AS Roma - Chelsea FC

Vielen werden sich gewundert haben, warum sich denn die beiden oben genannten Mannschaften am diesem sonnigen Freitagabend gegenüberstanden, zumal sie doch in zwei völlig verschiedenen Ländern jeweils der schönsten Nebensache der Welt nachgehen. Der Anlass dafür war das Halbfinale der Youth League, quasi die Champions League der jungen Erwachsenen. Über den Sinn einer solchen europäischen Jugend-Liga kann man definitiv streiten. Und dass das Ganze weniger als eine Stunde von mir entfernt über die Bühne ging und nicht wie vielleicht erwartet an der Stamford Bridge oder im Stadio Olimpico ist ebenfalls recht einfach zu erklären. Seit der ersten Durchführung dieser Liga für die Stars von Morgen vor ein paar Jahren wurden die Halb- und Finalspiele jeweils in Nyon durchgeführt, welches bekanntlich nicht nur wunderschön am Genfersee liegt sondern auch Hauptsitz der UEFA, in diesem Falle der Veranstalter, ist. Glück für mich also.

Eigentlich hätte ich gerne die Finalpartie gesehen, die netten Herren des Verbandes setzten die Partie aber mitten in den Montagnachmittag und da man natürlich ein verantwortungsvoller Mitarbeiter ist, erübrigte sich ein Besuch an diesem Finale. Stattdessen sollte es am Freitag direkt nach der Arbeit in Richtung Nyon und damit auch in Richtung Wochenende gehen, wo sich im zweiten Halbfinale die Blues und die Giallorossi gegenüberstanden.

Tickets konnte man übrigens nur gewinnen oder vor Ort kaufen und abholen, allerdings nur an ausgewählten Tagen und nur am Hauptsitz selbst. Am Spieltag selbst wurden keine Karten mehr verkauft. Ziemlich komisch das Ganze. Trotzdem waren alle drei Partien mit jeweils 3’000 Zuschauern gut besucht.

Für mich ging es nach der Leibesvisitation an den Verpflegungsstand und anschliessend auf die ansteigende Wiese, welche hier vor Ort die natürliche Gegentribüne bildet. Auf der Tribüne waren nur Offizielle und sonstige Wichtigtuer zugelassen. Natürlich waren auch viele Scouts zugegen, welche das Treiben auf dem Platz eifrig analysierten.

Hab aber keinen gefunden, der mir einen kurzen Matchbericht verfassen wollte und so muss man dies wieder einmal selber machen. Also: Chelsea war insgesamt eindeutig die spielstärkere Equipe während bei den Italienern lediglich Einzelspieler herausragten, welche aber nach den Gegentoren jeweils mehr und mehr von den restlichen Mitspielern genervt waren. So gar nicht „Profi-Like“, mit Hände verwerfen und allem. Sollten mal nach St. Gallen kommen, da verwirft auch keiner der Akteure bei einem Fehlpass die Hände. Vielleicht auch einfach weil sie alle in etwa gleich wenig drauf haben…

Das Niveau war zeitweise wirklich gut, wobei mir bei Chelsea vor allem Charlie Colkett, Dominic Solanke und Isaiah Brown positiv aufgefallen sind. Bei den Italiernen waren Francesco di Mariano und Manuele Pellegrini überdurchschnittlich stark. In ein paar Jahren dann mal schauen, was denn meine Scoutfähigkeiten so taugen. Einige der oben genannten Akteure steuerten dann auch das eine oder andere Tor zum verdienten 0:4 Sieg für die englischen Hauptstädter herbei. Im Finale vom Montag trafen sie dann übrigens auf Shakhtar Donetsk, welches im Halbfinale den RSC Anderlecht ausgeschaltet hatte. Erneut hatte Chelsea auf dem Rasen des Drittligisten Stade Nyonnais die Nase vorn und entschied das Endspiel mit 3:2 Toren für sich. Turniertopscorer wurde der Chelsea Stürmer Dominic Solanke mit starken 12 Treffern.

Für Lacher sorgte übrigens noch die Durchsage des Speakers, welcher darauf hinwies, dass ein Zuschauer seinen Hund im Auto gelassen hatte und jener bei diesem Wetter dringend frische Luft brauchte. Direkt auf diese Durchsage wurde das Lied Too Close eingespielt, welches mit den Worten „You know I’m not one to break promises, I don’t want to hurt you but I need to breathe. At the end of it all, you’re still my best friend“ beginnt.

Ich halte es jetzt einfach mal für einen lustigen Zufall und nicht für etwas makaberen Humor, den die Speaker hier an den Tag legten…


Olympique Marseille – Paris Saint-Germain (05.04.15)

„Das muss ich unbedingt hin“ sind meine Worte gewesen sein, als ich das neue Stadion von Olympique Marseille das erste Mal gesehen habe. Vor ziemlich genau vier Jahren begannen die Verantwortlichen in Südfrankreich mit der Renovierung der Spielstätte hinsichtlich der Europameisterschaft im eigenen Land. Bereits davor hatte mir das Stade Vélodrome mit seinen mächtigen Tribünen gefallen, mit der neuen Dachkonstruktion wirkt das Stadion aber noch einmal um ein Vielfaches pompöser. Die alte Haupttribüne musste einer grösseren Muscheltribüne weichen, während die drei anderen Tribünen ihre Form behielten.

Genug geschwärmt! Bis es mit einem Besuch soweit war, waren einige Hürden zu nehmen – angefangen mit der Suche für ein angemessenes Spiel. Als ich nach dem Jahreswechsel sah, dass am Osterwochenende Paris St. Germain in Südfrankreich zu Gast sein wird, hatte ich einen Entschluss gefasst, da ich dank den beiden Feiertagen auch den Sonntagabend ohne Urlaubstag abdecken konnte, an dem dieses Spiel wohl stattfinden würde.

Mit meinem Namensvetter hatte ich schnell einen Begleiter gefunden, der von der Idee begeistert war. Begeistert war auch ich, als ich kurz darauf einen Hin- und Rückflug für schlappe 79.- Franken buchte. Anbieter war die Airline Darwin, die unter dem Namen Etihad Regional diese Verbindung bedient. Nun konnte ich zum schwierigsten Teil übergehen, dem Beschaffen zweier Tickets, denn das Spiel entwickelte sich zum ultimativen Spitzenkampf. So erstellte ich im Voraus einen Account und abonnierte den Newsletter. Dennoch gab es, als ich in der virtuellen Warteschlange endlich an die Reihe kam, nur noch wenige Restkarten. Trotzdem reichte es für zwei Tickets auf der Haupttribüne.

Kaum war ich alle Sorgen los, sorgte Etihad Regional an einem regnerischen Wochentag für einen Paukenschlag. Der „Dear Customer“ musste leider darüber informiert werden, dass der Flug nach Marseille annulliert wurde. Wer einen Ersatzflug möcjhte, soll sich in den nächsten Tagen bei ihnen melden. Grund für die Annullierung war, dass Etihad Regional mit einer Vorschrift der Schweizerischen Luftfahrtbehörde (BAZL) in Berührung kam und sich die Strecke für sie grob gesagt nicht mehr rentierte. Grund genug für Darwin, kurzfristig dreissig Flüge zu streichen.  So blieb uns nichts anderes übrig, als um eine Alternativroute zu betteln, wobei bei mir der Service bescheiden ausfiel. Erst bekam ich auf meine Mails gar keine Antwort, ehe ich eine lächerliche Variante mit dem Zug vorgeschlagen bekam, schlussendlich wurde mir und dem Namensvetter aber doch noch ein Flugticket kostenneutral via Paris ausgestellt. Abflugtag war derselbe, durch den Abflug am Nachmittag und dem langen Aufenthalt in Paris verloren wir aber einen ganzen Ferientag.

Kurz vor Mitternacht setzte unsere Maschine schliesslich mit Verspätung am Flughafen Marseille Provencal auf und wir hatten Glück, mit Ach und Krach den letzten Bus des Tages zu erreichen. Nach etwas mehr als 20 Minuten Fahrt erreichten wir die Innenstadt, wo wir mit der Metro bis zum Hotel fuhren. Dort raubte mir der junge Mann an der Rezeption noch die letzten Nerven des Tages, als er penetrant behauptete, dass wir das Hotel noch nicht bezahlt hätten. Immerhin gelang es mir, die Sache am nächsten Morgen zu regeln und so ging es für uns nach einem langen Tag endlich in die Horizontale. Pünktlich am nächsten Morgen standen wir an der Rezeption, wo sich der Chef höchstpersönlich bei uns für den forschen Auftritt seines Mitarbeiters entschuldigte und uns versicherte, dass wir bereits alle Rechnungen beglichen hatten.

Für uns stand ein Ausflug nach Cassis an, einem malerischen Fischerstädtchen östlich von Marseille. Bei wunderschönem Wetter machten wir uns per Zug auf nach Cassis, wovon bei der Ankunft nichts zu sehen ist. Erst nach einer knappen halben Stunde zu Fuss erreicht der Tourist die ersten Häuser. Der Weg zur Küste führt durch Saatfelder und schöne Anwesen. Das Dorf selbst liegt malerisch zwischen Felsen eingebettet an der Côte d’Azur und wir entschieden uns für eine Erkundungstour, die mehrere Stunden beanspruchte. So verging der Tag in Windeseile und wir machten uns am Abend wieder auf nach Marseille, wo wir den Abend mit algerischen Spezialitäten im Quartierrestaurant verbrachten.

Und dann kam er auch schon, der Spieltag. Ursprünglich hatten wir noch mit einem Spiel in Nizza und Montpellier geliebäugelt, beliessen es aber bei diesem Kracher, um mehr Zeit für Kulturelles zu haben. Neben einem Stadtrundgang besuchten wir so auch das eine oder andere Museum, wobei eher moderne Kunst im Vordergrund stand.

Da wir mit einem Chaos in Stadionnähe rechneten, ging es schon knapp drei Stunden vor Anpfiff los. Die frühe Anreise war ein Segen, denn als wir vor dem Stadion ankamen, ging es drunter und drüber. Wir liefen nicht nur zufällig in einen Mob von Marseille-Fans hinein, die Steine auf die Polizei und den Mannschaftscar von PSG schmissen, sondern mussten auch wieder fluchtartig kehrt machen, um nicht von einem Geschoss oder Tränengas getroffen zu werden. Aus sicherer Entfernung beobachteten wir das Geschehen und bekamen nebst viel Pyrotechnik und Böller auch einige Exemplare vom freundlich gesinnten Sampdoria zu Gesicht. Der Hass gegen die Hauptstadt Paris ist hier allgegenwärtig.

Nach der Aufruhr ging es für uns ins Stadion, wo wir unsere Plätze im obersten Rang der Haupttribüne einnahmen. Einfach nur wow! Der Support begann bereits eine Stunde vor Anpfiff und die Zeit verging wie im Flug, ehe der Einlauf der Mannschaften für den nächsten Gänsehautmoment sorgte. Eine gigantische Choreo erstrahlte über alle vier Tribünen, wobei wir das Glück hatten, auf jener Tribüne zu sitzen, die „nur“ blaue Fähnchen geschwenkt hatte. Bereits vor Anpfiff waren damit unsere Erwartungen erfüllt, doch auch das Spiel enttäuschte uns nicht. Vom frenetischen Heimanhang angetrieben, erarbeiteten sich die Gastgeber immer wieder Chancen zur Führung. Bei Eckbällen für die Hauptstädter kippte die Stimmung jeweils in Hass um und Lavezzi tat einem richtig leid, als er an der Eckfahne von Gegenständen eingedeckt wurde und die Partie erst nach mahnenden Worten des Schiedsrichters weitergeführt werden konnte. Nach einer halben Stunde endete ein Angriff der Hausherren in totaler Ekstase bei den 65’148 Zuschauern. Topscorer André-Pierre Gignac traf zur Führung für Marseille.

Nur Minuten später kehrte im Vélodrome, das heute einen neuen Zuschauerrekord verzeichnete, Totenstille ein. Blaise Matuidi traf mit per Schlenzer wunderschön zum Ausgleich – im rundum vergitterten Gästesektor gab es daraufhin kein Halten mehr. Doch OM liess sich vom Gegentor nicht beeindrucken und erneut war es André-Pierre Gignac, der die Pariser mit seinem zweiten Tor kurz vor der Pause schockte. Die Stimmung war nun kaum in Worte zu fassen.

Im zweiten Durchschnitt zeigten die Hauptstädter dann, wieso sie als Favorit ins Meisterrennen gehen. Mit gutem Spiel gegen den Ball und einzelnen Nadelstichen, von denen der Brasilianer Marquinhos einen zum Ausgleich nutzte, meldeten sich die Gäste zurück. Und nur zwei Minuten nach dem Ausgleich bugsierte ein Marseille-Verteidiger den Ball unglücklich ins eigene Tor, nachdem er im Zweikampf von Zlatan Ibrahimovic bedrängt wurde. Marseille-Coach Bielsa reagierte und brachte Ocampos für den unglücklichen Thauvin, doch auch er konnte die knappe 2:3-Niederlage gegen den „Feind“ nicht mehr abwenden. Für einen letzten Aufreger sorgte Andrew Ayew, der in der Nachspielzeit die rote Karte Karton für überhartes Einsteigen gezeigt bekam. Schade, dass es in diesem Hexenkessel nicht zum Punktgewinn gereicht hat.

Nach einer ruhigen Nacht hiess es für uns am nächsten Tag wieder in die Heimat aufzubrechen. Im Gepäck Erinnerungen an ein geniales Stadion, schöne Strände in Cassis und an eine Stadt, in der man sich, wenn man keinen Marseille-Trainer trägt, gleich ein wenig unwohl fühlt.


Étoile Carouge FC - FC Köniz

Ich bin Spielen unter der Woche nicht abgeneigt und so ging es an diesem Donnerstag nach der Arbeit mit dem Zug nach Genf und von dort weiter mit dem Tram bis kurz vor die französische Grenze, wo das drittklassige Étoile Carouge unweit der Heimat von Servette Genf zum Heimspiel lädt.

Wer Étoile Carouge zusehen will, zahlt je nach Alter entweder fünf oder zehn Franken Eintritt und kann sich anschliessend auf die Tribüne oder auf die Betonstufen auf den anderen zwei Seiten setzen. Nur hinter einem Tor findet sich kein Ausbau. Das Stadion verfügt weiter über einen Gästeblock, ein Überbleibsel aus der Saison 2011/12, wo die Genfer in der zweiten Liga gespielt haben und dabei unter anderem auf den FC St. Gallen trafen.

Für beide Mannschaften geht es heute um nicht mehr viel, da mit der SR Delémont und dem FC Locarno die Absteiger wohl bereits gefunden sind und mit Neuchâtel Xamax auch der verdienter Aufsteiger feststeht. Für die Abstiegsprognosen will ich zwar keine Verantwortung übernehmen, aber im Moment sieht es für die zwei Teams, die noch vor wenigen Jahren in der zweiten Liga gespielt haben, echt düster aus.

Zurück nach Carouge, wo sich die beiden Teams ein Duell auf Augenhöhe liefern mit dem logischen Resultat: ein 2:2-Unentschieden. Aufgrund des Termins unter der Woche ist das Interesse bescheiden und nur 150 Zuschauer sind im Stade de la Fontenette zugegen. Eigentlich darf diese Ausrede nicht gelten, da mit dem Karfreitag das verlängerte Osterwochenende ansteht, wobei wir bereits beim nächsten Beitrag sind…


FC Augsburg II – FC Nürnberg II (28.03.15)

Mit einem Wochenende in München mit Freunden und einem Besuch im Augsburger Rosenaustadion überbrückte ich die Länderspielpause. Der fussballerische Teil der Reise beginnt am Samstagmittag am Bahnhof von München, von wo aus es eine halbe Stunde dauert, ehe der Fahrgast Augsburg erreicht. Übrigens: Die im letzten Beitrag gestartete Serie zweideutiger Ortsnamen reisst nicht ab, wie ihr hier sehen könnt.

In Augsburg angekommen, fragt ich aus Neugier eine Frau hinter dem Steuer eines Taxis, was sie für die Fahrt zu Rosenaustadion wolle. 16 Euro sind zehn zuviel und so machte ich mich zu Fuss auf zur alten Heimat des FCA.

Hier wird dem Fussballfan zum Preis von fünf Euro Einlass gewährt. Obacht, wer plant seinen Velohelm mit ins Stadion zu nehmen! In den Augen des Augsburger Sicherheitsdienst stellt dieser ein zu grosses Sicherheitsrisiko dar und so musste der alte Mann vor mir seinen Helm doch tatsächlich kostenpflichtig aufgeben. Ich bin mir sicher, dass er das Ding ansonsten wutentbrannt über die breite Laufbahn auf einen der Spieler geschmissen hätte.

Spass beiseite, denn die Partie der Regionalliga Bayern beginnt mit einer Schweigeminute zu Ehren der Opfer des Flugzeugabsturzes von Germanwings. Danach war gemütliches Zurücklehnen bei frühlingshaften Temperaturen angesagt. Die erste Chance hatten die Gäste aus Nürnberg nach einer knappen Viertelstunde, deren Stürmer fand im FCA-Goalie aber seinen Meister. In der Folge war der Gastgeber das spielbestimmende Team, was die momentane Tabellensituation widerspiegelt. Trotzdem wünsche ich mir, dass landesweit keine Zweitmannschaften in den Profifussball aufsteigen, da dies aufgrund der fehlenden Attraktivität nicht nur den Traditionalisten Einnahmen nimmt, sondern weil ein Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen einfach auch spannender ist, als dieses Spiel, das – auch in der Länderspielpause – nur gerade 360 Zuschauer anlockt.

Die wenigen Anwesenden durften sich in der 51. Minute ab dem wunderschönen Treffer von Johannes Müller ergötzen, der seine Rot-Grün-Weissen verdient mit 1:0 in Führung brachte. In der Folge änderte sich am Spielstand trotz Bemühungen auf beiden Seiten nichts mehr und der FCA kam in der alten Heimat zu einem verdienten Sieg. Highlight ist aber das Stadion mit seiner geschwungene Haupttribüne und den riesigen Steh- und Sitztraversen rundherum. Dass die Anzeigetafel von Hand bedient wird, rundet die Heimstätte der ersten Mannschaft bis vor sechs Jahren passend ab.


FC Oberwallis Naters - FC Stade Lausanne-Ouchy

Die Nachholspiele im Schweizer Amateurfussball haben sich bei mir zum Fixpunkt gemausert. So bevorzuge ich denn auch am vierten Mittwoch in Folge den Spielfeldrand der heimische Couch. Ein Spiel zwischen dem FC Naters und meinem Quartierverein Stade Lausanne-Ouchy lockte mich ins Oberwallis.

Und auch wenn heute nicht der Slogan „Support your local Team“ meinen Spielbesuch begründet, empfehle ich euch, statt eine Spieltagskonferenz auf einem Pay-TV-Sender am Samstag doch einmal bei eurem Quartierverein vorbeizuschauen. Zwar gibt es dort keine Alaba-Freistösse oder Bale-Temporushs, viel eher aber trifft man auf den Lehrer von früher oder erspäht auf dem Spielfeld den Nachbarsjungen, der noch vor einigen Jahren bei den C-Junioren gespielt hat.

Um ein Haar verpasste ich den Zug ins Oberwallis, doch die Freude, dass es doch noch gereicht hat, trübte mein Regenschirm, der – bei starken Regenfällen – noch immer an der heimischen Garderobe hängen musste. Zwei Stunden später erreichte ich den Bahnhof in Brig. Von dort brachte mich der Bus bis zur Sportanlage Stapfen. Zielort des Busses ist übrigens ein kleiner Weiler namens „Bitsch“. Die Gemeinde hat tatsächlich Probleme mit Dieben, die in der Nacht jeweils das Ortsschild abschrauben.

Spätestens, wenn dich im Bus jeder begrüsst, merkst du, dass du auf dem Land bist. So rätselte ich auf der Fahrt im Bus über zwei Jungs, welche Sprache sie wohl sprechen. Es stellte sich dann heraus, dass es doch nur die „fünfte Landessprache“, also Walliserdeutsch in Extremform war. Von der geografischen Lage ist der kleine Ort auch interessant. So liegt Milano wesentlich näher als zum Beispiel Lausanne. Auch nur wenige Kilometer vom Spielort entfernt, schmelzt der Aletschgletscher vor sich hin.

So wie der Gletscher plätscherte in der Anfangsphase auch das Spiel vor sich hin. Nach einer Viertelstunde nahmen die Lausanner ein Geschenk der Gastgeber dankend an und trafen zum 0:1. Der Favorit und Aufstiegskandidat aus Lausanne gab sich auch in der Folge keine Blösse und spielte souverän, was über die Spieldauer zu drei weiteren drei Treffern führte. Ein verdienter 0:4-Auswärtssieg im Dauerregen vor 150 Zuschauern. Gut möglich, dass die Gäste in der nächsten Saison in der drittklassigen Promotion League spielen.


FC Concordia Lausanne - FC Champvent

Der Amateurfussball ist in der Schweiz zurück aus seinem Winterschlaf und so gab es an diesem Wochenende keine Fussballreise ins Ausland und stattdessen unterklassige Fussballkost im heimischen Lausanne.

Mit der Metro und dem Bus erreichte ich den Austragungsort, der gegenüber der Pontaise liegt, dem Zuhause des Zweitligisten Lausanne-Sport. Dieser Austragungsort heisst Stade de Bois-Gentil, zu Deutsch „Stadion des Seidelbasts“, und verfügt nebst einer schönen Holztribüne auch noch über einige Stehstufen, die zurück in den Besitz der Natur übergehen. Augenscheinlich, dass an der der Anlage der Zahn der Zeit nagt, was sie aber authentischer.

Das Stadion ist Heimat für mehrere Mannschaft, eigentlicher Herr im Haus ist aber der heutige Gastgeber Concordia Lausanne, der in der sechsten Spielklasse auf Punktejagd geht. Sein heutiger Gegner kommt aus dem Jura und befindet sich im Niemandsland der Tabelle, mehr ergab meine Recherche im Vorab nicht und so liess ich mich überraschen. Nach dem Bezahlen des Eintrittspreises (5.- Franken) steuerte ich die Gegengerade an, die ich ganz für mich und meinen Regenschirm alleine hatte. Die Partie wusste, abgesehen vom Zeitspiel des Gästetorhüters, auf Anhieb zu gefallen. Eine Unart, die ich in den Schlussminuten eines Champions-League-Finals verstehe, aber doch bitte nicht bei einem bedeutungslosen Amateurspiel vor rund 60 Zuschauern.

Wenn die eigene Mannschaft dann bis zur Pause noch mit zwei Toren führt, ergibt sich für das Verhalten des Torhüters sowieso keine gute Begründung. Es sei denn, er ahnte Böses. Denn in Halbzeit zwei spielte sich Aufstiegsaspirant Concordia in einen Rausch und schenkte den Jurassiern ganze fünf Tore ein. Angesichts dieser eindeutigen Leistungssteigerung geht das 5:2 für die Gastgeber aber in Ordnung.

Nach dem Schlusspfiff hätte auf der anderen Strassenseite noch die zweite Halbzeit zwischen Lausanne-Sport und dem FC Schaffhausen frohlockt, doch die garstigen Bedingungen trieben mich auf direktem Weg zurück in die Wärme.


FC Biel - FC Winterthur

Eine Rückblende: Vor etwas mehr als Jahr war ich das erste Mal auf der Bieler Gurzelen zu Gast. Am Stadion angekommen, folgte mit der Absage aufgrund der schlechten Platzverhältnisse der Schock. Die Absage war richtig, wie sich bei meiner persönlich Platzinspektion herausstellte. Ganz im Gegensatz zum Besuch vor einem Monat, als ich wiederum erst vor dem Stadion von der kurzfristigen Absage erfuhr. Dieses Mal wäre der Platz durchaus bespielbar gewesen.

So hiess es, ein drittes Mal nach Biel zu reisen – wenn möglich bereits am Nachholtermin. Dieser stand am kommenden Mittwoch an und trotz mehrmaliger Kontrolle hatte ich ein schlechtes Gefühl, als ich in Lausanne den Zug bestieg. Meine Sorge war aber unbegründet und so entschädigten die friedliche Stimmung, der Wurstgeruch und das gute Wetter für die beiden Fehlversuche in Biel. Damit nutzte ich eine der letzten Möglichkeiten um das altehrwürdige Stadion der Seeländer zu besuchen, die Ende Saison die Tissot Arena im Norden der Stadt beziehen. Ob der FC Biel sein neues Stadion allenfalls in der dritten Liga einweihen muss, steht in den Sternen, da er zurzeit am Tabellenende um jeden Punkt gegen den Abstieg kämpft. Abstieg und Stadioneinweihung, da war doch was  – Regensburg, St. Gallen?

Mit einem Sieg heute gegen Winterthur könnten sie zumindest kurzfristig die rote Laterne an Le Mont weitergeben. Keine einfache Aufgabe und so lagen die Gastgeber denn auch bereits nach vier Minuten in Rückstand. Doch die Seeländer zeigten Moral und kehrten das Spiel noch vor der Pause mit einem Doppelschlag. In der zweiten Hälfte gelangen den Bielern vor 982 Zuschauer zwei weitere Treffer und so gewannen sie gleich mit 4:1 gegen die Winterthurer.

Die Gurzelen verfügt über eine schöne Haupttribüne mit Holzbänken imd über eine zweistöckige Gegentribüne, bei welcher der untere Teil Stehplätze darstellt. Auf Fanebene ging heute gar nichts, was mich enttäuschte. Zumindest von den Gästen hätte ich ein paar Leute vor Ort erwartet. Die frühe Anpfiffzeit und der Wochentag werden wohl den Ausschlag gegeben haben daran gewesen sein.


Sheffield Wednesday - Fulham FC (14.03.15)

Die Insel zieht mich immer mehr in ihren Bann! Die Stadien und deren Umfeld strahlen in England eine Magie aus, die mich einfach anzieht und so reisten Nachbar Flavio und ich an einem Wochenende nach Sheffield.

Und auch wenn aus Sheffield nicht die sportlichen Grössen der Premier League kommen, beherbergt die Stadt eines der bekanntesten Stadien der Welt: Hillsborough. Ein Name, der sinnbildlich für die grösste Tragödie in der Geschichte des Fussballs steht. 1989 war das Hillsborough Austragungsort des FA-Cup Halbfinals zwischen Liverpool und Nottingham Forest. Ein fataler Entscheid, ein weiteres Tor zu öffnen, führte zum Tod von 96 Liverpool-Fans an den Zäunen im vollen Block. Der ganze Vorfall wurde im Taylor Report ausführlich aufgearbeitet und ist der Hauptgrund, wieso in England in den obersten zwei Ligen Sitzplätze zur Pflicht gehören.

Knapp 26 Jahre später fliegen Flavio und ich an einem Freitagabend nach Liverpool. Am nächsten Morgen reisen wir mit dem Zug in zwei Stunden früh weiter nach Sheffield, um neben dem Fussball weitere Aspekte aus der Arbeiterregion Englands mitnehmen zu können. Sheffield hatten wir nach einer knappen Stunde aber gesehen. So hart es auch klingen mag, aber diese Stadt ist einfach nur ein karger Fleck auf Englands Karte. Zurück am Bahnhof entschieden wir uns für einen Ausflug ins nahegelegene Rotherham. Der Geburtsort von Schiedsrichter Howard Webb bietet kulturell neben einem imposanten Münster zwar auch nicht viel, hat aber mit dem Millmoor eine sehenswerte ehemalige Heimstätte des Zweitligisten. Dieser Lost Ground liegt mitten in der Innenstadt und ist ein Traum für jeden Stadionfanatiker.

Zurück zum mächtigen Hillsborough, das wir nach der Rückkehr per Bus erreichten. Nach einem Abstecher zur Gedenkstätte der 96 Verstorbenen nahmen wir unsere Plätze auf der Gegentribüne ein, mit bester Sicht auf das wunderschöne Giebeldach gegenüber. Da sich Flavio erst kurzfristig als mein Begleiter entpuppte, hatte ich es nicht mehr geschafft zwei Plätze nebeneinander zu reservieren. Da wir aner mit einem Matchbesucher gesunden Menschenverstandes rechneten, sollte dieser Makel aber kein Problem darstellen. Dabei hatten wir die Rechnung ohne den Rentner neben uns gemacht, der stur auf seinen Platz zwischen uns beharrte.

Die Stimmung war relativ bescheiden, nur bei der Hymne sorgten die 22’182 Zuschauer für Gänsehaut. Aus London waren nur rund zweihundert Gästefans angereist. Fussballerisch war das Gezeigte Magerkost, da beiden Mannschaften zu viele Fehler unterliefen. Dies veranlasste Wednesday-Trainer Gray zum Ende der ersten Halbzeit Stevie May einzuwechseln. Prompt traf der quirlige Schotte mit der speziellen Haarpracht zur Führung für die Owls. Eine Viertelstunde vor Schluss glich Fulham schliesslich zum 1:1 aus. Damit entwickelte sich zum Schluss ein interessantes Spiel, in dem es beide Mannschaften verpassten, die drei Punkte für sich zu gewinnen.


SC Buochs - FC St. Gallen

Die Schweiz ist wohl das einzige Land Europas, in dem es möglich ist, sich mit einem Platz in der Mitte der Abschlusstabelle für die Europa League zu qualifizieren. Trotzdem bringt es mein Herzensclub aus St. Gallen Jahr für Jahr fertig diese gute Ausgangslage zu verspielen. So gilt es für Grün-Weiss mit dem „zweiten Joker“ zu stechen und der Ostschweiz den Cupsieg und die damit verbundene Europa-League-Qualifikation zu schenken.

In diesem Jahr treffen die St. Galler im Viertelfinal auf das fünftklassige Buochs, ihrerseits das einzige Team, das im Wettbewerb noch ohne Gegentreffer dasteht. Höchste Zeit diese Chance zu nutzen, denn der Sieger sollte in einem Monat Krösus Basel zuhause zum Halbfinal-Showdown empfangen. Dies war bereits bekannt, da die Partie zwischen Buochs und St. Gallen unter einer wettertechnischen Absage in der Vorwoche litt. Da diese Absage erst am Spieltag erfolgte, hatte ich eine Anreise in die Innerschweiz mitsamt Übernachtung bereits geplant und so einmal mehr Geld für Fussball in den Sand gesetzt. Nach dem Ärgernis suchte ich eine Alternative für den Mittwochabend und fand diese mit dem Léman-Derby zwischen Lausanne und Servette praktisch vor der Haustür. Im Stadion traf ich auf Philip und seine Kompanie aus dem Breisgau uns es folgte ein kurzweiliger Abend, der die Spielabsage schnell vergessen machte.

Am nächsten Mittwoch sollte es schliesslich mit einer Durchführung klappen und erschien am Nachmittag pünktlich am Treffpunkt in Bern. Dort warteten bereits Samuel und sein Kumpel auf mich, kurze Zeit später stiess noch ein weiterer Kollege hinzu und die Fahrgemeinschaft war komplett.

Dass es überhaupt zu dieser Konstellation kam, war einem grossen Zufall geschuldet: Als ich von der Spielverschiebung erfuhr, machte ich mich auf die Suche einer neuen und billigeren Unterkunft, da mein Budget nach der Vorwoche arg gebeutelt war. So entschied ich mich für die Nacht in der Berner Altstadt abzusteigen, wo ich dank Airbnb eine preiswerte Schlafmöglichkeit fand. Die Übernachtung war nötig geworden, da es mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur späten Stunde nicht mehr bis nach Lausanne gereicht hätte.

So kam ich nach der Buchung mit Vermieter Giuliano in Kontakt und es stellte sich heraus, dass er ursprünglich auch aus St. Gallen stammt. Als Fussballfan wollte er wie ich auch nach Buochs, war durch die Neuterminierung aber verhindert und offerierte mir seinen Platz im Auto dreier St. Galler Studienkollegen, die ebenfalls in Bern leben. Damit war auf der zweistündigen Fahrt in den Kanton Nidwalden für Gesprächsstoff gesorgt und es stellte sich gar heraus, dass die Jungs aus demselben Stadtteil stammen und die gleiche Schule wie ich besucht hatten.

Vor Ort trennten sich unsere Wege, da ich noch ein Ticket besorgen musste und später zu meinen Freunden stand, die direkt aus St. Gallen angereist waren. Diese geizten auf der Hinfahrt offenbar ebenfalls nicht mit dem Alkoholkonsum und so entwickelte sich ein kurzweiliger Abend. Auf dem Feld trugen die St. Galler glücklicherweise ihren Anteil dazu bei und besiegten die Gastgeber überraschend diskussionslos mit 0:5. Dieser verzeichnete mit 4’400 Zuschauern übrigens einen Platzrekord. Allgemein mag der Sportplatz Seefeld mit der kleinen Tribüne zu gefallen, schliesslich liegt er direkt am Ufer des Vierwaldstättersees und manch ein Gästefan setzte sich während der Halbzeitpause ans Ufer und genoss die Aussicht.

Nach dem Spiel traf ich mich wieder mit Samuel und Co. und es ging zurück nach Bern, wobei ich froh war auf dem Rücksitz schlafen zu dürfen. Danke nochmals! Unweit meiner Bleibe liess mich das Trio raus und Giuliano nahm mich in Empfang. Seine Einladung auf eine Partie FIFA lehnte ich dankend ab und legte mich schlafen, da es am nächsten Morgen bereits vor Sonnenaufgang zurück in die Romandie und direkt zur Arbeit ging.


FSV Mainz 05 – Borussia Mönchengladbach (07.03.15)

Die Fahrt von Wiesbaden nach Mainz dauert nur eine Viertelstunde und trotzdem tickte die Zeit gegen uns. So waren Jens und ich froh, als am Bahnhof etliche Sonderbusse zur Abfahrt bereitstanden. Nun ging es quer durch Stadt in die Peripherie, ehe der Bus mitten auf einem Feld anhielt und die Türen aufgingen. Schlepper unterwegs in Mainz? Nein, die moderne Arena steht einfach mitten im Nirgendwo.

Die nach einem französischen Kreditversicherer benannte Spielstätte stellt erst seit vier Jahren das Zuhause der Bruchweg-Elf dar und verfügt über eine Hintertorseite mit Stehplätzen für die Heimfans, einem grossen Gästebereich und eine zweigeteilte Gegentribüne, wobei die Anhänger auf dem unteren Teil über 90 Minuten stehen. Unsere Plätze lagen ausnahmsweise in der Heimkurve, wobei Jens eher den Gästen die Daumen drückte, während mir der Spielausgang egal war. Ich bin definitiv kein Fan von Groundhoppern in Fankurven doch ansonsten gab es über das Internet keine anderen Plätze mehr zu erstehen, denn das Spiel gegen die Gladbacher war mit 34’000 Zuschauern restlos ausverkauft.

Die Spiele der Mainzer, die ich bisher live gesehen habe, waren immer torreich und stets holten die 05er einen Rückstand auf. Dies sollte auch heute der Fall sein: Nach einem Doppelschlag vom Ex-Zürcher Raffael in der 27. und der 67. Minute führten die Fohlen vom schweizerischen Trainer Lucien Favre mit 0:2. Vor allem der zweite Treffer spielten die Gäste wunderschön heraus. Bei den Mainzern steht mit Martin Schmidt ebenfalls ein Schweizer an der Seitenlinie, nachder dieser die Mainzer U23-Mannschaft bereits einige Jahre erfolgreich coachte. Der dritte Schweizer an diesem Abend war Gladbach-Goalie Yann Sommer. Dieser sah sich in der 73. Minute mit einem Freistoss aus grosser Distanz konfrontiert, den Johannes Geis mit viel Effet trat und der Schweizer liess den Aufsetzer prompt zum 1:2 passieren. Somit kam Leben in das Stadion und die Stimmung war nun richtig gut. Die Mainzer drückten auf den Ausgleich und in der 77. Minute wurde dieser Tatsache. Die Mainzer Lebensversicherung in Person des Japaners Shinji Okazaki köpfte zum 2:2 ein. Yann Sommer sah dabei erneut nicht glücklich aus. Der Mythos der Mainzer als Aufholmannschaft bei meinen Besuchen bleibt damit bestehen.

In der Folge hatten die Gastgeber gar noch Chancen auf den Sieg, es blieb aber beim Unentschieden. Ein bitterer Nachmittag für die knapp 5’000 mitgereisten Gästefans, umso grösser war die Freude dagegen bei den Mainzern.