Ipswich Town – Charlton Athletic (30.12.14)

Das Beste kommt zum Schluss! Tatsächlich sollte der Ausflug nach Ipswich zu einem der besten des Jahres avancieren. Dazu trug neben der hervorragenden Ausgangslage für die Hausherren auch ein interessantes Spiel sowie die gute Stimmung bei. Mit dem Zug ging es für uns am Nachmittag von London nach Ipswich, einer kargen Stadt in der Grafschaft Suffolk, die den Geburtsort von Schauspieler Ralph Fiennes darstellt.

Da Ipswich an sich nichts besonderes ist, fanden wir uns alsbald in einem Pub wieder, wo wir einen der letzten freien Tische ergatterten. Dies und die tiefen Preise waren der Grund, dass wir länger verweilten und neben „Fish and Chips“ auch das eine oder andere Bier genossen. Mit der Zeit füllte sich die Bar, die meisten Besucher waren Fans, die vor der Partie wie wir noch einige Pints stemmten.

Eine halbe Stunde vor Spielbeginn siedelten wir über zur Portman Road, wo bereits viel los war. Bereits im Voraus hatte ich vier Sitzplatzkarten für den Sir Bobby Robson Stand für je 18 Pfund gekauft und nach einer lauen Eingangskontrolle ging es hinein ins Stadion. Unsere Plätze lagen hinter dem Tor und die Heimfans waren nicht – wie vermutet – auf der Gegen- und somit auf grösseren Tribüne zu finden, sondern auf der unsrigen. Damit hiess es für uns 90 Minuten lang zu stehen, was dank den „paar“ Bierchen nicht schwer fiel. Die Stimmung sowie das kompakte Stadion gefielen mir an diesem Abend unter Flutlicht ausserordentlich.

Klar, wenn Ipswich als stärkstes Heimteam der Liga nicht auf dem zweiten Platz liegen würde, wird es hier auch anders aussehen, aber heute hat alles gepasst. Auch die Kulisse war mit 26’157 Zuschauern dem Abend würdig. Spielerisch präsentierten sich die Tractor Boys den Gästen aus London überlegen und gingen bereits früh in Führung. Aus der Hauptstadt waren über tausend Gästeanhänger angereist, was für einen Dienstagabend beachtlich ist. Doch auch ihre Präsenz half Charlton Athletic nicht, denn nach einer Stunde traf Liga-Topscorer Daryl Murphy per Kopf mit seinem bereits 17. Saisontreffer für Ipswich. Damit war das Spiel gelaufen und was folgte war Zugabe. Darauf hätten wir, oder besser gesagt Andreas, getrost verzichten können. Ich sagte nämlich einen 2:0-Heimsieg voraus, worauf er 20 Pfund auf diese Resultatwette setzte. Gewonnen hätte er knapp 140. Aber eben, ich spreche im Konjunktiv, denn in der Nachspielzeit erzielte David McGoldrick das 3:0 und ich hatte mich nach einem Tor noch nie so schlecht gefühlt. Das Geld löste sich damit in Luft auf, aber den gelungenen Ausflug schmälerte dies in keiner Weise.


West Ham United – Arsenal FC (28.12.14)

Als ich sah, dass West Ham United über die Weihnachtszeit zuerst an der Stamford Bridge zu Gast sein wird und anschliessend zuhause Arsenal empfängt, wusste ich, was ich an diesem Jahresende machen werde, zumal der Boleyn Ground bald als Spielstätte ausgedient hat.

Für das Spiel Chelsea gegen West Ham an Boxing Day hätte ich lediglich ein Ticket auftreiben können, weshalb wir die Variante Brighton, wo alle zusammen die Partie verfolgen konnten, vorzogen. Beim Heimspiel von West Ham hatte ich dagegen mehr Glück. Eigentlich dachte ich, dass die Tickets für das Derby zuerst in den Vorverkauf für Member kommen und sich schlussendlich ein paar Tausend Fans um die letzten Restkarten streiten. Als ich aber im November wieder einmal den Ticketshop der Hammers besuchte, merkte ich, dass Tickets für das Spiel gegen Arsenal bereits im Verkauf waren. Die Karten waren in Windeseile vergriffen, ich schaffte es aber, zwei für den Oberrang der Heimkurve zu erwerben. Von einem Schnäppchen kann mit 65 Pfund pro Ticket aber nicht die Rede sein.

Da wir zu viert in London waren, begann die Qual der Wahl, wer mich an die Partie begleiten durfte. Andreas fiel weg, da er sich nicht sonderlich für Fussball interessierte und freiwillig auf einen Besuch verzichtete und schliesslich erklärte sich auch Marty dazu bereit, meinem Namensvetter und mir den Vortritt zu gewähren. Vielen Dank nochmals für die Kompromissbereitschaft! So ging es am Spieltag früh in Richtung Upton Park – mit grosser Vorfreude auf das spielerische Highlight der Tour.

Ein Tipp für alle, die vorhaben, eines der letzten Spiele im alten Stadion von West Ham zu sehen: Aussteigen müsst ihr nicht an der Station West Ham, sondern zwei Haltestellen später beim Upton Park. Auch wir stiegen hier aus der mittlerweile vollen Tube und hinaus auf die berühmte Green Street, von wo aus der schnellste Weg zum Stadion führt. Ihre „Berühmtheit“ verdankt die Strasse ihrer Vergangenheit, als in den Siebzigern und Achtzigern die „Inter City Firm“ dort ihr Unwesen trieb. Das Ganze wurde später sogar in einer Trilogie unter dem Namen „Hooligans“ verfilmt. Links und rechts der Strasse deuten verschiedene Stände auf die Vergangenheit hin und auch ich liess es mir nicht nehmen, den einen oder anderen „Fanartikel“ der berüchtigten Gruppierung zu erwerben.

Und plötzlich stehen wir vor dem riesigen Stadion, das mit den zwei Türmen imposant in den Himmel ragt. Wir betreten den Boleyn Ground durch die für England typisch engen Eingänge. Unsere Plätzen liegen zentral über dem Tor, mit bester Sicht auf das Spielfeld und die fünftausend Gästeanhänger. Als die Heimfans die Hymne „I’m forever blowing bubbles“ anstimmen, erahnen wir, wie laut es hier werden kann. In der Folge ist es leider nur bei Chancen für West Ham und gegen Ende hin laut, dafür dann umso mehr. Für dieses Spitzenspiel füllte sich das Stadion mit 34’977 Zuschauern voller Vorfreude auf 90 Minuten stimmungsvolles Spektakel.

Gut, die letzten zwei Worte sind gelogen. Zumindest bis kurz vor der Pause. Da spricht der Schiedsrichter Arsenal nämlich einen Penalty zu und obwohl mein Herz für West Ham schlägt muss ich sagen, dass dieser Entscheid richtig war. Ohne Probleme verlädt der kleine Santi Cazorla Goalie Adrian zur Führung für Arsenal. In der Folge hadern die Hammers mit dem Schicksal und prompt laufen sie in einen Konter, den Danny Welbeck aus kürzester Distanz zum zweiten Treffer für die Gunners verwertet. In der zweiten Halbzeit kommen die Hammers gestärkt aus aus der Kabine zurück und belohnen ihre Angriffsbemühungen mit dem hochverdienten 1:2 Anschlusstreffer. Jetzt drückte West Ham vehement auf den Ausgleich, während bei Arsenal die Angriffsbemühungen lediglich über den pfeilschnellen Alexis Sanchez ablaufen. Selten habe ich einen derart eindrucksvollen Auftritt eines Einzelspielers gesehen. Unbestritten ist Sanchez an diesem Nachmittag der beste Mann auf dem Platz, der mit jeder Aktion Gefahr in den gegnerischen Strafraum bringt. Dass er an diesem Tag kein Tor schiesst, ist lediglich Keeper Adrian zu verdanken, der mehrere Male sensationell klärt. Ganz zum Schluss bringt West Ham noch Joker Valencia und tatsächlich kommen die Hausherren in der Nachspielzeit nochmals zu einer Grosschance, der Kopfball landetet jedoch nur auf dem Tor. Schade, ein Punkt hätten sich die Hammers heute verdient gehabt! Trotzdem haben sie gezeigt, dass im Kampf um die internationalen Plätze mit ihnen zu rechnen ist.


Redbridge FC – Barkingside FC (27.12.14)

Als man am Tag nach dem Geburtstag allmählich auferstand, oh ich meinte natürlich aufstand, zeigte die Uhr bereits kurz vor Mittag. Nach einer Stärkung bei einer nahe gelegenen Fast-Food-Kette ging es auch schon auf zum Spiel nach Redbridge. Dieses hatte ich kurz vor der Abreise im Internet gefunden und da es sich dabei um "unser Quartierderby" handeln sollte, war ein Besuch beinahe Pflicht. Also setzten wir uns frohen Mutes in die U-Bahn und fuhren die zwei Stationen bis hin zum "Stadion". Vom Perron aus erreicht man die Spielstätte zu Fuss innerhalb weniger Minuten und bereits von weitem merkt man, dass sich hier eher die Unterschicht breit gemacht hat. Bruchbuden, Schrottplätze sowie hohe Abfallberge deuteten darauf hin. Egal, wir wollten ja (nur) zum Fussball hierhin, aber als man zum Eingang kurvte stand man plötzlich vor einem verschlossenen Gitter.

Und auch sonst war nichts von einem Platzspeaker oder einer Trillerpfeife zu vernehmen. So half also nur noch der traditionelle Weg über das Gitter und als ich wenige Zeit später am Spielfeldrand stand, war mir klar, warum hier heute sicherlich kein Spiel stattfinden wird. Der Platz war nämlich zu weiten Teilen durchnässt und absolut unbespielbar. Im Torraum hatte sich sogar soviel Wasser angesammelt, dass die Verantwortlichen den Strafraum mit Blachen abdecken mussten, um den Rasen nicht noch mehr zu beschädigen. Aber auch sonst machte das Stadion keinen guten Eindruck. Das Kassenhäuschen war zerstört und überall lagen Holzbalken umher. Auch die beiden Tore standen schief. Herrlich!

Trotz all dem Charme, welcher dieses alte Teil versprühte, konnte es doch nicht über die Tatsache hinweg trösten, dass ich durch diese Spielabsage mein Ziel von 104 Spielen in einem Jahr auf der Zielgerade verpasse. Das wären dann im Durchschnitt zwei Spiele pro Woche gewesen. Naja, immerhin setzte diese Absage einen Schlussstrich unter die misslungenen Ausflüge in diesem Jahr, welches nicht immer perfekt gelaufen ist. Darum denke ich ist es hier Zeit für einen Rückblick auf die Pleiten, Pech und Pannen dieses Jahres:

Biel: Im Februar dieses Jahres sollte die Heimstätte von Biel besucht werden, doch bereits am Stadion angekommen erfahre ich, dass die Partie aufgrund von schlechten Platzverhältnissen ausfällt. Zu meinem Trost konnte der Ground trotzdem betreten werden und selbst ein Augenmerk auf das Terrain geworfen werden und dieses war wirklich nicht zu bespielen.

Lissabon: Direkt nach dem Abflug von Manchester in Richtung Portugal sollte ich per Taxi zum Stadion der Belenenses Lissabon chauffiert werden, wo bereits ein Offizieller auf mich warten sollte, um mir einen Eintritt in das Stadion zum Finale der Taca de Honra zwischen den beiden Rivalen Benfica und Sporting Lissabon zu garantieren. Doch soweit kam es gar nicht. Dank 176 Minuten Verspätung konnte ich das Spiel vergessen und sah das beleuchtete Stadion nur noch aus dem Flugzeugfenster.

Zofingen: Nach meiner Wohnungsbesichtigung in Lausanne sollte auf dem Heimweg in Fribourg noch eine Partie mitgenommen werden, doch soweit kam es nicht, denn kurz vor Fribourg wurden diese Pläne verworfen und es wurde stattdessen das aargauische Zofingen angesteuert, wo der SCZ auf den FC Wohlen treffen sollte. Auch hier erfuhr ich erst beim Betreten des Stadions von der spontanen Absage des Testspiels. So ging es also nach insgesamt neun Stunden Zugfahrt halt ohne Spiel im Gepäck nach Hause.

Liverpool: Anstelle des heutigen Spieles war eigentlich die Partie Liverpool - Swansea geplant. Da es aber immer ein Problem ist, Tickets für einen "fairen" Preis an der Anfield zu erwerben, ging ich auf Nummer sicher und kaufte mir eine "International Membership", welche einem (laut Seite) zum mitgliederinternen Vorverkauf führen sollte. Schlussendlich stellte sich aber heraus, dass man genau mit diesem Paket keine Tickets kaufen konnte und somit durfte man das Spiel der Reds vergessen. Dafür bekam ich ein paar Wochen später mein heissersehntes (Ironie!) Paket des LFC an und statt einem Spiel an der Anfield mit Sicht auf den Kop habe ich jetzt immerhin eine superschöne Liverpool-Fahne sowie einen Kugelschreiber des Traditionsteams. Was will man mehr? Vielleicht nur noch ein Spiel sehen, oder? ;-)

Ravensburg: Bei einem Besuch im Dezember fand das Oberligaspiel gegen den Freiburger FC zwar statt, leider jedoch nur auf dem nebenan liegenden Kunstrasenplatz. Grund dafür war der unbespielbare Rasen auf dem Hauptplatz. Immerhin sah man mit einem 3:2 einen spannenden Heimsieg.

Trotzdem, man darf sich nicht beklagen und es folgt ja noch das morgige Derby und zum Schluss das Spiel in Ipswich ehe ich gesamthaft ein Fazit ziehe und auf das Kalenderjahr 2014 zurückblicke.


Brighton & Hove Albion – Reading FC (26.12.14)

„When a man is tired of London, he is tired of life.“ Dies sagte bereits der englische Gelehrte Samuel Johnson und irgendwie hatte er mit seiner Aussage auch recht. Einmal mehr sollte es nämlich auf die Insel gehen. Dieses Mal aber etwas länger als gewöhnlich, um gemeinsam mit Freunden meinen Geburtstag und den Silvester mit ein paar Fussballspielen zu verbinden. Gebucht wurde das Ganze bereits im Juli, um wenigstens noch ein bisschen billiger zu kommen als die normalen Flugpreise zu dieser Zeit im Jahr. Meine Begleitung für diese Reise spielten Andreas und Marty sowie mein Namensgenosse, den ich von nun an Andrin zwei nennen werde um Missverständnisse vorzubeugen. Am Weihnachtstag traten wir die Anreise aber nur zu dritt an, da mein „Alter Ego“ aus persönlichen Gründen erst einen Tag später anreisen sollte. Für uns kein Problem und da wir drei allesamt aus der gleichen Ecke der Stadt kommen traf man sich bereits zur früher Stunde im gleichen Bus an. Am Bahnhof angekommen wurde auf den Zug umgestiegen, der uns wie gewohnt an den Flughafen Zürich chauffierte. Dank dem Online-Check-In vom Vorabend konnten wir uns die lange Schlange ersparen und relativ schnell wurde man durch die Sicherheitskontrolle geschleust und ehe man sich versah sass man bereits im Flugzeug Richtung Frankfurt. Dort sollte dann die erste heikle Situation auf uns warten, da wir zum Umsteigen relativ wenig Zeit hatten.

Doch all die Sorgen hatte man sich umsonst gemacht, der Flieger wurde ohne Probleme noch rechtzeitig erreicht und mit Bordcrew im Santa-Outfit ging es in Richtung englische Hauptstadt. Da am Weihnachtstag die Metro in London nicht in Betrieb ist, hatte ich uns drei bereits im Voraus drei begehrte Plätze im „Coach“ des NationalExpress reserviert. Diese armen Kerle mussten heute arbeiten, um all die vielen Touristen ins Stadtzentrum zu bringen. Naja, der Umsatz an diesem Weihnachtstag wird nicht zu klein ausgefallen sein!

Im Zentrum angekommen wurde erst mal etwas gegessen, ehe man per UBER-Taxi für einen fairen Preis vor das Hotel chauffiert wurde. Wer UBER noch nicht kennt muss die Applikation unbedingt herunterladen. Absolut empfehlenswert! Nachdem man sich im Zimmer einigermassen eingerichtet hatte ging es auf Restaurantsuche und man gab einem türkischen Gasthaus den Zuschlag. Super Essen, nette Leute, die einem sogar noch „Schöne Weihnachten“ gewünscht hatten. Soviel zur Toleranz in dieser Multi-Kulti-Metropole…

Am nächsten Tag relativ früh aufgestanden ging es zur nahe gelegenen Zugstation, um von dort aus zum Hauptbahnhof zu gelangen, von wo aus unser eigentlicher Zug nach Brighton abfahren sollte. Ein paar Herren nehmen es da aber über die Festtage nicht so ernst mit der Arbeit und so stand man vor einem geschlossenen Bahnhof. Na toll! Zum Glück ist auch die nächste Metrostation nicht allzu weit entfernt gewesen und dort wurde sogar gearbeitet, sodass wir drei ein paar Minuten später in der Metro in Richtung Innenstadt sassen. Am Bahnhof Victoria gings raus und der Zug stand bereits am Perron und nach einer Stunde ereignisloser Fahrt erreichte man die Stadt am Meer. Obwohl, so ganz ereignislos war die Fahrt eben doch nicht. Da war nämlich ein/-e Transsexuelle/-r, die sich von allen im Zugabteil belästigt fühlte und manchen blöden Kommentar von sich gab. Aber egal, ich verschone euch jetzt mit Details. Manchmal ist es eben genau die grosse Bühne, welche solche Leute suchen. Aber heute steh ja ich im Mittelpunkt, schliesslich habe ich Geburtstag! Und so ein Tag in Brighton war genau dass, was ich mir gewünscht hatte. Nach einem guten Essen ging es an den schönen Strand und auf den für diese Gegend typischen Pier, wo man ein wenig verweilte. Brighton gefällt mir auch nach dem dritten Mal genau so wie beim ersten Besuch. Heute war aber Boxing Day und da darf ein Fussballspiel der Albions nicht fehlen und auf dieses freute ich mich besonders, schliesslich wurde die Heimstätte der Seagulls vor einiger Zeit zum schönsten und modernsten Stadion Englands gewählt. Und allgemein, was gibt es Schöneres als englischen Fussball zum Geburtstag?

Das Amex Stadium liegt ausserhalb der Stadt und ist durch Sonderzüge in wenigen Minuten zu erreichen. Die Fahrt mit diesen Zügen ist im Ticket inbegriffen, trotzdem finde ich den Eintrittspreis von 42 Pfund (65 Franken) eher genug. Immerhin waren unsere Plätze für diesen Preis mit Sitzpolster versehen und Wi-Fi stand einem auch im ganzen Stadion gratis zur Verfügung. Sobald man in den Himmel schaut merkt man dann auch wieso auf dem Logo der Blau-Weissen eine Möwe prangt, schliesslich fliegen andauernd dutzende solche Meeresvögel über das Stadiondach.

Einziger Schwachpunkt war vielleicht das recht typische Wetter, denn es regnete und windete bereits vor Anpfiff stark. So war man froh als die Fans endlich ihre Hymne anstimmten und diese dann auch lautstark zum Besten gaben und der Kick endlich angepfiffen wurde. Und Tor! 0:1 Reading. Was, wie bitte? Genau, nach weniger als einer Minute fand die Kugel bereits den Weg ins Tor der verdatterten Heimmannschaft. Die Gästeanhänger freute es und auch dem Torschützen Glenn Murray war herzlich egal, dass Brighton noch nicht bereit und mental wohl eher noch beim gestrigen Weihnachtsessen war. Trotzdem, das Tor zählte und auch in der Folge waren es die Gäste aus Reading, die das Spiel an sich rissen. In der 26. Minute doppelten sie nach und der Treffer zum 0:2 erzielte erneut Glenn Murray, welcher ausgerechnet früher für die Südengländer gespielt hatte. Ein ziemlicher Schock für alle 26’173 Zuschauer im Stadion und auch Interimstrainer Nathan Jones, welcher Sami Hyypiä beerbte wird sich gefragt haben, was hier wohl vor sich geht.

Doch anstatt den Kopf hängen zu lassen griffen die Hausherren in der Folge mehr an und kamen zu einigen guten Chancen und in der 41. Minute durch Jake Forster-Caskey folgerichtig zum 1:2 Anschlusstreffer. Dieses Tor darf man als Wendepunkt in der Partie ansehen, denn danach spielt nur noch Brighton. Verkehrte Welt! Angepeitscht von den Fans drückten sie auf den Ausgleich, doch bis kurz vor Schluss schien ein Fallrückzieher an den Pfosten die beste Ausgleichschance gewesen zu sein. Doch bekanntlich ist ein Spiel erst fertig, wenn der Schiedsrichter abpfeift und Brighton schaffte in der 90. Minute tatsächlich noch den verdienten 2:2 Ausgleich durch Inigo Calderon und revanchiert sich so für das frühe Gegentor. Die Hütte stand jetzt natürlich Kopf und in solchen Momenten wird einem bewusst, wie viel stimmungstechnisch auf der Insel eigentlich möglich wär. Schade!

Nach Partie ging es auf direktem Weg wieder zurück nach London, wo man noch den Vierten im Bunde aufgabelte und dann gemeinsam meinen Geburtstag feierte. Über den genauen Ablauf des Abend breite ich jetzt einmal grosszügig den Mantel des Schweigens 😉


FC Nürnberg - SpVgg Greuther Fürth (20.12.14)

Angefangen Ende Januar in Stuttgart bin ich jetzt knapp elf Monate später beim 100. Spiel in diesem Jahr angelangt, für das es ein weiteres Mal nach Deutschland ging. Ziel an diesem Samstag war Nürnberg, wo das älteste Derby Deutschlands auf uns wartete – ein würdiger Rahmen für das Jubiläum.

Noch im Dunkeln machte ich mich auf zum Bahnhof, wo kurze Zeit später auch Mitfahrer Thomas eintraf. Gemeinsam ging es per Zug los in Richtung deutsche Grenze. Dort gesellte sich noch ein Bekannter von Thomas zu uns, der das gleiche Ziel anvisierte. Joel ist auch Hopper und während Thomas noch etwas Schlaf nachholte, blieb uns Zeit bis nach München, um über unser liebstes Hobby zu reden. Dort trennten sich unsere Wege und während Thomas und ich in München eine kurze Verpflegungspause einlegten und im Anschluss per Regionalbahn die letzten 130 Kilometer nach Nürnberg in Angriff nahmen, wählte Joel die schnellere – aber auch teurere Variante – mit dem Inter-City. Am Bahnhof in Nürnberg stand dann bereits eine S-Bahn zum Stadion bereit, wo wir unsere hinterlegten Tickets abholten. Dort trafen wir wieder auf Joel, der eigentlich schon viel früher hätte dort sein müssen. Ein Zugproblem liess ihn nun also gleichzeitig am Stadion auftauchen. Apropos Stadion, nach der Ticketübergabe ging es für uns auf der Haupttribüne, mit bester Sicht auf Heim- und Gästekurve.

Beide waren wir überrascht, wie viele Fürther sich hier zum Weihnachtssingen verabredet hatten. Da hatte ich mit deutlich weniger und einem kleineren Gästesektor gerechnet. Insgesamt war das Grundig Stadion mit 47’501 Zuschauern gut gefüllt, aber nicht ganz ausverkauft. Dennoch ist es das Spiel für mich mit den meisten Zuschauern in diesem Jahr, gefolgt von der Partie Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen im Februar. Damals hatte es im Waldstadion ein torloses Unentschieden abgesetzt.

Und ja, drei Mal dürft ihr raten. Auch heute setzte es ein 0:0 ab. Dem Spiel fehlten die wirklich grossen Torchancen und auch nach einem Platzverweis gegen einen Fürther schaffte es der Glubb nicht, die Überzahl in einen Treffer umzumünzen. Auf den Rängen zeigten die beiden Fanlager zu Beginn schöne Choreografien und die Fürther zündeten nach der Pause noch etwas Pyrotechnik. Im Grossen und Ganzen ein solider Auftritt auf beiden Seiten, dennoch fehlte das gewisse Etwas, um jeweils von einem Topauftritt sprechen zu können.

Nach dem Abpfiff hatten wir uns wieder mit Joel verabredet und gemeinsam besuchten wir das nahegelegene Reichsparteitagsgelände, das unweit des Stadions zu finden ist. Darauf ging es zurück in die Innenstadt, wo wir durch den Stadtkern schlenderten und anschliessend gut zu Abend speisten. Pünktlich um halb sechs bestiegen wir wieder den Zug nach Lindau und kurz vor 23 Uhr erreichten wir nach insgesamt 800 Kilometer Zugfahrt wieder St. Gallen.


VfR Aalen - FC Nürnberg (14.12.14)

Kaum kehrte ich im April von meiner Tschechien-Tour zurück, ging es spontan nach Karlsruhe und somit auf einen der unterhaltsamsten Tagesausflüge dieses Jahres. Heute Sonntag sollte es zu einem Rezidiv kommen, erneut mit einer Partie in der zweiten Bundesliga und erneut mit Nachbar Flavio, der mich damals nach Karlsruhe begleitete. Dieses Mal steuerten wir aber nicht Karlsruhe, sondern die Heimat des VfR Aalen an.

Da wir am Morgen bereits sehr früh in den Tag starten sollten, sagte ich sämtliche Einladungen von Kollegen ab und ging stattdessen früh ins Bett. Mit der Zeit lernt man eben! Ganz im Gegensatz zu meinem Mitfahrer Flavio, der am Morgen nur noch ein Schatten seiner selbst war. Spätestens auf der Fähre Richtung Friedrichshafen ging es ihm aber wieder besser und wir verbrachten den Rest der Reise plaudernd im Zugabteil und beide waren überrascht, wie schnell Aalen erreicht wurde. Gesprächsthema Nummer 1 war natürlich unser FCSG, der im Moment in der Winterpause schlummert. Erst auf so einer Reise wird einem bewusst, wie viel wir bereits gemeinsam nur schon dank diesem Verein erlebt hat. Auch ein Thema war natürlich der Cupfinal, weiterhin ein Traum, der aber langsam in Griffnähe kommt. Das Los hat uns nämlich ein Gastspiel beim SC Buochs beschert und mit einem Sieg beim Fünftligisten stünden der FCSG bereits im Halbfinale.

Zurück zum heutigen Duell, das aus tabellarischer Sicht wenig Brisanz mit sich bringt, trotzdem gibt es einige Punkte, die durchaus interessant sind. So wären heute zwei Club-Tore gleichbedeutend mit dem 99. und dem 100. Gegentreffer für Aalen in der 2. Bundesliga. Der Gastgeber verfügt mit 13 Treffer zudem über den schwächsten Sturm der Liga, hat aber mit elf verschiedenen Spielern die grösste Variabilität an Torschützen aufzuweisen. Einer davon ist Jürgen Gjasula, der ein paar Jahre beim FC St. Gallen und in Basel verbracht hatte. Nach der Ankunft blieb für uns nicht mehr viel Zeit und es ging direkt zur Scholz Arena, die erhöht und abseits vom Stadtzentrum zu finden ist. Die zwei Tickets waren hinterlegt, danach ging es ohne Einlasskontrolle ins Stadion. Platz fanden wir auf der Stehrampe der Heimfans, wo wir uns abseits der aktiven Fanszene hinstellten. Trotz der Nähe zu den Heimfans waren an diesem grauen Nachmittag vor allem die Glubb-Anhänger zu hören, welche die ganze Hintertortribüne und auch Teile der Gegentribüne für sich beanspruchten. Mit 11’184 Zuschauern war das Ganze sehr stimmungsvoll.

Zum Einlauf der Mannschaften zeigten die Heimfans eine Zettelchoreo, wo mit viel Fantasie das Wort „Derbysieger“ zu lesen war. Der Fussballkenner weiss natürlich, dass die Aalener hier auf das Ostalb-Derby in Heidenheim von letzter Woche (0:1) anspielen, das sie überraschend für sich entscheiden konnten und so dem FCH die erste Heimniederlage in der 2. Bundesliga zufügten.

Heute fanden aber die Franken besser in die Partie und bereits in der 11. Minute konnten die viertausend Gästeanhänger ein erstes Mal jubeln. Nach einer starken Ballannahme und einer noch besseren Flanke von Sylvestr konnte Niclas Füllkrug zur Führung für den Club einköpfeln. In der Folge blieb das Team vom Schweizer Trainer René Weiler, abgesehen von wenigen Nadelstichen der Aalener, das spielbestimmende Team im ersten Durchgang. Nach einer Stunde war es erneut Niclas Füllkrug, der einen Freistoss via Pfosten und Torwartrücken ins Netz zirkelte. Nach diesem Doppelschlag der Nürnberger erwarteten alle eine Reaktion des Heimteams und die kam auch – allerdings unter gütiger Mithilfe von Club-Verteidiger Bulthuis, der im Strafraum ungestüm zu Werke ging. Die Verantwortung für den Penalty übernahm Jürgen Gjasula, der in der lässig zum 1:2 einschob. Es folgte eine spannende Schlussphase, schlussendlich blieb es aber beim knappen Resultat und somit dem zweiten Dreier der Saison in der Fremde für die Nürnberger. Für einen letzten Aufreger sorgte Penaltysünder Bulthuis, der nach einer dummen Aktion vom Platz flog.

Nach dem Spiel ging es für uns zurück in die Schweiz, wobei die Rückfahrt länger dauerte, da der Zug an jedem noch so kleinen Bahnhof anhielt. Zum Glück sorgte das Abendprogramm der Deutschen Bahn für genügend Unterhaltung. Diese reicht von elektrosensitiven Leuten mit Glitzersternchen auf der Stirn bis hin zu Alkoholleichen auf der Heimfahrt vom Weihnachtsmarkt. Irgendwann erreichten wir schliesslich Friedrichshafen und per Fähre ging es zurück in die Heimat.


FV Ravensburg – Freiburger FC (06.12.14)

Seit einiger Zeit führe ich in Excel eine Tabelle von Vereinen und Stadien, die ich besuchen möchte. Das Ziel ist es, dass diese «Wunschliste» immer kürzer werden, doch stattdessen wird sie immer länger. Höchste Zeit, eines der zurzeit 170 Stadien zu besuchen und somit aus der Liste zu streichen. Am Nikolaustag ergab sich diese Möglichkeit und ich machte mich mit zwei Kollegen auf in die deutsche Stadt Ravensburg.

Nach viel zu langer Zeit ohne Fussball – exakt 13 Tage – finde ich heute also wieder einmal Zeit für mein liebstes Hobby, für das ich dann auch Aussagen revidiere wie „Ich habe von Deutschland für die nächste Zeit genug.“ Blödsinn! Da in der Schweiz in den unteren Ligen bereits die Winterpause Einzug hielt, bleibt wohl oder übel einzig der Gang zur Suchtbehandlung ins Ausland.

Genug zur Vorgeschichte: Per Bus, Schiff und Zug erreichten wir kurz vor 14 Uhr die Stadt in Oberschwaben erreicht. Beinahe scheiterte das Vorhaben bereits vor der Haustüre in St. Gallen, denn nach einem Sprint fuhr der Bus einfach ohne mich los – obwohl ich rechtzeitig an der Türe stand, öffnete diese nicht mehr. Jetzt hiess es zu improvisieren und so steuerte ich nicht mehr den Hauptbahnhof an, sondern die Haltestelle St. Fiden an, wo ich den Zug gerade noch erwischte. Von meiner Odyssee nichts mitbekommen hatten meine Begleiter Cédric und Lukas, die erst an der nächsten Haltestelle zustiegen. Den Rest der Reise meisterten wir dann problemlos.

Die nächste Herausforderung war es, das Stadion zu finden, das mitten im Industriegebiet liegt. Als wir jenes erreichten, waren weder Spieler noch Zuschauer auszumachen. Gingen wir anfangs von einer Absage aus, zumal der Platz sehr mitgenommen, vernahmen wir aus der Ferne Fangesänge. Wir kehrten um und fanden dank unserem Gehör schliesslich den Kunstrasenplatz, auf den für Spiel der Oberliga ausgewichen wurde.

Immerhin gab es auch hier eine kleine Tribüne mit einem ebenso kleinen Stimmungsblock zu bestaunen. Eintritt wollten wir nun sowieso nicht mehr bezahlen und wurden von einem Offiziellen prompt eingeladen. Auf der künstlichen Unterlage entwickelte sich schnell eine sehr flotte Partie. Nach einer Viertelstunde gingen die Gäste nach einem Abstimmungsfehler zwischen dem Heimtorwart und Verteidiger in Führung. Die Hausherren kämpften sich aber zurück und kamen mit dem Pausenpfiff nach einem Eckball zum Ausgleich. Im zweiten Durchgang gestaltete sich das Spiel weiter ausgeglichen und beide Teams kamen zu Chancen. Nach einer knappen Stunden waren es erneut die Freiburger, die trafen. Ihr Captain Mike Enderle traf von der Strafraumgrenze nach einer missglückten Abwehraktion. Die Ravensburger zeigten jedoch Moral und kamen nur wenige Minuten später zum neuerlichen Ausgleich. Den erfreulichen Schlusspunkt aus Sicht der 300 Zuschauer setzte in der 85. Minute der eben erst eingewechselte Jona Boneberger mit dem 3:2-Siegtreffer für den FVR.

Sowohl die Gäste, wie auch der FVR, weisen einen Bezug zu Freiburg auf. Der offensichtlichere ist jener der Gäste, die dort beheimatet ist, aber auch in Ravensburg kennen sie die Breisgauer, schliesslich kooperiert der FVR seit geraumer Zeit mit dem SC Freiburg.

Jetzt ist es also passiert: Meine Befürchtung, irgendwann ein Spiel auf dem Kunstrasen- statt auf dem Hauptfeld sehen zu müssen, ist eingetroffen. Heute konnte ich es dank dem unterhaltsamen Spiel allerdings verkraften und nach der Rückkehr ins Stadtzentrum von Ravensburg tat der Weihnachtsmarkt den Rest für einen gelungenen Ausflug.


FC Tuggen - Étoile Carouge FC

Die Tage werden kürzer, der Nebel hängt in den Bäumen und bereits am späten Nachmittag beginnt der grauschwarze Himmel sich langsam zur Nacht zu wandeln. Was wie ein Gedicht von Georg Trakl tönt ist die bittere Realität hier in der Region. Der Winter steht vor der Tür und somit die Winterpause. Für einen Groundhopper sicherlich die schlimmste Zeit im Jahr. Denn es heisst, für ein paar Wochen auf das Lebenselixier Fussball verzichten zu müssen. Bis dahin gilt es jede Möglichkeit auf Spiele zu nutzen. So auch an diesem Wochenende, wo drei Spiele besucht werden sollten. Neben dem Länderspiel Schweiz – Litauen standen auch das kleine St. Galler Derby zwischen dem SC Brühl und dem FCSG II an. Den Anfang sollte aber die Partie in Tuggen machen, welche auch einen neuen Ground mit sich bringt.

Kollege Marty erklärte sich einverstanden, als ich ihm den Deal offerierte mit dem Doppler Tuggen – Carouge und anschliessend dem Länderspiel Schweiz – Litauen. Die Entscheidung leichter machen sollte ihm seine Herkunft, denn er stammt aus Litauen und wenn sich schon einmal die Möglichkeit bietet das Nationalteam zu sehen, durfte man diese natürlich nicht verpassen. Vorerst ging es aber noch in Richtung Zürichsee, wo wir kurz vor Spielbeginn nach einer etwa einstündigen Anreise eintrafen. Die letzten Meter zum Ground quer über eine Wiese gespurtet und mit der Übersteigung eines Gitters den Eintrittspreis gespart. Durch die Wiese und das auch sonst garstige Wetter waren unsere Schuhe durchnässt und wir setzten uns nach den obligaten Fotos auf die Tribüne, um dem Spiel zuzuschauen. Vor Ort waren an diesem Samstag übrigens 231 Zuschauer, was zumindest ich für ein Spiel der dritten Spielklasse relativ schwach finde. Trotzdem muss man wissen, dass Tuggen gerade mal knapp 3’000 Einwohner hat. Darum der geringe Zuschauerauflauf etwas verständlicher. Auf der Tribüne gab es gratis Sitzunterlagen und auch sonst punktete der sympathische Dorfverein bei mir. Hinter dem einen Tor waren die Kühe auf der Weide und die Toiletten befanden sich im ansässigen Luftschutzkeller. Charme pur. Fussball wie er sein sollte!

Auf dem Platz trafen der Zehntplatzierte auf den Zwölfplatzierten und die Hausherren nahmen früh das Zepter in die Hand, vergaben aber über beide Halbzeiten gesehen mehr oder weniger kläglich etliche Grosschancen. Dass es trotzdem noch zum Siegtor reichte konnte man Roman Güntensperger verdanken, der in der 90. Minute zum verdienten 1:0 Sieg traf.

Nach der Partie ging es flink nach Hause, wo sich die Wege kurz trennten und man jeweils frische (und trockene) Kleider anzog und sich dann wieder traf, um dem EM-Qualifikationsspiel beizustehen. Vor ausverkauftem Haus war das Ganze mit einem 4:0 gegen chancenlose Litauer dann eine klare Sache.


GC Zürich - YF Juventus Zürich

Die meisten Spiele unter der Woche, die ich besuchen möchte, haben jeweils einen Haken. Entweder finde ich keine Mitfahrer, komme zu spät wieder nach Hause oder die Partie ist schlicht und einfach zu weit weg für eine Anreise mit dem Öffentlichen Verkehr. Heute sollte die Ausnahme sein. Am Mittwochnachmittag hatte ich einen Termin in der Nähe von Zürich und dieser liess sich ideal mit einem Testspiel auf dem GC-Campus in Niederhasli kombinieren.

Die Distanz zum Spiel also nicht zu gross, die späte Heimkehr auch kein Problem und mit Simon und Namensvetter Andrin fand ich gar deren zwei Begleiter. Prima! Die Anreise geschah bei jedem individuell und doch hatten wir etwas gemeinsam: Niemand erreichte zum Spielbeginn das Stadion. Die Schuld dafür muss die SBB und ihre berühmt-berüchtigten «Stellwerkstörungen» tragen.

2002 gebaut verfügt der GC-Campus über diverse Spielfelder – eines davon mit kleiner Tribüne – sowie einem Clubzentrum. Das heutige Testspiel gegen den Drittligisten, der ebenfalls aus Zürich stammt, nutzte der Rekordmeister um jenen Spielern Spielzeit zu gewähren, die nicht in einer Nationalmannschaften aktiv sind.

Vor Ort waren an diesem Abend lediglich 348 Zuschauer, was sicherlich auch an den garstigen Bedingungen lag. Das Spiel begann sehr ausgeglichen und es dauerte über eine halbe Stunde, ehe die Hausherren durch Nassim Ben Khalifa glücklich in Führung gingen. Während der Pause fand dann auch noch Simon zu uns. Seine Anreise-Odyssee beinhaltete gefühlt vierzig Umstiege auf Bus und Zug, ehe er den Bahnhof in Dielsdorf ereichte, von wo aus der Campus in einer knappen Viertelstunde zu Fuss erreichbar ist. Die Grasshoppers brachten in der Pause diverse neue Kräfte, unter anderem den Brasilianer Caio, der in der 52. Minute zu einem Freistoss antrat. Dieser zimmerte den Ball via Pfosten zum 2:0 ins Tor. Wer jetzt dachte die Sache wäre gelaufen, lag falsch. Der Drittligist bäumte sich auf und kam nach einer Stunde zum verdiente Anschlusstreffer und hatte in der Folge gar einen Pfostentreffer zu beklagen. Zehn Minuten vor Ende durfte sich Caio den Ball erneut für einen Freistoss zurechtlegen. Und auch dieses Mal zirkelte Caio den Ball zum 3:1 präzise in den Winkel.


SSV Ulm – SSV Reutlingen (08.11.15)

Das Thema der Woche, das über die Grenzen Deutschlands hinaus polarisiert: der Grossstreik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Über mehrere Tage sollen in einem der grössten Länder Europas die Züge stehenbleiben – für viele Leute unvorstellbar. Entsprechend bröckelt auch der Rückhalt von GDL-Chef Claus Weselsky, dessen Ziel es ist ist, nicht nur die Lokführer, sondern auch das restliche Zugpersonal unter seine Fittiche zu bringen. Langsam dämmert es den Lokführern, die als Mittel zum Zweck missbraucht werden, und die Kritik wird immer lauter. Ein riesiges Durcheinander bei unseren nördlichen Nachbarn und wir mittendrin, stand doch an diesem Wochenende der Besuch in Ulm an.

Rückblickend war es sicher einer der turbulentesten Ausflüge in diesem Jahr und ich weiss gar nicht, wo ich mit der Berichterstattung beginnen soll. Am Besten bei der Hinreise, die ist nämlich schnell erzählt: Am Morgen traf ich am Bahnhof auf Luigi, mit dem es zusammen per Zug nach Romanshorn ging. Dort stand bereits die Fähre bereit, die uns über den Bodensee nach Friedrichshafen brachte. Am Hafenbahnhof der Zeppelinstadt erreichte uns die Information, dass der Zug an den Stadtbahnhof ausfiel, dank dem Baden-Württemberg-Ticket (27 Euro für zwei Personen) konnten wir aber auf den Bus ausweichen und sassen kurze Zeit später in einem der einzigen fahrenden Züge an diesem Morgen in Richtung Ulm. Kurz nach zehn Uhr fuhren wir in die Stadt an der Donau ein. Da das Spiel erst um 14.30 Uhr beginnen sollte blieb genügend Zeit, um sich die Universitätsstadt genauer anzuschauen. Die bekannteste Sehenswürdigkeit in Ulm ist sicherlich das Münster. Mit einer Höhe von 161.5 Metern besitzt es den höchsten Kirchturm der Welt. Da müssen wir rauf! Von oben genossen wir einen Blick auf die Stadt, die Donau sowie das Stadion.

Langsam machte sich der Magen bemerkbar und wir verpflegten uns schnell, um an der Donau entlang zum Stadion zu schlendern. Die Temperaturen und das Wetter zeigten sich für die Jahreszeit ansprechend, sodass sich ein gemütlicher Nachmittag entwickelte. Am Stadion herrschte bereits grosses Aufkommen. Wir sicherten uns zwei Karten für die Gegentribüne. Kurz vor Spielbeginn ging es dann ins Rund, vorher mussten wir aber durch die Einlasskontrollen und wurden dort von einem gehässigen Bundespolizisten grundlos gestresst. Dafür weiss das Stadion zu gefallen, das neben den beiden Sitztribünen auch über Stehtraversen hinter den Toren verfügt.

Angepfiffen wurde die Partie übrigens zehn Minuten später als geplant, da laut Speaker noch mehrere hundert Leute an den Eingängen auf Einlass warteten. Zu Beginn zeigte Ulm eine Choreo in Erinnerung an den Aufstieg im Stadion von Reutlingen, während die gut fünfhundert mitgereisten Gästefans ihre Schals hochhielten. Das Spiel war weit weniger gehässig, als die Stimmung auf den Rängen, wo Ulm mit herausfordernden Spruchbändern gegen Reutlingen nicht geizte. Auf dem Rasen ging es eine Weile bis die beiden Teams ins Spiel fanden, ehe das Heimteam in der 40. Minute in Führung ging. Nach dem Seitenwechsel waren die Gäste an der Reihe, die zu Beginn der Schlussviertelstunde zum mittlerweile verdienten Ausgleich kamen. Als die 2’841 Zuschauer bereits mit einem Unentschieden rechneten, kam der grosse Moment von David Braig, der mit dem letzten Angriff der Partie in der Nachspielzeit zum 2:1 für den SSV Ulm einschieben durfte. Auf den Rängen herrschte nun natürlich grossartige Stimmung und niemand, der sich nicht auskennt, hätte gedacht, dass wir hier in der an einem Spiel der Oberliga sind – der fünften Spielklasse.

Nach dem Schlusspfiff standen Busse bereit, die uns – wie wir dachten – in die Stadt zurückbringen sollten. Schnell stellte sich aber heraus, dass dies die Busse für die Gästefans waren, die zwar eigentlich auch zum Bahnhof fahren sollten. Die gehässige Derbystimmung übertrug sich nämlich nach draussen und einige Ulmer versuchten mit verschiedenen Mobs die Reutlinger anzugreifen. Die Polizei wusste aber von der Rivalität der beiden Anhängerschaften und war mit einem grossen Aufgebot vor Ort: normale Polizisten, Bereitschaftspolizei sowie berittene Polizei. Der eine oder andere bekam dann auch etwas Pfeffer ab, ehe sich die Busse, mit je zwei Bereitschaftspolizisten an der Tür, um einen Gegenangriff der Reutlingen zu verhindern, in Bewegung setzten. Weit kamen sie nicht, da überall kleine Grüppchen von Ulmer standen und die Busse angriffen. Irgendwann schafften es die Busse zu entkommen und mit einer Polizeieskorte ging es gegen Norden. An eine Rückkehr an den Ulmer Bahnhof war nicht zu denken, da vernommen wurde, dass Ulmer Hooligans mit Steinen auf die eintreffenden Freunde der St. Galler Szene warten würden.

Also ging es eine halbe Stunde lang durch die Provinz, ehe wir an einem Bahnhof im Dörfchen Beimerstetten ausgesetzt wurden, wo man über eine halbe Stunde einfach mal am kalten Bahnhof rumstehen durfte. Ein Zug in die Heimat wäre zu schön gewesen, als nach einer halben Stunde aufgrund des Streiks überhaupt einer kam, war es uns dann auch egal, dass der Zielort ebendieses Zuges Stuttgart war. Hauptsache weg von diesem gottverlassenen Provinzkaff! Etwas mehr als eine Stunde später, mittlerweile zeigte das Handydisplay 20 Uhr, kam man am Baustellenbahnhof an und war mit den Nerven am Ende, zumal Stuttgart alles andere als in der Richtung von St. Gallen liegt. Die Frage war nun, ob wir es überhaupt noch nach Hause schaffen, oder ein Zimmer in Stuttgart nehmen sollten. Wir entschieden uns für Variante eins, aufgrund der Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn und des Streikes eigentlich ein Kamikaze-Entscheid, trotzdem sollte es klappen. Nach diversen Umstiegen erreichten wir in sieben Stunden die Heimat; vom St. Galler Bahnhof musste allerdings gelaufen werden. Kurz nach drei Uhr morgens schloss ich die Haustüre auf und wir waren beide todmüde, sodass wir schnell einschliefen.

Im Nachgang mag man über eine solche Odyssee lachen, aber nur wer Ähnliches bereits erlebt hat, weiss wie nervtötend solche Situationen sind. Von Deutschland habe ich aber die Nase voll bis im Dezember. Dann soll es ans Frankenderby gehen und wer weiss, was da auf mich wartet…