Tickets für das italienische Spitzenspiel zwischen Juventus und Napoli stellten sich schlussendlich doch als beliebter heraus wie gedacht und so standen Cédric und ich vor einem spielfreien Samstag an unserem Wochenende in Italien. Die Alternativen waren rar gesät und Carpi bekam schliesslich einzig darum den Zuschlag, weil wir uns fest auf zwei Spiele gefreut haben und der Serie-A-Absteiger seit einigen Wochen wieder in seinem eigentlichen Stadion die Heimspiele austragen darf.

Während ihrem einjährigen Abenteuer in der Serie A musste Carpi seine Heimspiele im nahe gelegenen Modena austragen und da dieses Stadion für den momentan Tabellendritten bei weniger attraktiven Gegnern deutlich zu gross ist, entschieden sich die Verantwortlichen, wieder zurück nach Carpi zu ziehen. Hier steht das Stadio Sandro Cabassi, das als ursprüngliches Radstadion mit seinen knapp 5’000 Plätzen völlig ausreicht. Wie schon beim letzten Besuch von Cédric und mir in Italien gibt es als Vorspeise vor dem Duell aus der ersten Liga also ein «Schmackerl» zweiter Klasse. Ebenfalls kein Novum stellte die Art der Anreise dar, nämlich kostenfrei mit dem letzten Zug bis an die Schweizer Grenze ins Tessin zu fahren und sich dort im geöffneten Zollhäuschen einige Stunden auf das Ohr zu hauen. Von unserer kleinen Insiderunterkunft hätte wohl auch gerne der Obdachlose gewusst, der am Bahnhof von Chiasso vor unseren Augen vom Reinigungspersonal regelrecht aus dem Zug geworfen wurde.

Am Morgen führte uns der Weg mit der Regionalbahn vorbei an Parma und Modena bis nach Carpi. Hier blieb, wie eigentlich immer, genügend Zeit für einen Stadtrundgang sowie einen Abstecher an den gut bevölkerten Markt. Natürlich durfte auch eine schmackhafte Lasagne zur Tageshälfte nicht fehlen, ehe wir bei angenehmen Temperaturen in Richtung Spielstätte schlenderten. Die Eintrittskarten (11 Euro für die Gegentribüne) hatten wir uns bereits im Voraus gesichert und so blieb noch ein wenig Zeit, sich auf den roten Sitzschalen breitzumachen und die Heimkurve auf der Stahlrohrrtribüne hinter dem Tor einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Das stimmliche Zentrum bildet eine Gruppe mit dem Namen «Irriducibili», flankiert von einigen weiteren Gestalten mitsamt ihren Zaun- und Schwenkfahnen. Zwar im deutlich kleineren Rahmen als bei der bekannteren Gruppierung mit demselben Namen von Lazio Rom, diese wurde jedoch erst vier Jahre nach jener aus Carpi ins Leben gerufen. Im Gegensatz zu «den Unbeugsamen» aus Carpi, ist das Pendant aus der Hauptstadt für ihre rechte Gesinnung bekannt und somit ist der Zusammenhang zum heutigen Gegner geschaffen. Dieser schart neben Hellas Verona und eben Lazio Rom die wohl bekannteste rechtsradikale Anhängerschaft Italiens um sich. So machen sich Ascoli-Fans aus ihren politischen Ansichten auch heute keinen Hehl und es zieren oder wehen im Herbstwind von Carpi so einige Fahnen, die in der Heimat dem einen oder anderen Verfassungsschützer die Haare zu Berge stehen liessen.

Die stolze Zahl an mitgereisten Anhängern durfte nach einigen Minuten ein erstes Mal jubeln, als sich die Akteure in Schwarz-Weiss vor 2’694 Zuschauer erfolgreich durch die Abwehr der Gastgeber kombinierten. In der Folge wurde die Partie durch viele Unterbrechungen sowie zwei Verletzungen geprägt, ehe die Spechte (Picchio) aus Ascoli den Treffer zum 0:2 markierten. Ähnlich wie die Herrschaften auf dem Rasen, präsentierte sich auch die Heimkurve mit angezogener Handbremse. Da hätte ich im zweiten Heimspiel nach einer Saison im Exil doch etwas mehr erwartet. Trotzdem war die Begegnung ein würdiges Alternativprogramm in Aussicht auf die morgige Partie in Bergamo.

Dieses Bergamo visierten wir nach dem Schlusspfiff an. Und während wir bei einem wunderbaren Sonnenuntergang durch die Po-Ebene in Richtung nördliches Italien ratterten, zeigte sich bei mir der Preis von drei Fussballspielen (darunter zwei Wochentermine) in den letzten vier Tagen.