Am Zaun lehnt ein verrostetes Fahrrad, am bröckelnden Gemäuer prangt ein hastig gespraytes Graffito mit der Aufschrift «No Cops, No Problems» und auf der Ersatzbank hat sich ein Obdachloser einen Schlafplatz eingerichtet. Trotz der Renovation vor weniger als einem Jahrzehnt wirkt das Selman-Stermasi-Stadion mit seinen kaputten Sitzschalen und den verblichenen Werdebanden wie ein Fremdkörper in der Gegend rund um den aufstrebenden Stadtteil Blloku. Dabei beheimatete die Spielstätte mit KF Tirana und Dinamo Tirana noch vor einigen Jahren die beiden erfolgreichsten Vereine Albaniens.
Trotz fehlender Infrastruktur verfolgt der 18-fache Meister Dinamo seit der Rückkehr in die höchste Liga im vergangenen Sommer grosse Pläne: Man arbeite neu mit der City Football Group zusammen, liessen die Verantwortlichen damals verlauten. Um die Zugehörigkeit zum Netzwerk um Manchester City zu untermauern, benannte sich Dinamo Tirana in Dinamo City um und passte auch sein Wappen so an, dass es sich durch den typischen Blauton mit den anderen Klubs aus der internationalen Holding-Gesellschaft assoziieren lässt. Mit Edi Rama ist auch der albanische Ministerpräsident ins ambitionierte Projekt involviert, der dem Konsortium in Durres, der zweitgrössten Stadt des Landes, ein Grundstück zur Verfügung gestellt hat. Hier soll im Herbst 2024 mithilfe des nationalen Bildungs- und Sportministeriums und den finanzstarken Besitzern der «Citizens» mit der Dyrrah City Football Academy eine professionelle Fussballschule eröffnet werden.
Vom Glanz und Glamour des englischen Spitzenteams ist Dinamo derzeit allerdings in jeglicher Hinsicht weit entfernt. Der Klub steht im 10er-Feld der Kategoria Superiore auf dem siebten Platz und muss das Heimspiel gegen Laci im Exil in Elbasan austragen, 40 Kilometer südöstlich der Hauptstadt. Nur gerade 250 Zuschauer sind vor Ort, die Einheimischen interessieren sich – wenn überhaupt – eher für den auf dem Aufstiegsplatz stehenden Zweitligisten AF Elbasani. Auch von den «Blue Boys», der Fangruppe Dinamos, oder Gästen aus Lac, einer Kleinstadt im Norden des Landes, fehlen jede Spur. Das Niveau auf dem Rasen ist bescheiden, im letzten Drittel fehlt den Akteuren die Genauigkeit. So stellt beim chancenarmen 0:0 das Panorama hinter der Südtribüne rund um den Berggipfel Valamara das einzige Highlight dar.