FC Oberwallis Naters - FC Stade Lausanne-Ouchy

Die Nachholspiele im Schweizer Amateurfussball haben sich bei mir zum Fixpunkt gemausert. So bevorzuge ich denn auch am vierten Mittwoch in Folge den Spielfeldrand der heimische Couch. Ein Spiel zwischen dem FC Naters und meinem Quartierverein Stade Lausanne-Ouchy lockte mich ins Oberwallis.

Und auch wenn heute nicht der Slogan „Support your local Team“ meinen Spielbesuch begründet, empfehle ich euch, statt eine Spieltagskonferenz auf einem Pay-TV-Sender am Samstag doch einmal bei eurem Quartierverein vorbeizuschauen. Zwar gibt es dort keine Alaba-Freistösse oder Bale-Temporushs, viel eher aber trifft man auf den Lehrer von früher oder erspäht auf dem Spielfeld den Nachbarsjungen, der noch vor einigen Jahren bei den C-Junioren gespielt hat.

Um ein Haar verpasste ich den Zug ins Oberwallis, doch die Freude, dass es doch noch gereicht hat, trübte mein Regenschirm, der – bei starken Regenfällen – noch immer an der heimischen Garderobe hängen musste. Zwei Stunden später erreichte ich den Bahnhof in Brig. Von dort brachte mich der Bus bis zur Sportanlage Stapfen. Zielort des Busses ist übrigens ein kleiner Weiler namens „Bitsch“. Die Gemeinde hat tatsächlich Probleme mit Dieben, die in der Nacht jeweils das Ortsschild abschrauben.

Spätestens, wenn dich im Bus jeder begrüsst, merkst du, dass du auf dem Land bist. So rätselte ich auf der Fahrt im Bus über zwei Jungs, welche Sprache sie wohl sprechen. Es stellte sich dann heraus, dass es doch nur die „fünfte Landessprache“, also Walliserdeutsch in Extremform war. Von der geografischen Lage ist der kleine Ort auch interessant. So liegt Milano wesentlich näher als zum Beispiel Lausanne. Auch nur wenige Kilometer vom Spielort entfernt, schmelzt der Aletschgletscher vor sich hin.

So wie der Gletscher plätscherte in der Anfangsphase auch das Spiel vor sich hin. Nach einer Viertelstunde nahmen die Lausanner ein Geschenk der Gastgeber dankend an und trafen zum 0:1. Der Favorit und Aufstiegskandidat aus Lausanne gab sich auch in der Folge keine Blösse und spielte souverän, was über die Spieldauer zu drei weiteren drei Treffern führte. Ein verdienter 0:4-Auswärtssieg im Dauerregen vor 150 Zuschauern. Gut möglich, dass die Gäste in der nächsten Saison in der drittklassigen Promotion League spielen.


FC Concordia Lausanne - FC Champvent

Der Amateurfussball ist in der Schweiz zurück aus seinem Winterschlaf und so gab es an diesem Wochenende keine Fussballreise ins Ausland und stattdessen unterklassige Fussballkost im heimischen Lausanne.

Mit der Metro und dem Bus erreichte ich den Austragungsort, der gegenüber der Pontaise liegt, dem Zuhause des Zweitligisten Lausanne-Sport. Dieser Austragungsort heisst Stade de Bois-Gentil, zu Deutsch „Stadion des Seidelbasts“, und verfügt nebst einer schönen Holztribüne auch noch über einige Stehstufen, die zurück in den Besitz der Natur übergehen. Augenscheinlich, dass an der der Anlage der Zahn der Zeit nagt, was sie aber authentischer.

Das Stadion ist Heimat für mehrere Mannschaft, eigentlicher Herr im Haus ist aber der heutige Gastgeber Concordia Lausanne, der in der sechsten Spielklasse auf Punktejagd geht. Sein heutiger Gegner kommt aus dem Jura und befindet sich im Niemandsland der Tabelle, mehr ergab meine Recherche im Vorab nicht und so liess ich mich überraschen. Nach dem Bezahlen des Eintrittspreises (5.- Franken) steuerte ich die Gegengerade an, die ich ganz für mich und meinen Regenschirm alleine hatte. Die Partie wusste, abgesehen vom Zeitspiel des Gästetorhüters, auf Anhieb zu gefallen. Eine Unart, die ich in den Schlussminuten eines Champions-League-Finals verstehe, aber doch bitte nicht bei einem bedeutungslosen Amateurspiel vor rund 60 Zuschauern.

Wenn die eigene Mannschaft dann bis zur Pause noch mit zwei Toren führt, ergibt sich für das Verhalten des Torhüters sowieso keine gute Begründung. Es sei denn, er ahnte Böses. Denn in Halbzeit zwei spielte sich Aufstiegsaspirant Concordia in einen Rausch und schenkte den Jurassiern ganze fünf Tore ein. Angesichts dieser eindeutigen Leistungssteigerung geht das 5:2 für die Gastgeber aber in Ordnung.

Nach dem Schlusspfiff hätte auf der anderen Strassenseite noch die zweite Halbzeit zwischen Lausanne-Sport und dem FC Schaffhausen frohlockt, doch die garstigen Bedingungen trieben mich auf direktem Weg zurück in die Wärme.


FC Biel - FC Winterthur

Eine Rückblende: Vor etwas mehr als Jahr war ich das erste Mal auf der Bieler Gurzelen zu Gast. Am Stadion angekommen, folgte mit der Absage aufgrund der schlechten Platzverhältnisse der Schock. Die Absage war richtig, wie sich bei meiner persönlich Platzinspektion herausstellte. Ganz im Gegensatz zum Besuch vor einem Monat, als ich wiederum erst vor dem Stadion von der kurzfristigen Absage erfuhr. Dieses Mal wäre der Platz durchaus bespielbar gewesen.

So hiess es, ein drittes Mal nach Biel zu reisen – wenn möglich bereits am Nachholtermin. Dieser stand am kommenden Mittwoch an und trotz mehrmaliger Kontrolle hatte ich ein schlechtes Gefühl, als ich in Lausanne den Zug bestieg. Meine Sorge war aber unbegründet und so entschädigten die friedliche Stimmung, der Wurstgeruch und das gute Wetter für die beiden Fehlversuche in Biel. Damit nutzte ich eine der letzten Möglichkeiten um das altehrwürdige Stadion der Seeländer zu besuchen, die Ende Saison die Tissot Arena im Norden der Stadt beziehen. Ob der FC Biel sein neues Stadion allenfalls in der dritten Liga einweihen muss, steht in den Sternen, da er zurzeit am Tabellenende um jeden Punkt gegen den Abstieg kämpft. Abstieg und Stadioneinweihung, da war doch was  – Regensburg, St. Gallen?

Mit einem Sieg heute gegen Winterthur könnten sie zumindest kurzfristig die rote Laterne an Le Mont weitergeben. Keine einfache Aufgabe und so lagen die Gastgeber denn auch bereits nach vier Minuten in Rückstand. Doch die Seeländer zeigten Moral und kehrten das Spiel noch vor der Pause mit einem Doppelschlag. In der zweiten Hälfte gelangen den Bielern vor 982 Zuschauer zwei weitere Treffer und so gewannen sie gleich mit 4:1 gegen die Winterthurer.

Die Gurzelen verfügt über eine schöne Haupttribüne mit Holzbänken imd über eine zweistöckige Gegentribüne, bei welcher der untere Teil Stehplätze darstellt. Auf Fanebene ging heute gar nichts, was mich enttäuschte. Zumindest von den Gästen hätte ich ein paar Leute vor Ort erwartet. Die frühe Anpfiffzeit und der Wochentag werden wohl den Ausschlag gegeben haben daran gewesen sein.


Sheffield Wednesday - Fulham FC (14.03.15)

Die Insel zieht mich immer mehr in ihren Bann! Die Stadien und deren Umfeld strahlen in England eine Magie aus, die mich einfach anzieht und so reisten Nachbar Flavio und ich an einem Wochenende nach Sheffield.

Und auch wenn aus Sheffield nicht die sportlichen Grössen der Premier League kommen, beherbergt die Stadt eines der bekanntesten Stadien der Welt: Hillsborough. Ein Name, der sinnbildlich für die grösste Tragödie in der Geschichte des Fussballs steht. 1989 war das Hillsborough Austragungsort des FA-Cup Halbfinals zwischen Liverpool und Nottingham Forest. Ein fataler Entscheid, ein weiteres Tor zu öffnen, führte zum Tod von 96 Liverpool-Fans an den Zäunen im vollen Block. Der ganze Vorfall wurde im Taylor Report ausführlich aufgearbeitet und ist der Hauptgrund, wieso in England in den obersten zwei Ligen Sitzplätze zur Pflicht gehören.

Knapp 26 Jahre später fliegen Flavio und ich an einem Freitagabend nach Liverpool. Am nächsten Morgen reisen wir mit dem Zug in zwei Stunden früh weiter nach Sheffield, um neben dem Fussball weitere Aspekte aus der Arbeiterregion Englands mitnehmen zu können. Sheffield hatten wir nach einer knappen Stunde aber gesehen. So hart es auch klingen mag, aber diese Stadt ist einfach nur ein karger Fleck auf Englands Karte. Zurück am Bahnhof entschieden wir uns für einen Ausflug ins nahegelegene Rotherham. Der Geburtsort von Schiedsrichter Howard Webb bietet kulturell neben einem imposanten Münster zwar auch nicht viel, hat aber mit dem Millmoor eine sehenswerte ehemalige Heimstätte des Zweitligisten. Dieser Lost Ground liegt mitten in der Innenstadt und ist ein Traum für jeden Stadionfanatiker.

Zurück zum mächtigen Hillsborough, das wir nach der Rückkehr per Bus erreichten. Nach einem Abstecher zur Gedenkstätte der 96 Verstorbenen nahmen wir unsere Plätze auf der Gegentribüne ein, mit bester Sicht auf das wunderschöne Giebeldach gegenüber. Da sich Flavio erst kurzfristig als mein Begleiter entpuppte, hatte ich es nicht mehr geschafft zwei Plätze nebeneinander zu reservieren. Da wir aner mit einem Matchbesucher gesunden Menschenverstandes rechneten, sollte dieser Makel aber kein Problem darstellen. Dabei hatten wir die Rechnung ohne den Rentner neben uns gemacht, der stur auf seinen Platz zwischen uns beharrte.

Die Stimmung war relativ bescheiden, nur bei der Hymne sorgten die 22’182 Zuschauer für Gänsehaut. Aus London waren nur rund zweihundert Gästefans angereist. Fussballerisch war das Gezeigte Magerkost, da beiden Mannschaften zu viele Fehler unterliefen. Dies veranlasste Wednesday-Trainer Gray zum Ende der ersten Halbzeit Stevie May einzuwechseln. Prompt traf der quirlige Schotte mit der speziellen Haarpracht zur Führung für die Owls. Eine Viertelstunde vor Schluss glich Fulham schliesslich zum 1:1 aus. Damit entwickelte sich zum Schluss ein interessantes Spiel, in dem es beide Mannschaften verpassten, die drei Punkte für sich zu gewinnen.


SC Buochs - FC St. Gallen

Die Schweiz ist wohl das einzige Land Europas, in dem es möglich ist, sich mit einem Platz in der Mitte der Abschlusstabelle für die Europa League zu qualifizieren. Trotzdem bringt es mein Herzensclub aus St. Gallen Jahr für Jahr fertig diese gute Ausgangslage zu verspielen. So gilt es für Grün-Weiss mit dem „zweiten Joker“ zu stechen und der Ostschweiz den Cupsieg und die damit verbundene Europa-League-Qualifikation zu schenken.

In diesem Jahr treffen die St. Galler im Viertelfinal auf das fünftklassige Buochs, ihrerseits das einzige Team, das im Wettbewerb noch ohne Gegentreffer dasteht. Höchste Zeit diese Chance zu nutzen, denn der Sieger sollte in einem Monat Krösus Basel zuhause zum Halbfinal-Showdown empfangen. Dies war bereits bekannt, da die Partie zwischen Buochs und St. Gallen unter einer wettertechnischen Absage in der Vorwoche litt. Da diese Absage erst am Spieltag erfolgte, hatte ich eine Anreise in die Innerschweiz mitsamt Übernachtung bereits geplant und so einmal mehr Geld für Fussball in den Sand gesetzt. Nach dem Ärgernis suchte ich eine Alternative für den Mittwochabend und fand diese mit dem Léman-Derby zwischen Lausanne und Servette praktisch vor der Haustür. Im Stadion traf ich auf Philip und seine Kompanie aus dem Breisgau uns es folgte ein kurzweiliger Abend, der die Spielabsage schnell vergessen machte.

Am nächsten Mittwoch sollte es schliesslich mit einer Durchführung klappen und erschien am Nachmittag pünktlich am Treffpunkt in Bern. Dort warteten bereits Samuel und sein Kumpel auf mich, kurze Zeit später stiess noch ein weiterer Kollege hinzu und die Fahrgemeinschaft war komplett.

Dass es überhaupt zu dieser Konstellation kam, war einem grossen Zufall geschuldet: Als ich von der Spielverschiebung erfuhr, machte ich mich auf die Suche einer neuen und billigeren Unterkunft, da mein Budget nach der Vorwoche arg gebeutelt war. So entschied ich mich für die Nacht in der Berner Altstadt abzusteigen, wo ich dank Airbnb eine preiswerte Schlafmöglichkeit fand. Die Übernachtung war nötig geworden, da es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur späten Stunde nicht mehr bis nach Lausanne gereicht hätte.

So kam ich nach der Buchung mit Vermieter Giuliano in Kontakt und es stellte sich heraus, dass er ursprünglich auch aus St. Gallen stammt. Als Fussballfan wollte er wie ich auch nach Buochs, war durch die Neuterminierung aber verhindert und offerierte mir seinen Platz im Auto dreier St. Galler Studienkollegen, die ebenfalls in Bern leben. Damit war auf der zweistündigen Fahrt in den Kanton Nidwalden für Gesprächsstoff gesorgt und es stellte sich gar heraus, dass die Jungs aus demselben Stadtteil stammen und die gleiche Schule wie ich besucht hatten.

Vor Ort trennten sich unsere Wege, da ich noch ein Ticket besorgen musste und später zu meinen Freunden stand, die direkt aus St. Gallen angereist waren. Diese geizten auf der Hinfahrt offenbar ebenfalls nicht mit dem Alkoholkonsum und so entwickelte sich ein kurzweiliger Abend. Auf dem Feld trugen die St. Galler glücklicherweise ihren Anteil dazu bei und besiegten die Gastgeber überraschend diskussionslos mit 0:5. Dieser verzeichnete mit 4’400 Zuschauern übrigens einen Platzrekord. Allgemein mag der Sportplatz Seefeld mit der kleinen Tribüne zu gefallen, schliesslich liegt er direkt am Ufer des Vierwaldstättersees und manch ein Gästefan setzte sich während der Halbzeitpause ans Ufer und genoss die Aussicht.

Nach dem Spiel traf ich mich wieder mit Samuel und Co. und es ging zurück nach Bern, wobei ich froh war auf dem Rücksitz schlafen zu dürfen. Danke nochmals! Unweit meiner Bleibe liess mich das Trio raus und Giuliano nahm mich in Empfang. Seine Einladung auf eine Partie FIFA lehnte ich dankend ab und legte mich schlafen, da es am nächsten Morgen bereits vor Sonnenaufgang zurück in die Romandie und direkt zur Arbeit ging.


FSV Mainz 05 – Borussia Mönchengladbach (07.03.15)

Die Fahrt von Wiesbaden nach Mainz dauert nur eine Viertelstunde und trotzdem tickte die Zeit gegen uns. So waren Jens und ich froh, als am Bahnhof etliche Sonderbusse zur Abfahrt bereitstanden. Nun ging es quer durch Stadt in die Peripherie, ehe der Bus mitten auf einem Feld anhielt und die Türen aufgingen. Schlepper unterwegs in Mainz? Nein, die moderne Arena steht einfach mitten im Nirgendwo.

Die nach einem französischen Kreditversicherer benannte Spielstätte stellt erst seit vier Jahren das Zuhause der Bruchweg-Elf dar und verfügt über eine Hintertorseite mit Stehplätzen für die Heimfans, einem grossen Gästebereich und eine zweigeteilte Gegentribüne, wobei die Anhänger auf dem unteren Teil über 90 Minuten stehen. Unsere Plätze lagen ausnahmsweise in der Heimkurve, wobei Jens eher den Gästen die Daumen drückte, während mir der Spielausgang egal war. Ich bin definitiv kein Fan von Groundhoppern in Fankurven doch ansonsten gab es über das Internet keine anderen Plätze mehr zu erstehen, denn das Spiel gegen die Gladbacher war mit 34’000 Zuschauern restlos ausverkauft.

Die Spiele der Mainzer, die ich bisher live gesehen habe, waren immer torreich und stets holten die 05er einen Rückstand auf. Dies sollte auch heute der Fall sein: Nach einem Doppelschlag vom Ex-Zürcher Raffael in der 27. und der 67. Minute führten die Fohlen vom schweizerischen Trainer Lucien Favre mit 0:2. Vor allem der zweite Treffer spielten die Gäste wunderschön heraus. Bei den Mainzern steht mit Martin Schmidt ebenfalls ein Schweizer an der Seitenlinie, nachder dieser die Mainzer U23-Mannschaft bereits einige Jahre erfolgreich coachte. Der dritte Schweizer an diesem Abend war Gladbach-Goalie Yann Sommer. Dieser sah sich in der 73. Minute mit einem Freistoss aus grosser Distanz konfrontiert, den Johannes Geis mit viel Effet trat und der Schweizer liess den Aufsetzer prompt zum 1:2 passieren. Somit kam Leben in das Stadion und die Stimmung war nun richtig gut. Die Mainzer drückten auf den Ausgleich und in der 77. Minute wurde dieser Tatsache. Die Mainzer Lebensversicherung in Person des Japaners Shinji Okazaki köpfte zum 2:2 ein. Yann Sommer sah dabei erneut nicht glücklich aus. Der Mythos der Mainzer als Aufholmannschaft bei meinen Besuchen bleibt damit bestehen.

In der Folge hatten die Gastgeber gar noch Chancen auf den Sieg, es blieb aber beim Unentschieden. Ein bitterer Nachmittag für die knapp 5’000 mitgereisten Gästefans, umso grösser war die Freude dagegen bei den Mainzern.


SV Wiesbaden – SpVgg Oberrad (07.03.15)

Da der Anpfiff zum Heimspiel des FSV Mainz 05 erst um 18:30 Uhr erfolgte, blieb Zeit für ein zweites Spiel und eine Portion „ursprünglicheren“ Fussball. Sowohl Wehen Wiesbaden wie auch die Mainzer Zweitvertretung und so entschieden sich mein Begleiter Jens und ich für die Oberligapartie des SV Wiesbaden. Eine Entscheidung, die ich im Nachhinein – trotz der tiefen Spielklasse – nicht bereuen sollte.

Über Basel erreichten wir gegen Mittag Frankfurt, wo genug Zeit blieb, um durch die Stadt zu schlendern und sich der Nahrungsaufnahme zu widmen, ehe wir die S-Bahn nach Wiesbaden bestiegen. Vom Bahnhof in Wiesbaden aus sollte unweit der Helmut-Schön-Sportpark zu finden sein, doch der Autor dieser Zeilen liess sich von der Karte trügen und so war es eine Viertelstunde zügiger Fussmarsch, denn wir hinter uns bringen mussten, um rechtzeitig vor Ort zu sein. An den heutigen Austragungsort grenzt die Brita Arena an, ihrerseits karge Heimstätte des Drittligisten Wehen Wiesbaden. Da weiss der nach dem erfolgreichsten Trainer der deutschen Nationalmannschaft benannte Sportpark mit seinem Flair viel eher zu gefallen. Neben der kleinen Tribüne mit roten Sitzschalen sind auf der Gegengerade alte Holzbänke und auf der Seite Stehstufen mit Wellenbrechern zu finden, an denen der Zahn der Zeit nagt – genau sowas wünschen sich Fussballromantiker wie ich.

Eine Oma, die dir deine Eintrittskarte mit einem Lächeln in die Hand drückt und nach dem Spiel wohl die Trikots der Spieler waschen wird, ein volksnaher Verein, der seinen Trainer auch nach der dritten Niederlage in Folge nicht zum Teufel jagt. Ein Publikum, das sich aus Junioren und älteren Semestern zusammensetzt. Jene tragen meist eine Sonnenbrille und sitzen in lässiger Haltung auf der Tribüne: das beste Rezept, um den Kater vom Vorabend auszubaden.

Auch wir nahmen auf einer der roten Sitzschalen Platz und kaum abgesessen stiess mich Jens an und sagte: „Schau, da kommt Walter Frosch!“ Und wäre die Pauli-Legende, dessen Weltanschauung mir gefallen hatte, nicht vor mehr als einem Jahr verstorben, hätte ich wirklich geglaubt, er sei es. Ein Abbild des „Zigaretten-Mannes“. Eines seiner kultigen Interview findet ihr hier.

Gespielt wurde übrigens auch noch! Die Partie der fünftklassigen Hessenliga lockte an diesem milden Märznachmittag 351 Zuschauer an. Die Hausherren eröffneten bereits nach vier Spielminuten das Score, die weiteren Tore zum klaren 4:1-Heimsieg folgten allesamt nach der Pause, in der Jens und ich eine schmackhafte Currywurst genossen.


Neuchâtel Xamax II - FC Boudry II

Bevor es an einem Wochenende einmal mehr ins Ausland gehen sollte, waren noch einige Partien in der Heimat unter der Woche geplant. Die Absage des Cupspiels und ein Spiel in Yverdon auf dem Nebenplatz, dass ich mir dann nicht gönnte, funkten aber etwas in die Planung, mit der Partie am Freitagabend in Neuchâtel klappte es aber, da es sich beim Hauptplatz um einen Kunstrasen handelt. So ging es also in altbekannter Manier nach der Arbeit auf den nächsten Zug in Richtung Neuenburg. Sportlich gesehen erwartete ich natürlich nicht allzu viel bei diesem Testspiel zweier „Reserveteams“, zumal ich von der Existenz der Gästemannschaft bis zum heutigen Tage nicht einmal gewusst hatte. Grund genug, hier kurz mal ein bisschen nachzuhelfen: Die Gemeinde Boudry zählt heute knapp fünftausend Einwohner und liegt leicht erhöht im Areusetal. Bekanntester Sohn des Dorfes ist laut Wikipedia übrigens Philippe Suchard, der vor bald 200 Jahren die gleichnamige Schweizer Schokoladenmarke ins Leben gerufen hatte.

Das Dargebotene auf dem Platz ist schnell erzählt. Das Heimteam kam nach wenigen Minuten zum 1:0 Führungstreffer und ich dachte bereits, dass nun das Schützenfest beginnt, da ich die Hausherren als viel stärker einschätzte als die mir unbekannte Gäste. Aber wie besagt das englische Sprichwort doch so schön? „Don’t judge a book by it’s cover.“ Und so war es dann auch tatsächlich, Boudry wehrte sich nach Kräften, es blieb aber beim knappen Heimerfolg für die Neuenburger in diesem Testspiel. Die Zweitvertretung und die Jugendabteilung der Gäste spielt übrigens auch teilweise unter dem Namen „Team Littoral“, wie mir aufgefallen ist. Von der Qualität her habe ich auch schon schlechtere Testspiele gesehen, klar gab es aber auch hier misslungene Aktionen und Missverständnisse, für einmal konnte man diese aber (grösstenteils) den, aufgrund der Kälte, noch immer nicht ganz intakten Körperpartien zuschieben.

Neben dem Platz erbrachten vor allem die 30 Zuschauer Höchstleistungen, musste man nämlich eisigen Temperaturen trotzen, wollte man sich das Spiel ansehen. Ich meinerseits hatte natürlich wieder einmal meine Handschuhe vergessen. Naja selbst schuld, aber wenn bei einem Testspiel unter diesen Umständen eine ganze Viertelstunde Pause gemacht wird, hätte ich schon erwartet, dass den wenigen Zuschauern wenigstens warmen Tee serviert wird… 😉

Nach dem Spiel bei der Zweitmannschaft in Neuenburg, dessen erste Mannschaft übrigens meiner Meinung nach in der nächsten Saison wieder Profifussball spielen wird, fuhr der Bus zum Bahnhof und ich mit ihm, wo bereits der Zug nach Lausanne bereitstand und ich nach der Heimfahrt gegen elf Uhr die Wohnungstür nach einem weiteren neuen Ground in der Schweiz aufschloss.


Espanyol Barcelona - Cordoba CF

Verschneite Landschaften im Hochjura, kalte Busfahrten in Ostfrankreich – meine letzten Berichte waren geprägt vom Wintereinbruch. Zur Abwechslung folgt nun ein Bericht aus der Wärme, denn kurzfristig zog es mich nach Barcelona. Hier auf der iberischen Halbinsel wartete nebst hohen Temperaturen auch eine Partie der Primera Division auf mich.

Dank einigen paar Überstunden nahm ich die SWISS-Maschine am Freitagmittag. Diese war kaum gefüllt, sodass ich auf beiden Flügen eine Sitzreihe für mich allein hatte. Da der Anpfiff für das Heimspiel von Espanyol erst am späten Abend erfolgte, blieb mir viel Zeit, um durch die Rambla zu schlendern und am Meer die Sonnenstrahlen zu geniessen.

Auch an der Sagrada Familia kam ich auf meinem Streifzug vorbei. Die Kirche ist ein imposantes Bauwerk und weiter Sinnbild für Spanien. So scheint das Potenzial mit den vielen gut qualifizierten Studenten durchaus vorhanden, trotzdem fehlt es dem Land an einer klaren Strategie, um aus der wirtschaftlichen Misere die richtigen Schlüsse zu ziehen. Diese Situation führt zu inländischen Spannungen, und so pochen die Katalanen – als wirtschaftliches Zugpferd des Landes – auf die Unabhängigkeit. Meiner Meinung deckt sich mit jener vom restlichen Spanien: dieses sture Pochen auf Unabhängigkeit ist keine gute Idee.

Wieder zurück nach Barcelona, das ja mit Güell, Gaudì und Miró einen grossen Beitrag an die verrückte und vielfältige Künstlerwelt Spaniens beiträgt. Als bereits die Dunkelheit hereinbrach machte ich mich auf zum Plaça d’Espanya. Von hier sollte die Metro praktisch bis vor das Stadion von Espanyol fahren, das am westlichen Stadtrand liegt. An der Haltestelle angekommen, wollte niemand etwas von der Verbindung auf meinem Handy wissen. Schlussendlich stellte sich heraus, dass es sich bei der Verbindung um eine Regionalbahn handelte. So liess ich mir von einem jungen Typen den Weg weisen lassen und fand den Zug, der bereits zur Abfahrt bereitstand. Eine gefühlte Viertelstunde später dieser aber immer noch nicht abgefahren, die einheimischen Passagiere machten aber keine Anstalten, die etwas Ungewöhnliches vermuten liessen. Von meinem Platz aus genoss ich ideale Sicht auf die Anzeigetafel. Der Spanier macht es sich bei Verspätungen einfach und ändert schlicht die Abfahrtszeit auf der Anzeige, sodass die Bahn  theoretisch gesehen zu der Zeit abfährt, die auf der Anzeige steht.

Am Stadion angekommen, stellte ich mich in die Schlange, um ein Ticket für einen fairen Preis zu kaufen. Gegenüber liegt die Trainingsstätte von Espanyol, die ebenfalls über eine grosse Tribüne verfügt. Zurück zum eigentlichen Stadion, das zwei Ränge hat und mich stark an das Stadion in Lille erinnert, wo ich letzten Monat zu Gast war. Mit 17’128 Zuschauern waren die Tribünen nur knapp zur Hälfte gefüllt, unter ihnen hundert Anhänger aus Andalusien. Die „tiefen“ Zuschauerzahlen sind verständlich, da Espanyol in der Stadt keine grosse Rolle spielt. Dennoch ist es bemerkenswert, dass sich Fans finden, die grösstenteils auf Erfolge verzichten und nicht einfach zum FC Barcelona rennen. Zu meiner Überraschung gab es auf der Heimseite gar ansprechenden Support, wobei zwei Fangruppen für Stimmung sorgten. Die Gästefans hatten ausser ein paar Rufen heute Abend nichts zu melden.

Auf dem Platz zeigten die beiden Mannschaften eine ansprechende Partie, der die Qualität des spanischen Fussball anzumerken war. Espanyol hatte die besseren Torchancen, während Cordoba im Spielaufbau Schwächen offenbarte und nach einem Lattentreffer mit dem Schicksal haderte. So kam es, dass Espanyol kurz vor der Pause mit 1:0 in Führung ging. Nach dem Seitenwechsel zeigte sich ein ähnliches Bild, allerdings mit dem Unterschied, dass nun keine der Mannschaften den Ball im gegnerischen Tor unterbringen konnte. Espanyol stösst damit in der Tabelle auf den guten achten Platz vor, während es für die Andalusier am hinteren Ende der Tabelle düster aussieht.


Feyenoord Rotterdam - Excelsior Rotterdam

Anlässlich eines Kurzurlaubs in der holländischen Hauptstadt Amsterdam hatte ich mich ursprünglich für einen fussballerischen Abstecher nach Den Haag entschieden. Kurz vor der Abreise realisierte ich, dass am Sonntag das kleine Stadtderby in Rotterdam steigen würde und entschied ich mich um.

Die Leute, die bereits einmal bei Feyenoord gewesen sind, wissen, dass hier ohne Clubcard bei den attraktiveren Partien so ziemlich gar nichts geht. Meine Euphorie legte sich damit alsbald wieder, schätzte ich meine Chancen so kurzfristig (zwei Tage vor der Partie) als klein ein, überhaupt an eines der begehrten Tickets zu gelangen. Doch für einmal wurde ich positiv überrascht! Einige Restkarten waren noch vorhanden und ich konnte ein Ticket für einen anständigen Preis und ohne Clubcard ergattern.

Vor dem Abstecher nach Rotterdam stattete ich denn Amateuren von Ajax einen Besuch ab, doch das Spiel im Sportpark De Toekomst (Sportpark der Zukunft) wurde abgesagt, da der Rasen stark unter den Regenschauern gelitten hatte. Also ging es zurück in die Innenstadt, von wo aus ich per Zug nach Rotterdam gelangte. Nicht nur Fussballfans benötigen in Holland eine nervige Karte, auch wer Zug fahren möchte, darf sich für einige Euro erstmal eine aufladbare Karte ausstellen lassen.

Mein Besuch in Rotterdam war keine Premiere, trotzdem gefällt mir die Stadt mit dem grössten Hafen Europas nach wie vor sehr gut. Seit dem letzten Besuch hatte sich einiges getan, so wurde zum Beispiel der moderne Bahnhof oder die multifunktionale Markthalle (unbedingt hineingehen) fertiggestellt.

Zu Fuss schlenderte ich durch die Stadt in Richtung Stadion. Dort war der Andrang grösser als erwartet und ich schaffte es nur knapp mit Glück zum Anpfiff auf meinen Platz im All-Seater-Ground. Während des Spiels stand der Grossteil der 45’500 Zuschauer, der Support war für ein Derby aber durchwachsen.

Feyenoord ist ein absolutes Zuschauermagnet und kann fast in jedem Heimspiel auf die zahlreiche Unterstützung der Anhänger zählen. Mir fiel auf, dass ein Grossteil der Zuschauer muslimischer Herkunft war und so gilt denn auch das gleichnamige Quartier als arabisches Zentrum innerhalb von Rotterdam.

Das Spiel gestaltete sich überraschend offen und Excelsior ging gar in der 7. Minute in Führung – ein Weckruf für den Favoriten? Im Gegenteil, nach einer halben Stunde war es erneut Excelsior, das ins gegnerische Tor traf. Im Stadion „De Kuip“, der mich an den Parc des Princes in Paris erinnert, ertönte zur Halbzeit ein gellendes Pfeifkonzert. Es konnte nur noch besser werden und für die Auferstehung der Hausherren legte ein Excelsior-Verteidiger den Grundstein, der nach einem dummen Foul kurz nach Wiederanpfiff vom Platz flog. Das Ganze geschah im Strafraum, sodass Colin Kazim-Richards zum Elfmeter anlaufen durfte und diesen souverän verwandelte.

Dieses Tor markierte den Startschuss zur fulminanten Aufholjagd. In der 77. Minute traf Jens Toornstra zum Ausgleich und nur zwei Minuten später realisierte Lex Immers mit dem 3:2 den Endstand zugunsten Feyenoords. Aufgrund der zweiten Halbzeit geht dieser Sieg in Ordnung, der sich nach dem Platzverweis kurz nach Wiederbeginn bereits angekündigt hatte.