SR Delémont - FC Locarno

Nach dem Besuch bei Sport Lausanne Benfica hatte man noch kurz Zeit um nach Hause zu gehen, etwas zu essen und dann machte man sich auch schon wieder auf den Weg an die fünfte und letzte Partie an diesem Wochenende. Das angepeilte Ziel für den Nachmittag liegt im Jura und heisst Delémont, wo der heimische Club von akuten Abstiegssorgen geplagt heute das andere Sorgenkind der dritten Liga aus dem Tessin begrüsst. Ein Sieg, alles andere zählt heute für beide Mannschaften nicht, so prekär wie sich die Lage im Moment präsentiert. Drei Punkte, die man auf beiden Seiten wie gesagt bitter nötig hätte, denn beim Heimteam gab es in den letzten zehn Partien acht Niederlagen, die Gäste konnten von den letzten sieben Partien gerade mal eine für sich entscheiden. Die beiden Mannschaften, die sich vor einigen Jahren noch im Profifussball gegenüberstanden, stehen heute kurz vor dem Fall in die Bedeutungslosigkeit der vierten Liga. Ein Klassenerhalt ist für beide eigentlich nur noch durch ein kleines Wunder zu realisieren.

Doch von all dem Druck spürt man erstmals gar nichts, als man kurz vor Anpfiff ins Städtchen einfährt und aus dem Zug steigt. Sonnenschein, blauer Himmel. Leute, die den warmen Sonntag mit einem Bier in einem Bistro geniessen. Doch wenige Fussminuten davon entfernt präsentiert sich die Lage etwas weniger entspannt. Auf der „Blancherie“ sind letzte Aufwärmübungen im Gange, ehe die beiden Mannschaften in die Kabinen entschwinden. Das Ganze kann man übrigens von der Autostrassenbrücke hinter dem Gästetor beobachten, wo man beste Sicht über das ganze Spielfeld und das Stadion hat.

Da man das Geld aber nicht so nötig hat wie die Sportvereinigung Delémont die drei Punkte und man die „kleineren“ Vereine mit dem Besuch ja immer auch noch finanztechnisch ein wenig unterstützen will ging es nach dem Foto schnell weiter in Richtung Tageskasse, wo ein Ticket seinen Besitzer wechselte. Die Stimmung vor Ort dann überaus sympathisch, der SR-Delémont-Fan, der seine Hassliebe jeweils überall hin begleitet und dort auch sprachlich nicht mit harschen Ausdrücken geizt war wie erwartet auch vor Ort und man gönnte sich in diesem netten Umfeld erstmals ein kühles Bier und eine überaus gute Wurst, die einem sogar zu einem Lob an den Grillmeister veranlasste.

Danach setzte man sich auf die gegenüberliegende, mit grünen Sitzschalen versehene, Tribüne und widmete sich dem Treiben auf dem Platz. Dieses war dann nicht sonderlich hochstehend, aber dies war ja auch kaum anders zu erwarten. Oder um es in neutraler Kommentatorensprache auszudrücken „bemüht, aber wenig berauschend“. So war es auch nicht sonderlich überraschend, dass der Treffer zum 0:1 in der 30. Minute nach einem Standard fiel. Ein Stürmer von Locarno behielt im Gewühl die Übersicht und drosch den Ball vor 525 Zuschauer in die Maschen. Die Zeichen stehen somit für Delémont definitiv auf Abstieg, wenn die Gastgeber in der zweiten Halbzeit nicht noch den Turbo zünden.

Dieser war es dann nicht ganz, doch im Not-gegen-Elend-Duell nahmen die Hausherren zumindest in Abschnitt zwei das Zepter in die Hand und kamen kurz vor Schluss noch zum 1:1 Ausgleich. Dabei blieb es.

Ein Resultat, welches beiden Mannschaften im „Überlebenskampf“ nicht gross weiterhilft, irgendwie aber typisch für die momentane Situation ist. Schade, dass man mit diesen beiden Teams wohl bald schon zwei weitere Traditionalisten aus einer nationalen Liga verlieren wird.


Sport Lausanne Benfica - FC Bottens

Wie startet man einen Sonntag am besten, nachdem man am Samstag bereits drei Spiele gesehen hat? Genau, mit noch mehr Fussball! Ursprünglich war ein morgendlicher Besuch beim FC Lerchenfeld im Berner Oberland geplant, doch der frühe Vogel kann mich mal und so schaute man beim Internetauftritt des Verbandes am Sonntagmorgen nochmal kurz nach, ob denn auch in der näheren Umgebung auf einem einigermassen anständigem Niveau der Kugel hinterhergerannt wird.

Und tatsächlich wurde man nach kurzer Suche fündig. In der zweiten Liga regional sollte um zehn Uhr der Club der Portugiesen den FC Bottens auf dem „Centre Sportif de Chavannes“ empfangen. Da diese Anlage jedoch über mehr als zehn Spielfelder verfügt und davon lediglich eines mit einer Tribüne versehen ist, musste noch abgeklärt werden, ob denn auf dem Hauptplatz gespielt wird, schliesslich will man ja nicht umsonst anreisen. Da aber diverse andere Mannschaften zur gleichen Zeit auch auf dem gleichen Areal tätig sein würden, hoffte ich einfach darauf, dass irgendein Spiel auf dem Hauptplatz ausgetragen wird. Uns so war es dann auch, sogar auch das gewünschte Spiel, wie mir der Kassierer nach meiner kurzen Anreise und dem Bezahlen des Eintrittsgeldes versicherte. Man darf ja auch mal Glück haben. 😉

Danach sofort auf die kleine Stahlrohrtribüne am Seitenrand gesetzt und bei wärmendem Sonnenschein ging es auch schon los. Der Austragungsort ist übrigens das Zuhause von mehreren Vereinen und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der metallische Ausbau, welcher inmitten von einigen Birken steht, mit den Schriftzügen des „Rivalen“ Azzurri Lausanne geziert ist. Die Hausherren, dessen Trikot sich kaum von demjenigen der „richtigen“ Benfica unterscheidet gab ebenfalls, wie ihr grosser Bruder jeweils, von Beginn an den Tarif durch. Eine erste gute Gelegenheit konnten sie sich nach etwas mehr als einer Viertelstunde herausspielen, ehe ein Angriff kurz darauf dann den verdienten Führungstreffer unter den Augen von 60 Zuschauern mit sich brachte.

Kurz darauf dann eine Schrecksekunde. Ein Spieler der Gäste verletzte sich schwer, und bewegte sich eine Zeit lang nicht mehr und sofort wurde klar, dass es sich hierbei um etwas Heftigeres handeln sollte. Find es ja wirklich unschön, wenn sich irgendjemand so schwer verletzt aber verstehe nun wirklich nicht, wieso man diesen nicht neben dem Platz behandeln kann, anstatt eine halbstündige Pause einzulegen. Einfach fern von neugierigen Blicken. Hilft ja nun wirklich nicht, wenn der Rest der Akteure mit den Händen in die Hüfte gestützt dumm rumsteht und die älteren Semester unter den Zuschauern aus der Ferne erste Diagnosen wagen. Nach einer halben Ewigkeit kam dann endlich die Ambulanz und der arme Kerl wurde abtransportiert. So einen Sonntag wünscht man wirklich niemanden!

Sport Benfica Lausanne gewann das Spiel schlussendlich noch mit 4:1 Toren, doch dies wird am Tag exakt ein Jahr nach dem Besuch des Prager Derbys wohl keinen der Anwesenden gross interessieren.


FC Vevey Sports 05 - FC Collex-Bossy

Pünktlich erreichte ich mit Vevey die Wahlheimat von Stumm-Film-Legende Charlie Chaplin, dem etliche Graffitis in der Stadt am Genfersee gewidmet sind. Das hiesige Stade de Copet stand schon lange auf meiner Wunschliste. Vor Ort musste ich feststellen, dass die schöne Gegentribüne leider dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Das Stadion ist vom Bahnhof aus zu Fuss erreichbar und kommt für die fünfte Spielklasse überdurchschnittlich daher. Nebst einer stattlichen Tribüne mit grünen und gelben Sitzschalen gibt es auch ein modernes Clubheim sowie elektronische Werbebanden und einen Werbescreen. Da werden meine acht Franken Eintritt aber gut investiert. Stadiontechnisch stehen die Zeichen auf Aufstieg, da die Anlage einiges an Potenzial vorweist und problemlos auch für die dritte Liga taugt. Interessant, da der Rest der Stadt – für diese Region – ungewohnt heruntergekommen wirkt.

Die Partie vor 150 Zuschauern war erstaunlich hochstehend. Nur die Tore fehlten, obwohl beide Mannschaften zu guten Chancen kamen. Als ich mich kurz vor Schluss bereits mit der erster Nullnummer seit mehr als dreissig Spielen abgefunden hatte, bekamen die Gäste in der Nachspielzeit nochmals einen Eckball zugesprochen. Gästespieler Fabrice Sanches verwandelte diesen prompt direkt zum 0:1-Auswärtssieg. Pech für das ambitionierte Heimteam, Glück für meine Serie und die Gäste.


SC Bümpliz II - FC Schönbühl II

Dass ich heute überhaupt hier zu Gast sein darf, ist alleine dem Cuphalbfinal vom letzten Mittwoch zu verdanken. Während der Fahrt nach St. Gallen sah ich aus dem Zugfenster nämlich eine Tribüne. Die Recherche im Anschluss liess mich auf den SC Bümpliz und seinen Sportplatz Bodenweid stossen. Bereits an diesem Samstagnachmittag bot sich nun ein Besuch in der Berner Vorstadt an.

Bümpliz ist den meisten Schweizern weniger wegen des Fussballclubs, sondern wegen dem Lied „W. Nuss vo Bümpliz“ von Patent Ochsner ein Begriff sein. Bockstössigi Himbeerbuebe, ich mag das Schweizer Lied mit seinem speziellen Text, den ihr hier findet. Für die deutschen Leser folgt hier die hochdeutsche Variante. Um das Lied ranken sich die Gerüchte, eines davon besagt, dass es Büne Huber, Frontmann der Gruppe, für seine Jugendliebe geschrieben hat. Was auch immer der Grund dafür war, sicher ist es ein Stück Mundart-Musikgeschichte.

Zurück zum zweiten Zweitmannschaftenduell an diesem Samstag. Darin traf der SC Bümpliz auf den FC Schönbühl, bei dem der FCSG vor ein paar Jahren im Cup-Wettbewerb zu Gast war. Da war das heutige Duell deutlich ausgeglichener und es waren die Gastgener, die mit einem Weitschuss das Score eröffneten. Beim Gastgeber überzeugten vor allem der Captain sowie der Goalie, zumindest bis ihm kurz vor der Pause ein grobes Missgeschick unterlief. Er liess einen Freistoss aus grosser Distanz durch die Arme rutschen und so stand es Unentschieden zur Pause. Auch nach 90 Minuten blieb es bei bei der Punkteteilung, die 30 Zuschauer kamen aber noch in den Genuss zweier weiterer Treffer, was zum 2:2 führt.

Der Sportplatz Bodenweid verfügt über zwei Kunstrasenplätze sowie einer schönen Holztribüne auf der Grundlinie. Grund für diesen speziellen Platz ist die Aufwertung der Anlage vor einigen Jahren. Damals hatten sich die Verantwortlichen anstelle des Naturrasens für zwei künstliche Unterlagen entschieden, was das Spielfeld um 45 Grad drehen liess.


FC Wyler Bern II - SC Ersigen II

„Back to the Roots“ als Motto an diesem Wochenende, das ich mit regionalem Fussball verbringen sollte. Mit etwas Planungsgeschick liessen bereits am Samstag drei Spiele kombinieren. Den Anfang machte der FC Wyler in der Hauptstadt Bern. Hier standen sich die Zweitvertretungen aus Wyler und Ersigen gegenüber und pünktlich zum Anpfiff in der tiefsten Schweizer Spielklasse war auch ich vor Ort.

Statt einem versifften Ground erwartete mich aber eine moderne Spielstätte mit Clubhaus sowie Kunstrasen. Das Treiben darauf lässt sich von einer kleinen Tribüne mit drei Sitzreihen mitverfolgen. Trotzdem wird der Charme hier gewahrt, was mich nebst einem Bier noch zu einer Spende in die Clubkasse veranlasste.

Morgenfussball und 5. Liga – eine Mischung, die mir zusagt. Vor Ort waren nur 10 Zuschauer, wovon vielen aussahen, als hätten sie schon länger kein Auge mehr zugemacht. Ihnen offenbarte sich ein spannendes Duell, in dem das Trikot des Heimteams an jenes des FC Barcelona in der Saison 2008/09 erinnerte. Das war aber auch die einzige Ähnlichkeit mit dem glorreichen Fussballclub von der Iberischen Halbinsel. Dies wird spätestens deutlich, wenn der Goalie einen ungefährlichen Eckball beinahe ins eigene Tor faustet. Nichts für schwache Nerven, auch für den Trainer, der sich als Linienrichter üben durfte. Immerhin sah er nach einer knappen halben Stunde einen Freistoss, der ihn an den professionellen Fussball erinnerte und prompt den Weg ins Tor fand.

Die Gäste stellten heute das deutlich schwächere Team, was auch dadurch auffiel, dass ihr Trainer sie nach jeder missglückten Aktion lobte und motivierend auf sie einredete. Ein Tor sollte ihnen dann tatsächlich noch gelingen, doch unterdessen hatte der FC Wyler bereits zweimal nachgelegt, sodass es zum Schluss 3:1 für die Gastgeber hiess.


AS Roma - Chelsea FC

Vielen werden sich gewundert haben, warum sich denn die beiden oben genannten Mannschaften am diesem sonnigen Freitagabend gegenüberstanden, zumal sie doch in zwei völlig verschiedenen Ländern jeweils der schönsten Nebensache der Welt nachgehen. Der Anlass dafür war das Halbfinale der Youth League, quasi die Champions League der jungen Erwachsenen. Über den Sinn einer solchen europäischen Jugend-Liga kann man definitiv streiten. Und dass das Ganze weniger als eine Stunde von mir entfernt über die Bühne ging und nicht wie vielleicht erwartet an der Stamford Bridge oder im Stadio Olimpico ist ebenfalls recht einfach zu erklären. Seit der ersten Durchführung dieser Liga für die Stars von Morgen vor ein paar Jahren wurden die Halb- und Finalspiele jeweils in Nyon durchgeführt, welches bekanntlich nicht nur wunderschön am Genfersee liegt sondern auch Hauptsitz der UEFA, in diesem Falle der Veranstalter, ist. Glück für mich also.

Eigentlich hätte ich gerne die Finalpartie gesehen, die netten Herren des Verbandes setzten die Partie aber mitten in den Montagnachmittag und da man natürlich ein verantwortungsvoller Mitarbeiter ist, erübrigte sich ein Besuch an diesem Finale. Stattdessen sollte es am Freitag direkt nach der Arbeit in Richtung Nyon und damit auch in Richtung Wochenende gehen, wo sich im zweiten Halbfinale die Blues und die Giallorossi gegenüberstanden.

Tickets konnte man übrigens nur gewinnen oder vor Ort kaufen und abholen, allerdings nur an ausgewählten Tagen und nur am Hauptsitz selbst. Am Spieltag selbst wurden keine Karten mehr verkauft. Ziemlich komisch das Ganze. Trotzdem waren alle drei Partien mit jeweils 3’000 Zuschauern gut besucht.

Für mich ging es nach der Leibesvisitation an den Verpflegungsstand und anschliessend auf die ansteigende Wiese, welche hier vor Ort die natürliche Gegentribüne bildet. Auf der Tribüne waren nur Offizielle und sonstige Wichtigtuer zugelassen. Natürlich waren auch viele Scouts zugegen, welche das Treiben auf dem Platz eifrig analysierten.

Hab aber keinen gefunden, der mir einen kurzen Matchbericht verfassen wollte und so muss man dies wieder einmal selber machen. Also: Chelsea war insgesamt eindeutig die spielstärkere Equipe während bei den Italienern lediglich Einzelspieler herausragten, welche aber nach den Gegentoren jeweils mehr und mehr von den restlichen Mitspielern genervt waren. So gar nicht „Profi-Like“, mit Hände verwerfen und allem. Sollten mal nach St. Gallen kommen, da verwirft auch keiner der Akteure bei einem Fehlpass die Hände. Vielleicht auch einfach weil sie alle in etwa gleich wenig drauf haben…

Das Niveau war zeitweise wirklich gut, wobei mir bei Chelsea vor allem Charlie Colkett, Dominic Solanke und Isaiah Brown positiv aufgefallen sind. Bei den Italiernen waren Francesco di Mariano und Manuele Pellegrini überdurchschnittlich stark. In ein paar Jahren dann mal schauen, was denn meine Scoutfähigkeiten so taugen. Einige der oben genannten Akteure steuerten dann auch das eine oder andere Tor zum verdienten 0:4 Sieg für die englischen Hauptstädter herbei. Im Finale vom Montag trafen sie dann übrigens auf Shakhtar Donetsk, welches im Halbfinale den RSC Anderlecht ausgeschaltet hatte. Erneut hatte Chelsea auf dem Rasen des Drittligisten Stade Nyonnais die Nase vorn und entschied das Endspiel mit 3:2 Toren für sich. Turniertopscorer wurde der Chelsea Stürmer Dominic Solanke mit starken 12 Treffern.

Für Lacher sorgte übrigens noch die Durchsage des Speakers, welcher darauf hinwies, dass ein Zuschauer seinen Hund im Auto gelassen hatte und jener bei diesem Wetter dringend frische Luft brauchte. Direkt auf diese Durchsage wurde das Lied Too Close eingespielt, welches mit den Worten „You know I’m not one to break promises, I don’t want to hurt you but I need to breathe. At the end of it all, you’re still my best friend“ beginnt.

Ich halte es jetzt einfach mal für einen lustigen Zufall und nicht für etwas makaberen Humor, den die Speaker hier an den Tag legten…


Olympique Marseille – Paris Saint-Germain (05.04.15)

„Das muss ich unbedingt hin“ sind meine Worte gewesen sein, als ich das neue Stadion von Olympique Marseille das erste Mal gesehen habe. Vor ziemlich genau vier Jahren begannen die Verantwortlichen in Südfrankreich mit der Renovierung der Spielstätte hinsichtlich der Europameisterschaft im eigenen Land. Bereits davor hatte mir das Stade Vélodrome mit seinen mächtigen Tribünen gefallen, mit der neuen Dachkonstruktion wirkt das Stadion aber noch einmal um ein Vielfaches pompöser. Die alte Haupttribüne musste einer grösseren Muscheltribüne weichen, während die drei anderen Tribünen ihre Form behielten.

Genug geschwärmt! Bis es mit einem Besuch soweit war, waren einige Hürden zu nehmen – angefangen mit der Suche für ein angemessenes Spiel. Als ich nach dem Jahreswechsel sah, dass am Osterwochenende Paris St. Germain in Südfrankreich zu Gast sein wird, hatte ich einen Entschluss gefasst, da ich dank den beiden Feiertagen auch den Sonntagabend ohne Urlaubstag abdecken konnte, an dem dieses Spiel wohl stattfinden würde.

Mit meinem Namensvetter hatte ich schnell einen Begleiter gefunden, der von der Idee begeistert war. Begeistert war auch ich, als ich kurz darauf einen Hin- und Rückflug für schlappe 79.- Franken buchte. Anbieter war die Airline Darwin, die unter dem Namen Etihad Regional diese Verbindung bedient. Nun konnte ich zum schwierigsten Teil übergehen, dem Beschaffen zweier Tickets, denn das Spiel entwickelte sich zum ultimativen Spitzenkampf. So erstellte ich im Voraus einen Account und abonnierte den Newsletter. Dennoch gab es, als ich in der virtuellen Warteschlange endlich an die Reihe kam, nur noch wenige Restkarten. Trotzdem reichte es für zwei Tickets auf der Haupttribüne.

Kaum war ich alle Sorgen los, sorgte Etihad Regional an einem regnerischen Wochentag für einen Paukenschlag. Der „Dear Customer“ musste leider darüber informiert werden, dass der Flug nach Marseille annulliert wurde. Wer einen Ersatzflug möcjhte, soll sich in den nächsten Tagen bei ihnen melden. Grund für die Annullierung war, dass Etihad Regional mit einer Vorschrift der Schweizerischen Luftfahrtbehörde (BAZL) in Berührung kam und sich die Strecke für sie grob gesagt nicht mehr rentierte. Grund genug für Darwin, kurzfristig dreissig Flüge zu streichen.  So blieb uns nichts anderes übrig, als um eine Alternativroute zu betteln, wobei bei mir der Service bescheiden ausfiel. Erst bekam ich auf meine Mails gar keine Antwort, ehe ich eine lächerliche Variante mit dem Zug vorgeschlagen bekam, schlussendlich wurde mir und dem Namensvetter aber doch noch ein Flugticket kostenneutral via Paris ausgestellt. Abflugtag war derselbe, durch den Abflug am Nachmittag und dem langen Aufenthalt in Paris verloren wir aber einen ganzen Ferientag.

Kurz vor Mitternacht setzte unsere Maschine schliesslich mit Verspätung am Flughafen Marseille Provencal auf und wir hatten Glück, mit Ach und Krach den letzten Bus des Tages zu erreichen. Nach etwas mehr als 20 Minuten Fahrt erreichten wir die Innenstadt, wo wir mit der Metro bis zum Hotel fuhren. Dort raubte mir der junge Mann an der Rezeption noch die letzten Nerven des Tages, als er penetrant behauptete, dass wir das Hotel noch nicht bezahlt hätten. Immerhin gelang es mir, die Sache am nächsten Morgen zu regeln und so ging es für uns nach einem langen Tag endlich in die Horizontale. Pünktlich am nächsten Morgen standen wir an der Rezeption, wo sich der Chef höchstpersönlich bei uns für den forschen Auftritt seines Mitarbeiters entschuldigte und uns versicherte, dass wir bereits alle Rechnungen beglichen hatten.

Für uns stand ein Ausflug nach Cassis an, einem malerischen Fischerstädtchen östlich von Marseille. Bei wunderschönem Wetter machten wir uns per Zug auf nach Cassis, wovon bei der Ankunft nichts zu sehen ist. Erst nach einer knappen halben Stunde zu Fuss erreicht der Tourist die ersten Häuser. Der Weg zur Küste führt durch Saatfelder und schöne Anwesen. Das Dorf selbst liegt malerisch zwischen Felsen eingebettet an der Côte d’Azur und wir entschieden uns für eine Erkundungstour, die mehrere Stunden beanspruchte. So verging der Tag in Windeseile und wir machten uns am Abend wieder auf nach Marseille, wo wir den Abend mit algerischen Spezialitäten im Quartierrestaurant verbrachten.

Und dann kam er auch schon, der Spieltag. Ursprünglich hatten wir noch mit einem Spiel in Nizza und Montpellier geliebäugelt, beliessen es aber bei diesem Kracher, um mehr Zeit für Kulturelles zu haben. Neben einem Stadtrundgang besuchten wir so auch das eine oder andere Museum, wobei eher moderne Kunst im Vordergrund stand.

Da wir mit einem Chaos in Stadionnähe rechneten, ging es schon knapp drei Stunden vor Anpfiff los. Die frühe Anreise war ein Segen, denn als wir vor dem Stadion ankamen, ging es drunter und drüber. Wir liefen nicht nur zufällig in einen Mob von Marseille-Fans hinein, die Steine auf die Polizei und den Mannschaftscar von PSG schmissen, sondern mussten auch wieder fluchtartig kehrt machen, um nicht von einem Geschoss oder Tränengas getroffen zu werden. Aus sicherer Entfernung beobachteten wir das Geschehen und bekamen nebst viel Pyrotechnik und Böller auch einige Exemplare vom freundlich gesinnten Sampdoria zu Gesicht. Der Hass gegen die Hauptstadt Paris ist hier allgegenwärtig.

Nach der Aufruhr ging es für uns ins Stadion, wo wir unsere Plätze im obersten Rang der Haupttribüne einnahmen. Einfach nur wow! Der Support begann bereits eine Stunde vor Anpfiff und die Zeit verging wie im Flug, ehe der Einlauf der Mannschaften für den nächsten Gänsehautmoment sorgte. Eine gigantische Choreo erstrahlte über alle vier Tribünen, wobei wir das Glück hatten, auf jener Tribüne zu sitzen, die „nur“ blaue Fähnchen geschwenkt hatte. Bereits vor Anpfiff waren damit unsere Erwartungen erfüllt, doch auch das Spiel enttäuschte uns nicht. Vom frenetischen Heimanhang angetrieben, erarbeiteten sich die Gastgeber immer wieder Chancen zur Führung. Bei Eckbällen für die Hauptstädter kippte die Stimmung jeweils in Hass um und Lavezzi tat einem richtig leid, als er an der Eckfahne von Gegenständen eingedeckt wurde und die Partie erst nach mahnenden Worten des Schiedsrichters weitergeführt werden konnte. Nach einer halben Stunde endete ein Angriff der Hausherren in totaler Ekstase bei den 65’148 Zuschauern. Topscorer André-Pierre Gignac traf zur Führung für Marseille.

Nur Minuten später kehrte im Vélodrome, das heute einen neuen Zuschauerrekord verzeichnete, Totenstille ein. Blaise Matuidi traf mit per Schlenzer wunderschön zum Ausgleich – im rundum vergitterten Gästesektor gab es daraufhin kein Halten mehr. Doch OM liess sich vom Gegentor nicht beeindrucken und erneut war es André-Pierre Gignac, der die Pariser mit seinem zweiten Tor kurz vor der Pause schockte. Die Stimmung war nun kaum in Worte zu fassen.

Im zweiten Durchschnitt zeigten die Hauptstädter dann, wieso sie als Favorit ins Meisterrennen gehen. Mit gutem Spiel gegen den Ball und einzelnen Nadelstichen, von denen der Brasilianer Marquinhos einen zum Ausgleich nutzte, meldeten sich die Gäste zurück. Und nur zwei Minuten nach dem Ausgleich bugsierte ein Marseille-Verteidiger den Ball unglücklich ins eigene Tor, nachdem er im Zweikampf von Zlatan Ibrahimovic bedrängt wurde. Marseille-Coach Bielsa reagierte und brachte Ocampos für den unglücklichen Thauvin, doch auch er konnte die knappe 2:3-Niederlage gegen den „Feind“ nicht mehr abwenden. Für einen letzten Aufreger sorgte Andrew Ayew, der in der Nachspielzeit die rote Karte Karton für überhartes Einsteigen gezeigt bekam. Schade, dass es in diesem Hexenkessel nicht zum Punktgewinn gereicht hat.

Nach einer ruhigen Nacht hiess es für uns am nächsten Tag wieder in die Heimat aufzubrechen. Im Gepäck Erinnerungen an ein geniales Stadion, schöne Strände in Cassis und an eine Stadt, in der man sich, wenn man keinen Marseille-Trainer trägt, gleich ein wenig unwohl fühlt.


Étoile Carouge FC - FC Köniz

Ich bin Spielen unter der Woche nicht abgeneigt und so ging es an diesem Donnerstag nach der Arbeit mit dem Zug nach Genf und von dort weiter mit dem Tram bis kurz vor die französische Grenze, wo das drittklassige Étoile Carouge unweit der Heimat von Servette Genf zum Heimspiel lädt.

Wer Étoile Carouge zusehen will, zahlt je nach Alter entweder fünf oder zehn Franken Eintritt und kann sich anschliessend auf die Tribüne oder auf die Betonstufen auf den anderen zwei Seiten setzen. Nur hinter einem Tor findet sich kein Ausbau. Das Stadion verfügt weiter über einen Gästeblock, ein Überbleibsel aus der Saison 2011/12, wo die Genfer in der zweiten Liga gespielt haben und dabei unter anderem auf den FC St. Gallen trafen.

Für beide Mannschaften geht es heute um nicht mehr viel, da mit der SR Delémont und dem FC Locarno die Absteiger wohl bereits gefunden sind und mit Neuchâtel Xamax auch der verdienter Aufsteiger feststeht. Für die Abstiegsprognosen will ich zwar keine Verantwortung übernehmen, aber im Moment sieht es für die zwei Teams, die noch vor wenigen Jahren in der zweiten Liga gespielt haben, echt düster aus.

Zurück nach Carouge, wo sich die beiden Teams ein Duell auf Augenhöhe liefern mit dem logischen Resultat: ein 2:2-Unentschieden. Aufgrund des Termins unter der Woche ist das Interesse bescheiden und nur 150 Zuschauer sind im Stade de la Fontenette zugegen. Eigentlich darf diese Ausrede nicht gelten, da mit dem Karfreitag das verlängerte Osterwochenende ansteht, wobei wir bereits beim nächsten Beitrag sind…


FC Augsburg II – FC Nürnberg II (28.03.15)

Mit einem Wochenende in München mit Freunden und einem Besuch im Augsburger Rosenaustadion überbrückte ich die Länderspielpause. Der fussballerische Teil der Reise beginnt am Samstagmittag am Bahnhof von München, von wo aus es eine halbe Stunde dauert, ehe der Fahrgast Augsburg erreicht. Übrigens: Die im letzten Beitrag gestartete Serie zweideutiger Ortsnamen reisst nicht ab, wie ihr hier sehen könnt.

In Augsburg angekommen, fragt ich aus Neugier eine Frau hinter dem Steuer eines Taxis, was sie für die Fahrt zu Rosenaustadion wolle. 16 Euro sind zehn zuviel und so machte ich mich zu Fuss auf zur alten Heimat des FCA.

Hier wird dem Fussballfan zum Preis von fünf Euro Einlass gewährt. Obacht, wer plant seinen Velohelm mit ins Stadion zu nehmen! In den Augen des Augsburger Sicherheitsdienst stellt dieser ein zu grosses Sicherheitsrisiko dar und so musste der alte Mann vor mir seinen Helm doch tatsächlich kostenpflichtig aufgeben. Ich bin mir sicher, dass er das Ding ansonsten wutentbrannt über die breite Laufbahn auf einen der Spieler geschmissen hätte.

Spass beiseite, denn die Partie der Regionalliga Bayern beginnt mit einer Schweigeminute zu Ehren der Opfer des Flugzeugabsturzes von Germanwings. Danach war gemütliches Zurücklehnen bei frühlingshaften Temperaturen angesagt. Die erste Chance hatten die Gäste aus Nürnberg nach einer knappen Viertelstunde, deren Stürmer fand im FCA-Goalie aber seinen Meister. In der Folge war der Gastgeber das spielbestimmende Team, was die momentane Tabellensituation widerspiegelt. Trotzdem wünsche ich mir, dass landesweit keine Zweitmannschaften in den Profifussball aufsteigen, da dies aufgrund der fehlenden Attraktivität nicht nur den Traditionalisten Einnahmen nimmt, sondern weil ein Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen einfach auch spannender ist, als dieses Spiel, das – auch in der Länderspielpause – nur gerade 360 Zuschauer anlockt.

Die wenigen Anwesenden durften sich in der 51. Minute ab dem wunderschönen Treffer von Johannes Müller ergötzen, der seine Rot-Grün-Weissen verdient mit 1:0 in Führung brachte. In der Folge änderte sich am Spielstand trotz Bemühungen auf beiden Seiten nichts mehr und der FCA kam in der alten Heimat zu einem verdienten Sieg. Highlight ist aber das Stadion mit seiner geschwungene Haupttribüne und den riesigen Steh- und Sitztraversen rundherum. Dass die Anzeigetafel von Hand bedient wird, rundet die Heimstätte der ersten Mannschaft bis vor sechs Jahren passend ab.


FC Oberwallis Naters - FC Stade Lausanne-Ouchy

Die Nachholspiele im Schweizer Amateurfussball haben sich bei mir zum Fixpunkt gemausert. So bevorzuge ich denn auch am vierten Mittwoch in Folge den Spielfeldrand der heimische Couch. Ein Spiel zwischen dem FC Naters und meinem Quartierverein Stade Lausanne-Ouchy lockte mich ins Oberwallis.

Und auch wenn heute nicht der Slogan „Support your local Team“ meinen Spielbesuch begründet, empfehle ich euch, statt eine Spieltagskonferenz auf einem Pay-TV-Sender am Samstag doch einmal bei eurem Quartierverein vorbeizuschauen. Zwar gibt es dort keine Alaba-Freistösse oder Bale-Temporushs, viel eher aber trifft man auf den Lehrer von früher oder erspäht auf dem Spielfeld den Nachbarsjungen, der noch vor einigen Jahren bei den C-Junioren gespielt hat.

Um ein Haar verpasste ich den Zug ins Oberwallis, doch die Freude, dass es doch noch gereicht hat, trübte mein Regenschirm, der – bei starken Regenfällen – noch immer an der heimischen Garderobe hängen musste. Zwei Stunden später erreichte ich den Bahnhof in Brig. Von dort brachte mich der Bus bis zur Sportanlage Stapfen. Zielort des Busses ist übrigens ein kleiner Weiler namens „Bitsch“. Die Gemeinde hat tatsächlich Probleme mit Dieben, die in der Nacht jeweils das Ortsschild abschrauben.

Spätestens, wenn dich im Bus jeder begrüsst, merkst du, dass du auf dem Land bist. So rätselte ich auf der Fahrt im Bus über zwei Jungs, welche Sprache sie wohl sprechen. Es stellte sich dann heraus, dass es doch nur die „fünfte Landessprache“, also Walliserdeutsch in Extremform war. Von der geografischen Lage ist der kleine Ort auch interessant. So liegt Milano wesentlich näher als zum Beispiel Lausanne. Auch nur wenige Kilometer vom Spielort entfernt, schmelzt der Aletschgletscher vor sich hin.

So wie der Gletscher plätscherte in der Anfangsphase auch das Spiel vor sich hin. Nach einer Viertelstunde nahmen die Lausanner ein Geschenk der Gastgeber dankend an und trafen zum 0:1. Der Favorit und Aufstiegskandidat aus Lausanne gab sich auch in der Folge keine Blösse und spielte souverän, was über die Spieldauer zu drei weiteren drei Treffern führte. Ein verdienter 0:4-Auswärtssieg im Dauerregen vor 150 Zuschauern. Gut möglich, dass die Gäste in der nächsten Saison in der drittklassigen Promotion League spielen.