Während der FC St. Gallen in der zweiten Runde des Schweizer Pokals, der hierzulande übrigens einfach nur als Cup bezeichnet wird, mit einem unterklassigen Club aus der Hauptstadt ein eher ein unattraktives Los gezogen hatte, sollte es im Süden des Landes zu einem Duell kommen, das den Fussballkenner mit der Zunge schnalzen lässt. Lange Rede kurzer Sinn; Die AC Bellinzona traf nach der Insolvenz im Jahre 2013 erstmals wieder auf ihren Erzrivalen aus Lugano. Als momentaner Tabellenführer in der fünften Schweizer Spielklasse ist man im Tessin natürlich heiss auf dieses Aufeinandertreffen und dies sollte natürlich auch mehr Fussballbegeisterte als normalerweise hinter dem Ofen hervorlocken. Zudem stieg Lugano in der laufenden Jahren nach etlichen verpassten Chancen in die höchste Schweizer Spielklasse auf und kann so neuerlich ebenfalls etwas mehr Anhänger um sich scharen.

Alles in allem also eine Kombination die mich dazu bewegte, der Leventina einen Besuch abzustatten. Mit dabei war Namensvetter Schenk und während man anfangs nur mit dem einen Spiel gerechnet hatte wurde dem ganzen Unterfangen durch das abendliche Eishockeyderby und eine auf Sonntag verschobene Partie des FC Locarno noch einen schönen Rahmen verleiht. Am Vorabend den eingangs gewählten Zug nochmals dem Mitfahrer bestätigt, sodass es am darauffolgenden Morgen dann endlich losgehen konnte. Dumm nur, wenn man vor lauter Hektik an jenem kalten Samstagmorgen selbst derjenige ist, der in den falschen Zug steigt. Und so gesellte man sich halt erst ab Arth-Goldau zum Kollegen in den ICE, der bereits mehr als voll war. Der Zug natürlich… 😉

Irgendwann auf der Fahrt kam der Kontrolleur vorbei und aufgrund der Tatsache, dass man für den bezahlten Preis hier drei Stunden neben einer stinkenden Kloake im Gang sitzen durfte, entwickelte sich eine kleine Debatte zwischen mir und dem Zugverantwortlichen, der allerdings nichts von meinen wirklich konstruktiven Verbesserungsvorschlägen wissen wollte. Im Gegenteil, die einzige Macht die dieser Wicht besass, wusste er dann auch noch geschickt auszuspielen und beförderte den schweigenden Kollegen ohne Preisaufschlag in die erste Klasse. Sonderlich geschmerzt hat mir diese Aktion nicht, trotzdem hätte ich vom Kumpanen Schenk als Dankeschön zumindest ein Bier erwartet als man gegen die Mittagszeit endlich in Bellinzona eintraf und sogleich gut speiste, während einem die spätsommerliche Sonne den Rücken wärmte.

Mit vollem Magen ging es über zur Stadtbesichtigung, oder besser gesagt zur Burgbesichtigung, denn neben den drei eindrucksvollen Verteidigungsanlagen aus dem 13. Jahrhundert ist Bellinzona für keine weitere Attraktion bekannt. Mir persönlich gefällt der Markt in den engen Gassen noch ganz gut, der einem zeigt, dass es bis zur italienischen Grenze nur noch ein paar Kilometer sind. Mittlerweile zogen erste Wolken am Tessiner Himmel auf.

Nach dem Besuch der drei Castelli, (mein italienisch ist zwar recht eingerostet, das eine oder andere Wort ist dennoch hängengeblieben wie das Wochenende offenbaren sollte) lief man zur vorab gebuchten Unterkunft, die sich als Herberge tarnt und vor allem wegen dem ansonsten auffallend hohen Preisen den Zuschlag bekam. War ja auch nur für eine Nacht. Dort konnten die mitgeführten Utensilien abgelegt werden, ehe es gemächlichen Schrittes in Richtung Stadio Comunale ging. Karten gab es vor Ort zu freier Platzwahl, wobei der Ordner demonstrativ vor meiner Visage das Tor zur Hintertorseite schloss. Dies sorgte nicht nur bei uns für allerlei Missgunst und da der Herr bei drohender Schimpftirade schnell das Weite suchte, galt es das Ganze einem anderen Ordner zu schildern, der zur Freude aller Anwesender die Tore wieder öffnete. Schlussendlich war mir der einfache Weg dann doch lieber, als es den Kids gleichzutun die waghalsig via Toilettenhäuschen den Zaun umgingen. Zu Beginn des Spiels gab es auf der Heimseite eine Zettelchoreo in den Vereinsfarben sowie eine Zaunfahne auf derer die Skyline von Bellinzona, oder soll ich sagen die „Castleline“ zu sehen war. Beim Gästeanhang keine Choreografie zu sehen, stattdessen übten sich hiesige Tifosi im zahlreichen Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände.

Aufgrund des herrschenden Klassenunterschiedes entwickelte sich die Partie schnell in die befürchtete Richtung und Lugano war zum Pausenpfiff bereits mit zwei Treffern in Front. Die Sache damit also bereits gelaufen, dachte ich sowie auch der Gästeanhang, der im starken Regen blank zog und sich gut selbst feierte. Dabei hatte die Mehrheit der 3’500 Zuschauer die Rechnung aber ohne einen kämpfenden David gemacht, der sich wie in der Bibel nochmals herankämpfte und nach einem späten Anschlusstor in der Nachspielzeit tatsächlich noch den Ausgleich erzielte. In der Verlängerung sollte ihnen das Glück aber nicht mehr hold sein und man schied nach einem ärgerliche Tor in der 121. Minute und dem Gesamtscore von 2:3 aus dem Wettbewerb aus.

Die Verlängerung erlebten wir aber schon nicht mehr, da wir uns bereits auf dem Weg ans nächste Derby in Ambri befanden. Ein sehr starkes Derby mit gut aufgelegten Heimfans und ebenfalls mit Lugano als Gastequipe mochte aber angemessen über die verpasste halbe Stunde Extrafussball hinwegtrösten.