Als man vor ziemlich genau fünf Monaten zum Saisonabschluss mit dem grandiosen Auswärtssieg der Fuggerstadt in Gladbach gastierte, schwor man sich, zumindest bei einem (seltenen) FCA-Auftritt irgendwo auf der Europakarte mit von der Partie zu sein. Die mit Spannung erwartete Auslosung brachte den Schwaben als Direktqualifikant dann mit Gegnern wie Bilbao, Partizan Belgrad und dem holländischen Vertreter AZ Alkmaar eine durchaus interessante Gruppe ein. Zu diesem Zeitpunkt stand mit der Serbienreise ein Besuch bei Partizan allerdings bereits fest und da das Gastspiel im Baskenland etwas gar früh in Kalender fiel, wurde schlussendlich der Norden Hollands mit dem Städtchen Alkmaar als Destination auserkoren.
Bekannterweise bietet der grösste Billigflugkonzern ab Genf preiswerte Flüge in die holländische Hauptstadt an und auch für den Rückflug am Samstag nach Basel wurde eine passende Variante gefunden. Mit Lars hatte man ebenfalls ziemlich schnell einen Mitfahrer gefunden, wobei ich über dessen Zusage ehrlich gesagt ziemlich überrascht war, zumal sein Herz klar für den SCF schlägt. Aber insofern ging dies ja in Ordnung, da sich mittlerweile meine erschreckende Vorahnung bestätigte, dass bei Augsburg bereits alle Karten im internen Mitgliederverkauf einen Abnehmer gefunden hatten. Als kurz darauf auch seitens AZ die Partie als beinahe „uitverkocht“ vermeldet wurde, begann man erstmals zu zweifeln, ob die Reise denn auch tatsächlich ein gutes Ende nehmen würde. Damit schlussendlich keinen hilflosen Kutten in einer dunklen Gasse die Karten abgezwackt werden mussten, sorgte ein ziemlich grosser Zufall. Denn nachdem Mails an beide Vereine negativ beantwortet wurden, kam eines Tages in meinem Instagram Feed die Nachricht eines holländischen Hoppers zum Vorschein, der „brancheninterne Auskunft“ wünschte. Dessen Herkunft erfahrend, witterte ich die Möglichkeit und es stellte sich tatsächlich heraus, dass er sein Herz dem AZ Alkmaar verschenkt hatte. So konnte er uns mit seiner Clubcard noch zwei der letzten Eintrittskarten sichern. Zwar genau neben dem Heimbereich, aber besser als nichts. Zumal man dort auch nur die erste Spielhälfte über verweilte, dazu aber später mehr. Das Beste kam aber noch! Als ich mit dem guten Herrn einen Treffpunkt ausmachte sowie die Kontaktdaten austauschte, stellte sich heraus, dass Alkmaar-Lars nicht nur denselben Vornamen wie Freiburg-Lars trug sondern auch der Nachname exakt der gleiche war. Ich fiel fast vom Stuhl. Schlussendlich wieder einmal ein ausserordentlicher Glücksgriff, zumal unsere letzte Möglichkeit auf Karten per Schwarzmarkt auch ins Wasser gefallen wäre, denn da schlich tatsächlich niemand am Matchabend um das Stadion.
So konnte ich mich allerdings doch noch gelassen auf die Reise begeben und man traf sich pünktlich am Flughafen Schiphol. Der Zwischenhalt in der Hauptstadt erWEckEnD, unter anderem noch mit ein wenig Sightseeing, ehe auch schon der letzte Teil bis ans Reiseziel Alkmaar unter die Schienen genommen wurde.
Im Hotel zusammen mit gut FCA-Kutten, sodass man sich verdeckt gab und nach kurzer Verschnaufpause für einen ersten Stadtrundgang entschied. Der Ort in der Provinz Nordholland wurde von uns beiden als durchaus nett taxiert.
Das Gästekontingent fiel mit 800 zur Verfügung gestellten Karten äusserst bescheiden aus und viele Fans, die Rot-Grün-Weiss im Nachbarland unterstützen wollten, mussten zuhause bleiben. Da sollte sich die glückliche Minderheit meines Erachtens nicht nur prädestiniert fühlen, sondern auch gut für Stimmung sorgen. Neben dem gelungenen Einheitslook mit den Fischerhüten war die Stimmung aber trotz reichlich Pyrotechnik während dem Corteo sehr bescheiden. Verglichen an unserem Auftritt in Swansea, sehe ich da aber doch noch grosses Steigerungspotenzial, wobei unsere Nachbarn da klar etwas grösserem Kuttenpotenzial ausgesetzt sind. Aber schön, dass nicht alle zu den Bayern rennen und der Verein ist wirklich gut geführt, wobei ich mich eben aufgrund dieser Tatsache am ehesten dem FCA hingezogen fühle.
Vor dem Stadion war für uns Schluss mit dem Marsch und es ging individuell in Richtung Heimblock, wo nach einiger Zeit Lars auftauchte und die Ticketübergabe glücklicherweise erfolgreich verlief. Plätze wie gesagt neben dem Heimblock, wobei wir sofort als vermeintliche FCA-Fans auffielen, da man als Holländer natürlich einen badischen geschweige denn einen schweizerischen Dialekt nicht von demjenigen der Gästefans unterscheiden kann. Wir seien aber willkommen, hiess es vom Sitznachbar erstmals und lediglich ein kleines Szenario zu Beginn der Partie sorgte für Unmut. So behauptete nämlich ein Einheimischer just in dem Moment, als der Gästeanhang sein Pyrointro präsentierte, dass ich mich auf seinen Platz gesetzt hätte. Stellte sich dann aber heraus, dass er sich in der Reihe geirrt hatte und nun direkt vor meiner Nase sass.
Als Piotr Trochowski einen Freistoss herrlich zum 0:1 ins Tor der Gastgeber zirkelte durfte man ein zweites Mal mit dem Herren auf Tuchfühlung gehen. Dies, weil mein äusserst verhaltenes Ballen der Fäuste für seinen Kumpanen bereits zu viel war und er mir mit den Worten „I kick you down the stairs“ drohte. Ziemlich überrascht über dessen Reaktion, zumal ich die Hollander für ein äusserst friedliches Volk halte, liess ich die Provokation ungeachtet hinnehmen, da ich im Grundsatz gewissen Frust über Gegentore ja verstehe. Als dann aber auch noch gegen meinen, nicht in die Situation involvierten, Kumpanen Lars gepöbelt wurde, war das Ganze nahe an einer Eskalation und der eine hatte sich mit Lars definitiv den falschen ausgesucht. Zumindest anfangs hätten wir vielleicht gegen die drei Herren nicht sonderlich schlecht ausgesehen, wenn aber die aktive Fanszene sieht, wie jemand in ihrem Revier ein Gerangel anzettelt ohne den Kontext zu kennen, hätten wir allerdings wohl ziemlich schnell ziemlich schlecht ausgesehen. Und so war es für einmal besser von dannen zu ziehen, ehe uns Stewards nach Situationserläuterung auf die Haupttribüne verwiesen. Dort konnte dann auf gepolsterten Business-Seats-Platz genommen werden.
In der Pause wurde den 16’511 Zuschauern noch mit einem Filmchen der UEFA zum Thema Respekt eine Art moralischen Denkzettel verpasst. Ziemlich unangebracht sich da seitens des europäischen Fussballverbandes auf „soziale Werte“ zu besinnen, wenn in den letzten Jahre jeder grössere Anlass lediglich dazu galt, dass sich einigen Individuen die eigenen Taschen noch mehr mit korrupt erwirtschafteten Geldern füllen konnten.
Zurück zu Spiel und Stadion, was sich zumindest in gewisser Weise von den niederländischen Einheitsbauten abzuheben vermag. Der Grund dafür bildet das durchgehende geschwungene Dach und die runde Form der Arena. Ansonsten wie immer einen Treppenaufgang zu den Sitzplätzen, die sich erhöht befinden. Im zweiten Abschnitt sorgte vor allem Torwart Hitz, der übrigens die gleiche Schule wie ich besuchte, dafür, dass das krisengeschüttelte Augsburg seinen ersten Sieg auf internationaler Ebene feiern durfte. Stimmungstechnisch von den Gästen wie auch dem Heimanhang der Auftritt eher Mittelmass, wobei sich bei einer derart kleinen Allokation und einem noch viel kleineren Gästeblock auch nicht gross mehr herausholen lässt. Insgesamt sicherlich ein nettes Gastspiel, das grosse Kribbeln sowie eine einzigartige Stimmung hatte allerdings gefehlt.
Für uns ging es nach Spielschluss zu Fuss zurück und irgendwann auch wieder in die Horizontale. Dort konnte Lars schlussendlich noch einen Einbrecher aus dem Bett treten und mit einem gezielten Schlag aufs Auge ausser Gefecht setzen. Dumm nur, wenn der Einbrecher mein schlafendes Eigen ist.