Seit Anfang Jahr gestaltet sich die Einreise nach Weissrussland unter Auflagen visafrei. Diese Tatsache galt es zu nutzen. Bedingt visafrei deshalb, weil die Anreise zwingend auf direktem Wege und über den Flughafen Minsk erfolgen muss. Neben dieser Einschränkung ist zusätzlich ein Versicherungsnachweis vorzulegen, der bestätigt, dass der Reisende auch in Weissrussland krankenversichert ist. Wer dieses Kriterium ebenfalls erfüllt, der passiert wie Xavier und ich nach einiger Wartezeit die weissrussische Zollkontrolle von und findet sich am Ausgang des Flughafens wieder.

Hier wartete bereits Tatjana, unsere Airbnb-Vermieterin, die freundlicherweise eine Abholung ihrerseits anbot. Diese Offerte nahmen wir natürlich gerne an, schliesslich liegt der Flughafen gut dreissig Kilometer vom Stadtzentrum entfernt in der Minsker Peripherie. Die Kommunikation mit Tatjana erfolgte hauptsächlich über meinen Begleiter Xavier, welcher glücklicherweise der russischen Sprache mächtig ist. Nachdem wir an der Wohnung im Stadtzentrum abgesetzt wurden, ging der Abend ruhig zu Ende. Schliesslich erfolgte der sportliche Auftakt erst im Laufe des nächsten Tages.

Während der Vormittag der Besichtigung Minsks galt, fanden wir uns am frühen Nachmittag am Bahnhof in der weissrussischen Hauptstadt ein. Hier kam es für mich zu einem Novum. Die Dame am Ticketschalter erklärte uns nämlich, dass für die von uns gewünschte Zugverbindung bereits alle Plätze ausgebucht seien und sie daher keine Tickets mehr verkaufen könne. Ziemlich speziell und so mussten wir auf einen Zug ausweichen, der den Minsker Bahnhof gut zwei Stunden später verlassen sollte. Was nun, war die Frage? Da sich bei Temperaturen um die dreissig Grad die Lust aufs Umhergehen beschränkte, wählten wir das Bahnhofsbistro für den Aufenthalt in den nächsten beiden Stunden. Eine Entscheidung, die wir nicht bereuen sollten. Schlussendlich hatten wir sogar Mühe, den Mann der Inhaberin abzuwimmeln und pünktlich auf den Zug aufzusteigen. Grund dafür war die feuchtfröhliche (Trink-)Stimmung in dieser Spelunke, wobei der erwähnte Herr als selbsternannter „ziviler Kontrolleur“ den Alkoholpegel eines jeden Gastes überprüfte. Eine Pionierrolle nahm er deshalb ein, weil er sich bei ungenügendem Pegelstand jeweils vehement für die nächste Runde einsetzte.

Nicht minder kultig präsentierte sich der Schlafwagen, in dem wir für die Reise nach Borissow unsere zwei Plätze inne hatten. Volle vier Tage wird dieser Zug nun durch das sowjetische Ödland rattern, ehe er in Novosibirsk seinen Zielbahnhof erreicht. Genau so stelle ich mir die transsibirische Eisenbahn vor. Wir verliessen den Zug aber bereits nach einer Stunde Fahrzeit an dem Ort, wo der mittlerweile wohl bekannteste weissrussische Verein beheimatet ist. Die Rede ist vom FC BATE. Oder ausgeschrieben Fussballclub Baryssau Automobil- und Traktor-Elektrik. Nun ist unschwer zu erraten, woher diese Werkmannschaft ihren Namen hat. Da die Stadt (wirklich!) keine Sehenswürdigkeiten bietet, machten wir uns via Taxi auf zum Spielort. Dieser ist am Stadtrand malerisch mitten in einem Kiefernwäldchen gelegen. Nicht nur die sternförmige Parkanlage sondern auch die löchrige Beschalung macht dieses Stadion einzigartig. Für einen Platz mittig auf der Gegentribüne sind fünf Rubel (gut zwei Euro) aufzuwenden. Bei Sonnenschein wurde nun also mein mittlerweile 34. Länderpunkt Tatsache. Das Spiel war überraschenderweise ziemlich ansehnlich, mit dem besseren Ende für den Gastgeber, der die Partie mit 1:0 Toren für sich entschied. Unter den 5’312 Zuschauern waren auch rund zwei Hundertschaften aus Brest zugegen, die mir bereits beim Europa-League-Spiel in Altach positiv auffielen. Auch heute zeigten sie eine feine Leistung und konnten neben einer hohen Mitmachquote zusätzlich mit einer Stroboshow gegen Spielende hin überzeugen. Auf der Heimseite fanden sich deutlich weniger Fans ein, die unter der Leitung der „Ultras BATE“ lediglich ein Fahnenintro präsentierten. Damit sei zu diesem Tag alles gesagt und gegen Mitternacht erreichten wir wieder der Hauptstadt.