Seit langer Zeit hegte ich den Wunsch, einmal dem Stadtderby von Dublin beizuwohnen. Grund dafür sind die langjährigen Kontakte zwischen einigen St. Galler Fans und jenen des irischen Klubs Shamrock Rovers.
Umso mehr freute es mich, als ich an einem frühlingshaften Freitagnachmittag das Pub nahe dem Fluss Liffey betrat, welches die Anhänger des Kleeblatts zum Treffpunkt erkoren hatten. Fussball liegt in Irland in der Beliebtheitsskala deutlich hinter dem Gaelic Football. Entsprechend ernteten die rund 60 dunkel gekleideten Gestalten immer wieder verdutzte Blicke von Touristen und Einheimischen, als sie sich in den Abendstunden von der Polizei unentdeckt den Weg durch die Innenstadt zum Dalymount Park bahnten.
Die Heimstätte der Bohemians kann sich trotz abgerissener Gegentribüne sehen lassen. Die Inkonsequenz beim Umbau gründet im Norden der irischen Hauptstadt auf zwei Tatsachen: Einerseits hat sich mit dem Lokalrivalen Shelbourne ein designierter Mitnutzer zurückgezogen, andererseits sorgt eine asbestverseuchte Unterlage für eine deutlich kostenintensivere und kompliziertere Ausgangslage. So dürfte das Stadion mit seinen charmanten Stehtraversen, dem unebenen Spielfeld und dem einmaligen Panorama dank der nebenan liegenden Peterskirche noch länger als erwartet die Fussballfans erquicken.
Einzig der billige Wellblechverschlag auf der Gegengerade und das daraus resultierende reduzierte Gästekontingent trübte die Stimmung. Normalerweise decken 450 Tickets bei weitem die Nachfrage der Fans in irischen Gästeblöcken, in denen «Ultras» nicht selten ein nicht unumstrittenes Randdasein fristen. Bei einem Duell gegen den Erzrivalen unter Flutlicht sind aber die Plätze aller anwesenden 4’290 Zuschauer heiss begehrt. So wechselte ich denn auch erst in der Pause vom Fotografenplatz aus in den Gästeblock.
Während die Shamrock-Fans zu Spielbeginn mit einem martialischen Spruchband eine blutige Auseinandersetzung voraussagten, zeigten die «Bohs» rund um die Gruppierung «Notorious Boo Boys» (NBB) eine kleine Choreografie, die sie durch den Einsatz von Pyrotechnik untermalten.
Als schwach in die Sommermeisterschaft gestarteter Titelverteidiger feierten die Shamrock-Fans das überraschende 0:2 aus Sicht des favorisierten Tabellenführers entsprechend ausgelassen. Blut floss in einer hart geführten Partie aber nur im Gästeblock: An den Trennzäunen aufgeschnittene Handflächen war der emotionale Auswärtssieg aber allemal wert. Dublin’s Green and White!