Saisonabschluss auswärts in Basel. Die Arbeit früher als üblich beendet, erreichte ich per Zug und Tram das Basler „Joggeli“, wo ich auf die Einfahrt des Extrazugs aus St Gallen wartete. Schnell verstaute ich nach dessen Ankunft meine Habseligkeiten an gewohnter Stelle im Abteil, ehe mein Namen schon aus allen Richtungen gerufen kam. Dazu gab es die üblichen Kommentare mit ironischem Unterton, was ich mir denn wieder für Spiele unter der Woche angetan habe.

Die Crew war also auch nicht weit und wenige Zeit später fanden wir uns einmal mehr im Basler Stadioninnern ein, wo ein jeder Gästefan mit dem Catering-Angebot haderte. Gar nicht meisterlich!

Die Hundert-Euro-Frage: Was bietet man im Basler St. Jakob Park nicht an?

A: Pommes Frites                 B: Alkoholfreien Punsch

Und wie mir im Ende Mai nach warmem Punsch gelüstet! Daher informierte ich die Herren, die übrigens mit Trikots des Basler Konkurrenten Concordia ausgestattet waren, über das „absolut skandalöse“ Essensangebot und orderte zum Start des Wochenendes sogleich ein Bier. „Feldkötzchen“ aber was solls – immerhin nicht warm.

Die sportliche Ausgangslage an diesem Freitagabend ist schnell erklärt. Sollte der FC St. Gallen in Basel punkten, wäre er im Fall eines Basler Cupsieges auf europäischer Bühne vertreten. Auch bei einer heutigen Niederlage müsste Luzern noch gegen den anderen Cupfinalisten Sion gewinnen. Die Ausgangslage war damit mehr als gut, wenn man bedenkt, welch unterirdische Rückrunde die Grün-Weissen gezeigt haben. Ich will niemanden mit grauenhaften Statistiken belästigen, darum belasse ich es bei drei (selbstredenden) Fakten:

Die St. Galler haben am meisten Gegentore der Liga bekommen und gegen Aufsteiger Vaduz betrug die Ausbeute in vier Spielen zwei mickrige Punkte. Damit haben sie den Abstiegskampf entscheidend mitbeeinflusst. Zum Schluss folgt die bitterste Tatsache: Der FC Luzern, der zur Winterpause noch auf dem letzten Platz gestanden hätte, könnte den FCSG heute mit einem Heimsieg noch überholen. Wie die Spieler verdrängten aber auch die Fans diese Statistiken zumindest für 90 Minuten. Der Support war dann auch ganz in Ordnung, mit Ausreissern in beide Richtungen.

Auf der Heimseite folgte zum Einlauf der Mannschaften die gewohnte Meisterchoreo, wobei die 33‘403 Zuschauer ausserdem noch Marco Streller mit einem Feuerregen bei seiner Auswechslung mehr als würdig in den Ruhestand verabschiedeten. Nach dem Intro war die Muttenzerkurve so gekleidet, dass sich aus den ganzen T-Shirts das weinende Konterfei des Basler Oldies bildete, wobei seine Nase zudem das Kantonswappen formte.

Mit dem Rücktritt von Streller war schnell klar, wer heute das Geschenk der grün-weissen Verteidigung in Empfang nehmen darf. Und so war zumindest ich wenig verwundert, als Marco Streller in der 17. Minute einen grauenhaften Fehler der St. Galler Hintermannschaft in seinen 200. Ligatreffer umzumünzen wusste. Was dann folgte, war ein FCSG, wie man ihn seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte. Dank einem Kopfball und einem genialen Freistoss von Neuzugang Aleksic drehten die Ostschweizer tatsächlich die Partie und zur Pause zeigte alles in Richtung Europa – der Fahrplan stimmte. Eine erste Stellwerkstörung folgte in der 54. Minute, als Routinier Walter Samuel per Kopf auszugleichen wusste. Aber auch auf diesen neuerlichen Schock konnten die St. Galler in Person von Marco Aratore reagieren. Dieser traf per Schlenzer via Innenpfosten zur neuerlichen Führung. Mittlerweile führte der FC Luzern bereits mit 3:0 gegen die Walliser, was für uns bedeutete, hier unbedingt einen Punkt mitzunehmen, um die Chancen auf Europa zu wahren.

Doch in der 78. Minute nahm das Unheil mit dem Ausgleichstreffer von Ex-Thuner Luca Zuffi zum 3:3 seinen Lauf und was knapp zehn Minuten später und damit 180 Sekunden vor dem Saisonende folgte, war nur noch tragisch. Der eben erst eingewechselte Basler Albian Ajeti wusste einen erneuten Patzer der St. Galler Hintermannschaft zum 4:3-Endstand auszunutzen. Abgesehen von den beiden Abstiegen und der Halbfinalniederlage gegen Lausanne vor sechs Jahren war dies einer der bittersten Momente in meinem grün-weissen Fanleben. Es tut mir im Herzen weh, in die Kurve zu schauen und den traurigen Blick von so vielen mir bekannten Gesichtern ertragen zu müssen.

„Die Mannschaft wäre sowieso zu schwach für Europa gewesen“ vernahm ich im Anschluss. Klar, aber wen stört es, wenn er nach einer Niederlage gegen Apollon Limassol am Strand von Zypern liegt? Vor zwei Jahren hatten wir in Valencia auch fünf Tore eingeschenkt bekommen und keiner hatte sich daran gestört. Auf der Heimfahrt verarbeitete dann jeder Fan den bitteren Abend auf seine Weise. Und aus irgendeiner Musixbox vernahm ich die Phrase „but I was made for loving you“.