Erstaunlich lange blieb die Republik Ungarn ein weisser Fleck auf meiner persönlichen Stadionkarte. Und dies obwohl sich eine allfällige Anreise simpel gestaltet und das Land auch in preislicher Hinsicht gewissen Reiz ausübt. Dass es nun endlich soweit ist, habe ich vor allem meiner guten Kollegin Selma zu verdanken. Als Stewardess tätig, vermachte sie mir zum Geburtstag einen ihrer Standby-Flüge. So konnte ich gratis und auf direktem Wege von Zürich in die ungarische Hauptstadt fliegen. Einziges Kriterium dieser sogenannten «Standby-Reisen» ist, dass eine Mitnahme nur möglich ist, wenn im Flugzeug mindestens ein Sitzplatz frei bleibt. Bei einem innereuropäischen Kurzstreckenflug beträgt dieses kleine Restrisiko beinahe null. Um dennoch sicherzugehen, entschied ich mich, diese Reise alleine anzutreten. So würde im unwahrscheinlichen Falle eines persönlichen «Groundings» nicht noch ein Mitreisender betroffen sein.

Nachdem ich die gewünschten Reisezeitraum auf sechs Tage im Juli der Flight Attendant meines Vertrauens mitgeteilt hatte und auch sie die Chancen auf eine Mitnahme als sehr gross einschätzte, ging es an die Planung. Zusammen mit den beiden europäischen Wettbewerben bastelte ich mir ein anständiges Programm rund um das Stadtderby von Budapest am Sonntagabend. Dabei spielte diese Partie hier aber keine Rolle, schliesslich wusste ich auch einfach nicht von ihr. Der Zufall wollte es, dass ich beim Besichtigen der neuen Spielstätte von MTK Budapest an diesem Stadion vorbei lief. Für ein kurzes Foto passierte ich die offenen Tore und wurde wenig später vom Platzwart darüber aufgeklärt, dass hier am heutigen Abend ein Testspiel gegen einen weiteren Zweitligisten über die Bühne gehen sollte.

Da es zeitlich mit dem Auftritt von Budapest Honved am späteren Abend keine Kollisionen gab, wurde diese Überraschung sehr gerne angenommen. Umso glücklicher bin ich nun im Nachhinein, schliesslich sollte es die einzige Partie des Tages bleiben; doch mehr dazu später.

Der Betriebssportklub der Verkehrsbetriebe von Budapest existiert bereits seit 1912 und sein Stadion, mit der altehrwürdigen Haupttribüne, bietet einem linkerhand einen idealen Blick auf dessen Firmenareal. Bei rund 34 Grad Aussentemperatur verliefen sich lediglich 75 Zuschauer im weiten Rund, von denen sich ein Grossteil ihres Oberteils entledigten. Doch auch das «Bauch zeigen» brachte nicht die gewünschte Wirkung mit sich, sodass die kurzweilige Partie gegen den Sportclub aus Budaörs, einer Stadt nahe Budapest, mit 0:0 endete.

Auf Tore durfte ich mir allerdings noch Hoffnungen machen, schliesslich empfing am späten Abend der amtierende Meister Honved in der Qualifikation zur Champions League die Mannschaft von Hapoel Be’er Scheva. In Kispest angekommen, wurde ich aber über das Geisterspiel aufgeklärt, welches den Gastgebern nach Ausschreitungen im letzten Duell aufgebrummt wurde. Lediglich ein Kontingent an Israeli durfte dieses Spiel im Stadioninnern mitverfolgen. Ein Ordner verwies mich jedoch auf das nebenanliegende Public Viewing der lokalen Fanszene. Hier gab es neben einer Leinwand vor allem billiges Bier, laute Unterstützung und viel Pyrotechnik zu bestaunen. Der Support von der anderen Seite der Stadionmauern schien sich aber nicht gelohnt zu haben, zumal Budapest Honved knapp gegen die Mannschaft aus Israel ausschied. Kein Besuch im Stadion Jozsef Bozsik für heute also, aber das Blatt sollten sich unerwartet noch zu meinen Gunsten wenden.