Mit der Heimstärke legte Atalanta Bergamo den Grundstein für die beste Platzierung in der bisherigen Klubgeschichte. Der vierte Rang in der abgelaufenen Spielzeit der Serie A und die damit verbundene Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League liess in der Lombardei eine regelrechte Euphorie aufkommen. Diese erreichte mit mir als Sympathisant der Bergamaschi gar die Alpennordseite.
Damit war klar, dass ich bei Möglichkeit ein Spiel der Blau-Schwarzen besuchen werden. Dass ich mit dem Austragungsort der Heimspiele in Reggio Emilia auch meine Groundhopping-Lust stillen kann, bedeutete einen erfreulichen Kollateralschaden, hervorgerufen durch die nicht erfüllten UEFA-Kriterien im Hinblick auf das Stadion in Bergamo. Zwar bedeutete das Exil knappe zwei Stunden mehr Fahrzeit, doch wer den Vorlesungen einen Korb gibt, hat den ganzen Tag Zeit und kann so entspannt entlang der Poebene bis nach Reggio Emilia fahren. Möglich machte das Ganze erst Kumpel Heeb, der zeitgleich mit seinen Kölner Bekannten beim Gastspiel in Belgrad weilte und mir währenddessen seinen fahrbaren Untersatz bereitstellte. Danke!
Auf dem Beifahrersitz nahm Cédric Platz und lotste mich in gut fünf Stunden Fahrzeit vorbei an Mailand und Parma sicher bis zum gewünschten Zielort. Dort blieb uns ausreichend Zeit für eine Stadtbesichtung sowie die Nahrungsaufnahme, ehe wir in Richtung Stadion aufbrachen. Dieses liegt nördlich des Zentrums und bietet gleich mehreren Vereinen ein Zuhause. Bekanntester Mieter ist sicherlich Erstligist Sassuolo, doch auch die drittklassige AC Reggiana trägt hier ihre Heimspiele aus. Die Tickets für das Aufeinandertreffen gegen den französischen Topclub aus Lyon gab es ausschliesslich für Besitzer der Fankarte, sodass ich mich nun ebenfalls „stolzer“ Besitzer einer solchen Tessera del Tifoso nennen darf. Den Erwerb der Einlassberechtigung, die auf die Karte „geladen“ wird, stellte sich da schon deutlich nervenaufreibender heraus. Im wortwörtlich 20. Versuch gelang das Unterfangen und so gehörten wir an diesem frischen Donnerstagabend mit unseren zwei Plätzen auf der Gegentribüne zu den rund 14’500 Zuschauern.
Sportlich gesehen war die Spannung (erfreulicherweise) bereits weg. Wie Lyon hatte sich auch Atalanta mit starken Leistungen gegen Everton und Apollon Limassol bereits vor diesem finalen Gruppenspiel für die KO-Phase qualifiziert. Trotz der Ausgangslage zeigte die Mannschaft eine deutlich animiertere Leistung als noch am Wochenende in Turin. Getragen von diversen hochklassigen Einzelspielern funktioniert beim Heimteam eben auch das Kollektiv, was sich im verdienten 1:0-Sieg gegen ein schwaches Lyon widerspiegelte. Damit wahren die Norditaliener ihre Ungeschlagenheit und treffen mit 14 Punkten in der KO-Phase nun auf Borussia Dortmund. Sicherlich ein schwieriges Los, wobei ich den Bergamaschi durchaus Chancen anrechne.
Auf den Rängen zeigte die Curva Nord zum Einlauf ein Intro mit speziell angefertigten Fahnen, wobei etwas Pyrotechnik die Aktion untermalte. Insgesamt, vor allem unter Berücksichtigung der Umstände, eine gute Show, welche die Atalanta-Tifosi ablieferten. Dafür enttäuschte die Gegenseite, wo bestehend aus einer Hundertschaft aus Lyon, die neben einer Leuchtfackel nicht weiter auffiel. Mit dem Schlusspfiff war das Zeichen für die nächtliche Heimfahrt gegeben. Das Steuer übernahm Cédric und während ich auf dem Beifahrersitz etwas Schlaf nachholte, steuerte er mich sicher zurück in die Schweiz und damit direkt in die Vorlesung.