Ein gewisser Kurt Tucholsky sagte einmal, dass „wer die Enge seiner Heimat ermessen will, reisen soll“. Und genau diesen wertvollen Ratschlag nahmen sich am Sonntag unter anderem Kumpane „König“ Heeb und meine Wenigkeit zu Herzen. Ausschlaggebend für den etwas ausführlicheren Tagesausflug waren gleich mehrere Elemente. So war dies einerseits der Entscheid des italienischen Innenministeriums, auf die neue Spielzeit hin bei gewissen Partien probeweise die geächtete Fankarte „Tessera del tifoso“ aufzuheben. Weiter handelte es sich bei diesem Duell um das erste Aufeinandertreffen der beiden Traditionsteams seit Jahren. Schuld daran war eine Insolvenz des Gastgebers, der sich in den vergangenen Jahren wieder schrittweise an die Spitze zurückgekämpft hatte.

Und so steuerten wir das Gefährt besagten Vormittags in rund fünf Stunden Fahrzeit bei Schneefall über den Splügenpass und bei strömendem Regen entlang der Po-Ebene bis nach Parma. Hier angekommen zeigte sich Petrus barmherzig und schloss die Schleusen bis zum Spielbeginn. So blieb genug Zeit, um in der Schinken-Hochburg etwas umherzuirren und das eine oder andere typische Sujet einer italienischen Altstadt mittels Fotografie festzuhalten. Zwei Karten für den Oberrang der Gegentribüne wechselten in diesen Nachmittagsstunden zu je 20 Euro ebenfalls den Besitzer.

Mit dem Eintreten ins Stadion Ennio Tardini, wie so oft hierzulande widmet sich der Stadionnamen einem ehemaligen Vereinspräsidenten, schweifte der Blick sofort auf eine der mächtigen Hintertortribünen, wo sich bereits eine staatlichen Anzahl an Brescia-Fans eingefunden hatte. Bis zum Anpfiff sollte diese Zahl auf einen vierstelligen Anzahl anwachsen. Diese zeigten einen soliden Dauersupport, wenn auch, von der Masse einmal abgesehen, nichts Weltbewegendes. Enttäuscht war ich jedoch über die Heimkurve, die sich angeführt von den „Boys Parma“ nur selten Gehör verschaffen konnte. Fairerweise müssen die sintflutartigen Regenfälle erwähnt werden, die auf beiden Seiten den Stimmungskiller mimten. Diesen Umständen geschuldet, verkam auch das Gekicke auf dem Rasen schnell zur Lotterie. Stellenweise blieb der Ball abrupt im Wasser stehen und konnte nur in der Luft einem Mitspieler zuspielt werden. Definitiv nicht Umstände, die für ein hochstehendes Fussballspiel sorgen. Die Gäste aus Brescia wussten die Wasserschlacht zu ihren Gunsten zu entscheiden und siegten schlussendlich mit einem knappen 0:1. Für die anwesenden 11’541 Zuschauer liess sich zwar kein Spielfluss erkennen, alleine die Grätschen sowie die (misslungenen) Passstafetten waren den Besuch aber wert.

Der Sieg im Tardini bedeutet für die Gäste den ersten Vollerfolg seit geschlagenen neunzehn Jahren. Mit dem Schlusspfiff war die Reise für uns jedoch noch nicht zu Ende. Es folgte eine nervenaufreibende Rückfahrt, die mit Stau und anhaltenden Regenfällen geschlagene sieben Stunden dauerte. Nach rund 950 gefahrenen Kilometer erreichten wir um drei Uhr morgens schliesslich wieder die Gallusstadt. Ein ganz normaler Sonntagsausflug eben.