Ich finde es immer wieder erstaunlich, welch noch so kleine Zufälle das Leben mit der Zeit für uns bereithält. So ist beispielsweise der weltbekannte Schriftsteller Jules Verne Sohn der Stadt Nantes. Wesentlich interessanter ist aber das Ort, an dem der Autor von «In 80 Tagen um die Welt» und «Die Reise zum Mittelpunkt der Erde» sein irdisches Dasein beendete. Um 1905 in Amiens. Also genau an dem Ort, an den uns diese Reise ursprünglich hinführen sollte. Das «Derby de la Bretagne», sprich das Aufeinandertreffen zwischen dem FC Nantes und Stade Rennais, agierte sozusagen also nur als Joker, wie die Leser des vorangehenden Beitrags natürlich bereits wissen.

Die westfranzösische Grossstadt stand aber bereits seit Langem auf meiner Liste zukünftiger Reiseziele und so war ich auch nicht gross traurig darüber, statt in Amiens nun hier aufzukreuzen. Kulturell bietet die Stadt am Atlantik ebenfalls einiges. Luigi und mir blieb mitunter genügend Zeit, um bei schönstem Herbstwetter neben den obligaten Kirchen und historischen Gebäuden in der gut bevölkerten Altstadt den «Machines de l’Ile» einen Besuch abzustatten. Dies sind elektrische Tierfiguren und Fabelwesen inspiriert durch das Schaffen von Jules Verne und Leonardo da Vinci, ausgestellt in einem ehemaligen Schiffshangar etwas ausserhalb im Hafen von Nantes.

Als sich die Sonne langsam dem Horizont entgegen neigte, hiess es für uns aber in Richtung «Stade de la Beaujoire» aufzubrechen. Die Eintrittskarten für dieses Rencontre konnten übrigens im Voraus bequem per Online Ticketing ersteigert werden. Zu Spielbeginn zeigten die Fans der «Canaris» (Kanarienvögel, aufgrund der grüngelben Clubfarben) eine durchgehende Choreografie, dessen Wirkung nur durch den teilgeschlossenen Oberrang der Haupttribüne etwas getrübt wurde. Im Heimblock wurde neben den Zetteln noch ein Bild gehisst, das einen jungen sowie einen alten Mann in Kampfposition zeigte, die mit strengem Blick das Stadtwappen Nantes’ flankieren. Passend dazu die Unterschrift «Soldats de ce blasons depuis plusieurs generations» – Soldaten dieses Wappens seit mehreren Generationen. Auf der anderen Seite präsentierte sich der Gästesektor bis ganz kurz vor Anpfiff enttäuschend leer, ehe er plötzlich doch noch proppenvoll wurde. Kann mir gut vorstellen, dass hier die Szene geschlossen eintreten wollte. Insgesamt vermeldete der Speaker die stolze Zahl von 29’015 Zuschauern. Diese sahen in der ersten Halbzeit einen Auftritt von Nantes, der auf dem Rasen wie auch auf den Rängen äusserst bemerkenswert war. Folgerichtig wurden die Bemühungen der Hausherren kurz vor dem Seitenwechsel mit dem ersten Tor belohnt.

Zu diesem Zeitpunkt war der einzige Schweizer auf dem Platz, Gelson Fernandes, bereits verletzt wieder ausgewechselt worden. Im zweiten Abschnitt präsentierte sich hier im Westen Frankreichs zum Entsetzen der Mehrheit der Zuseher aber ein völlig anderes Bild. Rennes wurde stärker und schoss alsbald denn Ausgleich, nur um wenig später unter Ekstase der mitgereisten Anhänger mit dem 1:2 nachzudoppeln. Wer jetzt dachte, die „Reaktion nantais“ würde heftig ausfallen, sah sich arg getäuscht. In meinen Augen war es eher ein Hinnehmen der Niederlage.

Ein letztes Glanzlicht setzte schliesslich ein Spruchband der Brigade Loire an den Derbygegner, dessen Übersetzung die gelungene Provokation aber linguistisch zerreissen würde. Für uns ging es nach dem Spielschluss mit dem Tram zurück in die Innenstadt und am nächsten Abend bereits wieder in Richtung Heimat.