Am nächsten Morgen stellten wir uns um kurz nach neun Uhr an die Bushaltestelle in der Hoffnung, dass bald ein Bus in Richtung Bahnhof fahren würde. Eine Zeit lang wurde gewartet, dann kreuzte aber tatsächlich einer auf und kurze Zeit später fand man sich am Bahnhof wieder. Hier bereits erstaunlich viel los, vor allem viele junge Leute säumten die Perrons. Um nach Brescia zu gelangen musste in Milano umgestiegen werden, was auch problemlos klappte, da man einen grossen Zeitpuffer eingebaut hatte und so die Verspätung des Regionalzuges nichts ausmachte. Trotzdem unglaublich, dass man auf elf Minuten Zugfahrt die Verspätung von fünf Minuten auf vierundzwanzig ausbauen kann.
Nach der Ankunft in der zweitgrössten Stadt der Lombardei machte man sich auf zum Hotel, welches sich ganz in der Nähe des Bahnhofs befand. Nachdem die Zimmertüre aufgeschlossen war dann erstmal eine Weile über die Modernität und den Komfort gestaunt, schliesslich war man in einem AC Hotel zu Gast, welches zur Marriott-Kette gehört. Zurück in der Altstadt, die übrigens ebenfalls sehr modern daherkommt, gönnte man sich ein Pistazien-Eis, ehe es per U-Bahn, auch hier wieder Spuren architektonischen Könnens zu finden, zum Stadion Mario Rigamonti ging. Dieses trägt den Namen zu Ehren vom gleichnamigen Spieler und Sohn der Stadt, der beim Flugzeugabsturz von Superga ums Leben kam. Bis zur Partie blieb noch knapp eine Stunde, ich wollte aber sichergehen zumal man in Italien nicht selten als Fremder Probleme beim Ticketkauf hat. So aber nicht heute, das Ganze ging zum Glück nach Aufnahme der Personalien problemlos, trotzdem bleibt beim Preis von 20 Euro für einen Studenten ein fader Beigeschmack.
Plätze hatten wir auf der unüberdachten Gegentribüne, mit bester Sicht auf die Heimfans in der Curva Nord. Das Stadion gehört sicherlich zur besonderen Sorte. Zum heutigen Spiel kamen bei Prachtswetter bei einem Fassungsvermögen von mehr als 27‘000 Plätzen lediglich 5‘288 Zuschauer. Ein Grund dafür ist sicherlich die sportliche Situation, welche beim Heimteam alles andere als rosig aussieht. Die Hausherren liegen mit nur einem Saisonsieg momentan auf dem 18. Rang. Wesentlich besser läuft es den heutigen Gästen, die momentan auf Platz sechs fungieren. Heute sollte aber der erste Heimsieg her! An der Unterstützung fehlte es wahrlich nicht. Neben einer imposanten Curva Nord hat sich eine zweite Fangruppierung auf der Gegentribüne niedergelassen und sorgt für zusätzliche Stimmung. Aus dem Piemont waren nur wenige Gäste angereist.
In der ersten Halbzeit war die Partie dann recht langweilig, die Gastgeber zwar bemüht und mit spielerischen Vorteilen, der letzte Pass fand jedoch nur selten einen Abnehmer. Somit ging es mit dem torlosen Unentschieden in die Pause. Im zweiten Durchgang wurde die Hitzeschlacht dann etwas interessanter und die Hausherren drückten auf den Führungstreffer. Dieser wurde in der 70. Minute dann auch Tatsache. Antonio Caracciolo traf zum vielumjubelten 1:0. Aber noch bevor der Jubel richtig ausgeklungen war kamen die Gäste nach einem schnellen Angriff zu einem Eckball. Die Standardsituation in der 71. Minute stellte sich als optimale Ausgleichsmöglichkeit heraus, die Ettore Marchi nach diversen Missverständnissen in der heimischen Abwehr eiskalt zum 1:1 auszunützen wusste. Ein weiteres Mal sollte es also wieder nicht klappen mit dem ersten Heimsieg der Saison, wird sich der pessimistische Stadiongänger gesagt haben. Doch in der 80. Minute erlöste Ahmad Benali die Anhänger des Heimteams und schob den Ball am Gästetorwart vorbei ins Netz zur neuerlichen 2:1 Führung. Das Stadion wurde wieder zum absoluten Tollhaus. Dieses Mal schafften es die Hausherren aber, die Führung trotz fünfminütiger Nachspielzeit über die Zeit zu retten und den ersten Heimsieg der Saison einzufahren. Auswirkungen auf die Tabelle hat dieser Dreier auch, die Mannschaft aus Brescia ist nun auf Platz 13 zu finden. Ein gelungener Nachmittag mit bestem Fussballwetter also!
Nach dem Schlusspfiff wieder mit der Metro zurück ins historische Stadtzentrum, wo man noch ein bisschen Sightseeing betrieb und anschliessend in einem Restaurant gut speiste. Zum Schluss wurde noch ein grosses Shoppingcenter in der Nähe des Hotels besucht ehe es ins Zimmer ging, da am nächsten Morgen relativ früh der Wecker klingeln sollte. Im Nachhinein hat mich übrigens noch ein Kumpel darauf angesprochen, dass ich nun Spiele in allen Nachbarländern der Schweiz gesehen habe. War mir nicht aufgefallen, stimmt aber tatsächlich!