- zum Unterrang umhersprang. Auf dem Rasen gehörte der heutige Abend nicht etwa Henrikh Mkhitaryan, sondern dem Star bei den Gastgebern, Stevan Jovetic, der in der Schlussphase seine Galavorstellung mit drei Treffern durch einen erfolgreichen Seitfallzieher krönte. Der Anschlusstreffer Armeniens zum 4:1 kurz vor Spielende kann als einziger Schönheitsfehler des Abends angesehen werden. Montenegro ist nach diesem überzeugenden Sieg nun Gruppenzweiter und darf sich durchaus Chancen auf eine Qualifikation für die Weltmeisterschaft ausrechnen.

Nach Spielschluss erklärten Jonathan und ich die Nacht zum Tag und stellten Podgoricas Nachtleben auf den Prüfstand. Das Resultat dieser Eskapaden waren wenige Stunden Schlaf sowie ein Tinnitus, der mich noch fast zwei Wochen lang an den gelungenen Besuch im kleinen Balkanstaat erinnerte.