Die internationalen Klubwettbewerbe sorgten im marokkanischen Fussball für die aussergewöhnliche Konstellation, dass die drei grössten Teams des Landes an aufeinanderfolgenden Tagen ein Heimspiel bestritten. Während ich die einmalige Atmosphäre bei Raja und Wydad Casablanca bereits zu einem früheren Zeitpunkt miterleben durfte, bedeutete ein Besuch in Rabat Neuland für mich.

Der Westküste entlang brachte mich der Zug in die Hauptstadt Marokkos, die mit etwas mehr als einer halben Million Einwohnern deutlich kleiner daherkommt als Casablanca. So konnte ich den Hassan-Turm und das Mausoleum Mohammed V., eine imposante Grabstätte aus Marmor zum Gedenken an den Sultan, problemlos zu Fuss besichtigen. Einen Abstecher in die «Kasbah des Oudayas» sparte ich mir hingegen für einen Besuch in einer wärmeren Jahreszeit auf.

Dieser weitere Besuch lässt sich insofern prognostizieren, als dass mit der «Fath Union Sport» (FUS) nebst dem Giganten «Forces armées royales» (FAR) ein zweiter Klub aus Rabat im Spitzenquartett der marokkanischen Botola mitmischt. FUS versteht sich allerdings als Ausbildungsklub und zieht bei seinen Heimspielen nur wenige hundert Fans an. Entsprechend besteht zwischen den beiden Erstligateams der Stadt keine Rivalität, wie sie etwa in Casablanca vorzufinden ist.

Der Armeeklub FAR peilt in der laufenden Spielzeit nebst der zuschauertechnischen auch die sportliche Vormachtstellung in Rabat an und besitzt gute Chancen auf den ersten Titelgewinn seit 15 Jahren. Auch international ist der Botola-Tabellenführer derzeit erfolgreich und stieg im Confederation Cup – dem afrikanischen Pendant der Europa League – als Favorit in die Partie gegen den Future FC.

Der Klub aus Kairo, welcher der ägyptischen Niederlassung der Firma Coca-Cola entsprang, besitzt seit Herbst 2021 neue Eigentümer und damit auch einen gewöhnungsbedürftigen Namen. Eine Fangemeinde hat sich trotz der geänderten Besitzverhältnisse bisher keine gebildet. Gründe dafür sind nebst dem geringen Stellenwert des Klubs in der Hauptstadt die politische Verfolgung im Nachgang des arabischen Frühlings, welche die ägyptische Fankultur praktisch ausrottete und im Massaker von Port Said 2012 ihren tragischen Höhepunkt gefunden hatte.

So sind in nordafrikanischen Stadien auch über eine Dekade nach den politischen Umwälzungen Fangesänge zu hören, die von der Aussagekraft her jene weit übersteigen, die in heimischen Breitengraden – bisweilen nicht einmal auf lokale Gegebenheiten umgemünzt – ins unermessliche reproduziert werden.

Doch weder die mit Inbrunst vorgetragenen Lieder noch der 2:0-Heimsieg von FAR sorgte in den südlichen Ausläufen Rabats vor 27’192 Zuschauern für die Schlagzeilen. Vielmehr war es ein interner Streit in der heimischen «Curva Ché» zwischen den führenden Fangruppen «Ultras Askary» und «Black Army», der nach einer mehrminütigen Eskalation von der Polizei gewaltsam beendet werden musste.