Gross war die Lust nicht, den Platz am Seeufer für ein Testspiel in dieser Hitze aufzugeben. Einzig die Ungewissheit, wie sich der Herzensverein gegenüber einem exotischen Club mit klangvollem Namen Flora Tallinn präsentiert, liess mich schliesslich doch noch nach Bad Ragaz aufbrechen.

Hier logieren während der Vorbereitung auf die neue Saison seit jeher Topclubs und profitieren von Ruhe und optimalen Trainingsbedingungen. Diese Tatsache bringt also durchaus die eine oder andere interessante Affiche auf dem lokalen Sportplatz mit sich. St. Gallen gegen Tallinn gehört da definitiv weniger dazu, sodass sich der Auflauf mit 150 Zuschauer in Grenzen hielt. Ein weiterer Grund könnte der frühe Termin an einem Wochentag sein, wobei dies für Sergio und mich kein Problem darstellte, zumal wir ja sowieso keiner Arbeit nachgehen (höhö).

Dennoch mussten auch wir fünf Franken Eintritt berappen, ehe wir uns hinter ein Tor auf eine der vier Stufen setzten. Die Anlage hier ist definitiv nicht der Brüller, das wunderbare Bergpanorama macht dieses Manko aber mehr als wett. Während sich ein Grossteil der Zuschauer rund um das Clublokal säumten, sassen nur noch einige Balljungen sowie ein Typ mit ausgelatschten Sandalen und zu langen Jeans neben uns. Als dieser pünktlich zum Spielbeginn sein Mobiltelefon zückte und über 90 Minuten Begriffe wie „Home attack“ oder „Away safe“ murmelte, war der Fall klar: Hier war einer der Herren am Werk, der dafür sorgt, dass bei irgendeinem kirgisischen Wettportal zu sehen ist, wer bei diesem Testspiel gerade im Ballbesitz ist oder sich in einem Eckball übt.

Zurück zum Fussball. Hier wusste in den Reihen der St. Galler vor allem ein Testspieler aus Gabun mit dem Namen Mbingui Samson zu überzeugen, der sich bei mir durch gelungene Aktionen und eine schnelle Antizipation in den Sympathiebereich spielte. Gebt dem jungen Spieler eine Chance! Eine solche Aussage soll bei mir ja viel heissen, zumal ich in meinen Kreisen als der Kritiker schlechthin bezüglich der St. Galler Transferpolitik bekannt bin. Die eingangs aufgetauchte Frage kann übrigens recht einfach beantwortet werden. Flora Tallinn war für den FCSG kein Gegner auf Augenhöhe und wurde gleich mit 4:0 vom Platz gefegt, wobei das Resultat deutlich höher hätte ausfallen können. Mbingui Samson bekam trotz seines überzeugenden Auftritts an diesem Nachmittag übrigens keinen Vertrag bei St. Gallen. Irgendwie typisch.