Für einen symbolischen Euro kaufte die Stadt Aachen 2015 das Tivoli der Alemannia ab – ein für 50 Millionen Euro erbautes Stadion für dreissigtausend Zuschauer, in unmittelbarer Nähe zum alten Tivoli. Schon bei seiner Eröffnung wenige Jahre zuvor stand der Neubau unter keinem guten Stern: Rund um das löbliche Vorgehen, den traditionellen Namen zu bewahren, legte der Verein eine «Tivoli-Anleihe» auf, die sich an Vereinsanhänger richtete. Insgesamt kamen so über vier Millionen Euro zusammen – verzinst über fünf Jahre und im August 2013 vollständig rückzahlbar. Doch da die Alemannia Ende 2012 Insolvenz anmeldete, wurde die Inhaberschuldverschreibung für alle Anleger praktisch zum Totalverlust.
So umgibt den Ort, wo einst die Villa Tivoli lag heute nur noch ein Hauch des einstigen Glanzes, und auch von der Schönheit der namensgebenden Villa Adriana in der italienischen Stadt Tivoli ist man im Norden von Aachen weit entfernt. Sehenswerter ist in der westlichsten deutschen Grossstadt mit 260’000 Einwohnern an der Grenze zu Holland und Belgien die Altstadt. Als Grablege von Karl dem Grossen verfügt die Kaiserstadt über ein pompöses Rathaus sowie ein UNESCO-Weltkulturerbe in Form des Doms.
Dieser ist dann auch gemeinsam mit dem lateinischen Stadtnamen Aquisgrana Teil der sehr schön und detailliert gemalten Choreo beim Einlauf der beiden Teams – ein würdiger Rahmen für das 15-jährige Jubiläum der Aachener Karlsbande. Diese pflegt Freundschaften zu den E1 Ultras von Hammarby, trägt die grosse Freundschaft nach Kerkrade mit und unterhält auch Kontakte nach Mannheim. Komplizierter ist die Situation im eigenen Lager, wo interne Differenzen bereits zur Auflösung der Aachen Ultras (2013) und vor kurzem auch zu jener der Yellow Connection geführt haben. Die Gruppe hatte etwa das Fanprojekt boykottiert und ist – abgesehen von wenigen Vertretern, die zur sportlichen Fraktion abgewandert sind – nicht mehr im Stadion anzutreffen.
Der Werner-Fuchs-Tribüne sind der personelle Aderlass sowie die erst zweite Saison in der 3. Liga mit dem damit gestiegenen Zuschauerinteresse deutlich anzumerken. Nur selten vermag der Kern an diesem Nachmittag trotz vergleichsweise einfachem Liedgut das grosse Potenzial zu entfalten, und auch das Zaunfahnenbild wirkt heterogen. Hinzu kommt von offizieller Seite der deutsche Ordnungsdrang, der sich in Form stets freigehaltener Treppen im Stehplatzbereich äussert.
Auch auf der Gegenseite, im Fanlager von 1860 München, ist seit der Auflösung der Münchner Löwen keine klare Führungsgruppe mehr erkennbar. Zum unkoordinierten Eindruck gesellen sich die roten Schals der Kaosbrigade, einer Gruppe aus dem Umfeld der Nürnberger Banda di Amici.
Zum Jubiläum wird die bemühte Karlsbande gegenüber ausgerechnet mit einem bitteren Spielverlauf beschenkt, bei dem ihr Team mit einem Mann weniger auf bescheidenem Niveau lange um ein Remis kämpft. Beim 0:2 vor 24’920 Zuschauern kassieren die «Öcher» die entscheidenden Gegentore schliesslich erst in der Nachspielzeit.





















