«Viertliga-Stadt» nennt Nick Hornby ein Kapitel von «Fever Pitch» kurz vor der Buchmitte, in dem er über Cambridge spricht. Ausgerechnet Hornby, der glühende Arsenal-Fan, dessen Liebeserklärung an den Londoner Klub gar verfilmt wurde, ging mehrere Jahre fremd – mit Cambridge United.

Doch der britische Autor sah im damaligen Viertligisten keine Konkurrenz für seine eigentliche Liebe. Viel eher war der Klub ein Ersatz für ihn, der seine Studienzeit in Cambridge verbracht hatte. Ersatz für die hochklassigen Spiele im Highbury, die Hornby in seiner Geschichte derart gekonnt beschreibt. Im Osten Englands schwärmt er hingegen von den Nebengeräuschen des Fussballs, dem alten Stadion oder dem sportlichen Unvermögen einiger Spieler.

Tatsächlich lassen sich bis heute, 44 Jahre nach Hornbys ersten Spielbesuchen in Cambridge, Gemeinsamkeiten erkennen. Wie 1978 sind die «U‘s» soeben in die 3. Liga aufgestiegen. Und auch im Abbey Stadium, das seinen Namen dem Vorgängerverein Abbey United und der wiederum dem gleichnamigen Stadtteil verdankt, scheint die Zeit stehen geblieben: Der Fan blickt auf eine Haupttribüne mit Giebeldach aus Wellblech, nachdem er den schmalen Eingang und das rostige Drehkreuz passiert hat. Wer die Toiletten aufsucht, betritt ein Verlies aus Bachstein, und jene, die ihren Stehplatz auf der Tribüne einnehmen, werden in schummriges, oranges Licht getaucht.

Mit 7’937 Zuschauern ist das Stadion bei diesem FA-Cup-Spiel so gut gefüllt, wie seit 5 Jahren nicht mehr. Das ist auch den rund 1‘500 mitgereisten Fans aus dem nahegelegenen Luton zu verdanken, die ihren Zweitligisten zum K.o.-Spiel begleiten. Sie besetzen die ganze Hintertortribüne, die überraschend weit hinter der Grundlinie liegt. Wie mir ein Fan zur Halbzeitpause erklärt, sollte das Spielfeld einst näher an diese neue Tribüne herangerückt werden, doch vor der Insolvenz stehend, hat sich Cambridge den Umbau anders überlegt. So erinnert im engen Stadion nur der Rasenstreifen vor dem Gästeblock an die einst grossen Pläne.

So heruntergekommen das Stadion, so pittoresk die Geburtsstadt der Band «Pink Floyd» am Fluss Cam. Mit ihrer «Mathematical Bridge», dem «King’s College» sowie dessen Kapelle im spätgotischen Stil bietet die Heimat der renommierten «University of Cambridge» zahlreiche Gründe für eine halbstündige Zugfahrt nordwärts, statt sich am Flughafen Stansted vom Strom der Pauschaltouristen in die entgegengesetzte Richtung nach London leiten zu lassen.

Im ausverkauften Abbey Stadium hat sich bis zum Anpfiff unter Flutlicht eine regelrechte Euphorie ausgebereitet, auch weil United in der vorangehenden Runde völlig überraschend beim neureichen Klub aus Newcastle gewonnen hat. «Vielleicht war heute deshalb die Luft draussen», konstatiert Connor eineinhalb Stunden und 0:3 Tore später. Der kleine Engländer, der uns mit Tickets ausgestattet hat, scheint erschöpft, nachdem er die Stimmung rund um die «Amber Army» das ganze Spiel über mit der Trommel angekurbelt hat – Hornby hätte dieser Abend bestimmt dennoch gut gefallen.