Verschneite Landschaften im Hochjura, kalte Busfahrten in Ostfrankreich – meine letzten Berichte waren geprägt vom Wintereinbruch. Zur Abwechslung folgt nun ein Bericht aus der Wärme, denn kurzfristig zog es mich nach Barcelona. Hier auf der iberischen Halbinsel wartete nebst hohen Temperaturen auch eine Partie der Primera Division auf mich.

Dank einigen paar Überstunden nahm ich die SWISS-Maschine am Freitagmittag. Diese war kaum gefüllt, sodass ich auf beiden Flügen eine Sitzreihe für mich allein hatte. Da der Anpfiff für das Heimspiel von Espanyol erst am späten Abend erfolgte, blieb mir viel Zeit, um durch die Rambla zu schlendern und am Meer die Sonnenstrahlen zu geniessen.

Auch an der Sagrada Familia kam ich auf meinem Streifzug vorbei. Die Kirche ist ein imposantes Bauwerk und weiter Sinnbild für Spanien. So scheint das Potenzial mit den vielen gut qualifizierten Studenten durchaus vorhanden, trotzdem fehlt es dem Land an einer klaren Strategie, um aus der wirtschaftlichen Misere die richtigen Schlüsse zu ziehen. Diese Situation führt zu inländischen Spannungen, und so pochen die Katalanen – als wirtschaftliches Zugpferd des Landes – auf die Unabhängigkeit. Meiner Meinung deckt sich mit jener vom restlichen Spanien: dieses sture Pochen auf Unabhängigkeit ist keine gute Idee.

Wieder zurück nach Barcelona, das ja mit Güell, Gaudì und Miró einen grossen Beitrag an die verrückte und vielfältige Künstlerwelt Spaniens beiträgt. Als bereits die Dunkelheit hereinbrach machte ich mich auf zum Plaça d’Espanya. Von hier sollte die Metro praktisch bis vor das Stadion von Espanyol fahren, das am westlichen Stadtrand liegt. An der Haltestelle angekommen, wollte niemand etwas von der Verbindung auf meinem Handy wissen. Schlussendlich stellte sich heraus, dass es sich bei der Verbindung um eine Regionalbahn handelte. So liess ich mir von einem jungen Typen den Weg weisen lassen und fand den Zug, der bereits zur Abfahrt bereitstand. Eine gefühlte Viertelstunde später dieser aber immer noch nicht abgefahren, die einheimischen Passagiere machten aber keine Anstalten, die etwas Ungewöhnliches vermuten liessen. Von meinem Platz aus genoss ich ideale Sicht auf die Anzeigetafel. Der Spanier macht es sich bei Verspätungen einfach und ändert schlicht die Abfahrtszeit auf der Anzeige, sodass die Bahn  theoretisch gesehen zu der Zeit abfährt, die auf der Anzeige steht.

Am Stadion angekommen, stellte ich mich in die Schlange, um ein Ticket für einen fairen Preis zu kaufen. Gegenüber liegt die Trainingsstätte von Espanyol, die ebenfalls über eine grosse Tribüne verfügt. Zurück zum eigentlichen Stadion, das zwei Ränge hat und mich stark an das Stadion in Lille erinnert, wo ich letzten Monat zu Gast war. Mit 17’128 Zuschauern waren die Tribünen nur knapp zur Hälfte gefüllt, unter ihnen hundert Anhänger aus Andalusien. Die „tiefen“ Zuschauerzahlen sind verständlich, da Espanyol in der Stadt keine grosse Rolle spielt. Dennoch ist es bemerkenswert, dass sich Fans finden, die grösstenteils auf Erfolge verzichten und nicht einfach zum FC Barcelona rennen. Zu meiner Überraschung gab es auf der Heimseite gar ansprechenden Support, wobei zwei Fangruppen für Stimmung sorgten. Die Gästefans hatten ausser ein paar Rufen heute Abend nichts zu melden.

Auf dem Platz zeigten die beiden Mannschaften eine ansprechende Partie, der die Qualität des spanischen Fussball anzumerken war. Espanyol hatte die besseren Torchancen, während Cordoba im Spielaufbau Schwächen offenbarte und nach einem Lattentreffer mit dem Schicksal haderte. So kam es, dass Espanyol kurz vor der Pause mit 1:0 in Führung ging. Nach dem Seitenwechsel zeigte sich ein ähnliches Bild, allerdings mit dem Unterschied, dass nun keine der Mannschaften den Ball im gegnerischen Tor unterbringen konnte. Espanyol stösst damit in der Tabelle auf den guten achten Platz vor, während es für die Andalusier am hinteren Ende der Tabelle düster aussieht.