In der Textilhochburg Lodz (ausgesprochen Lodsch) arbeiten zwei Traditionsvereine nach tiefem Fall erfolgreich an ihrer Rehabilitation. Wie beim LKS sind auch im Stadtteil Widzew die Gründe für den Abstieg bis in die vierte respektive fünfte Spielklasse auf sportliche und finanzielle Misserfolge und daraus resultierende Lizenzentzüge zurückzuführen.

Dem Lodzki Klub Sportowy gelang auf die neue Saison hin der Sprung in die zweite Liga, während Rivale Widzew nach dem ersten Quartal eine Stufe tiefer an der Tabellenspitze steht. Das treue Publikum dankt es dem Verein trotz sportlicher Bedeutungslosigkeit seit Jahren mit vollen Rängen. Durch die unklare Kartenlage, dem Fankartenobligatorium und der Tatsache, dass mein Webauftritt in Polen Redaktionsstatus geniesst, griffen wir auf zwei Presseplätze zurück. Als ich mich kurz vor Anpfiff bereits bei Kumpane Heeb für die Vorschusslorbeeren entschuldigte, füllte sich die Schüssel abgesehen vom Gästeblock mit 16’658 Zuschauer plötzlich doch noch bis auf den letzten Platz.

Und dann begann sie, die knapp zweistündige Show, die mein Hobby und damit verbundene Strapazen immer wieder rechtfertigt. Auf drei Tribünen verfolgten die Fans stehend das Spiel und den typisch brachialen Support peitschten drei hochprofessionelle Trommler mit beeindruckender Synchronität an. Inmitten der Schalparaden und der sich ständig in Bewegung befindenden Heimmeute schafften es die wenigen Gästefans kaum sich Gehör zu verschaffen. Auf dem Platz spielten die Rot-Weissen die Spieler aus der Stadt in der Nähe von Szczecin (Stettin) ebenfalls regelrecht an die Wand und zogen bis zur Pause auf vier Tore davon. Als Krönung dieser Machtdemonstration gilt es einen direkt verwandelten Eckball zu erwähnen. Zwar vermochte Blekitni im zweiten Durchgang durch zwei Treffer nach Standards Resultatkosmetik betreiben, der Heimsieg von Widzew schien jedoch nie gefährdet. Auch die Heimkurve hatte sich mittlerweile mit dem 4:2 Sieg abgefunden und zelebrierte nunmehr ihre Fanfreundschaften zu Elana Torun, Ruch Chorzow oder den Wisla Sharks. Besonders bei der Gruppierung aus Krakau frage ich mich, ob es sich bei der bekannten Zaunfahne, welche heute trotz zeitgleichem Heimspiel am Zaun der Gegengerade hing, um das Original oder ein Duplikat für die Freunde aus Lodz handelt.

Für uns stand nach Spielende ein Fussmarsch zum Bahnhof an, ehe der Zug in einer Stunde zurück nach Warschau ratterte. Mit im Gepäck die Absicht, sollte das Stadion von LKS ausgebaut werden, beim nächsten Stadtderby dabei zu sein.