Eine zufällig gefundene und ausserdem äusserst günstige Flugverbindung ab London Southend nach Prag eröffnete diesem Wochenendausflug nie für möglich gehaltene Auswüchse. Der Preis, um neben dem Klassiker in London am Tag darauf dem Derby in der tschechischen Hauptstadt beizuwohnen, belief sich neben den wenigen Euronen an „Stobart Air“ auf eine unbequeme Flughafennacht. Zu verkraftende Tatsachen also, dachte ich. Doch um Mitternacht wurde ich vom Personal geweckt, da der Flughafen doch tatsächlich bis in die Morgenstunden geschlossen wird. Die Stunden in der herbstlichen Kälte Englands gehörten schliesslich zu den Momenten, in denen ich an meiner eigenen Urteilsfähigkeit zweifle und mich verfluche, jeweils denjenigen Hirnwindung Beachtung zu schenken, die mich Woche für Woche zum Fussball treiben.

Mit der Landung in Prag war dieses emotionale Tief allerdings längst überwunden und wich spätestens während der Taxifahrt in die Innenstadt der Vorfreude.

Dies, weil durch die frühe Ankunft ein zweiter Leckerbissen in der Geburtsstadt von Franz Kafka auf mich warten sollte. Damit ist das Heimspiel von Viktoria Zizkov (ausgesprochen Schischkow) gemeint. Ein Verein, der vor etwas mehr als einem Jahrhundert von Studenten ins Leben gerufen wurde und in vielerlei Hinsicht gewissen Kultstatus geniesst. So liegt das Stadion des Zweitligisten nicht nur wunderschön eingebettet im Herzen Prags sondern auch die Anspielzeit am Sonntagmorgen um 10:15 Uhr hat sich beim ehemaligen EL-Teilnehmer bewährt. Die vor Fett triefende Klobasa hinter der Heimkurve rundet das sympathische Stadionerlebnis ab. Bei wärmendem Sonnenschein sahen 1’272 Zuschauer eine unterhaltsame Partie, der es weder an roten Karten noch an Elfmetern mangelte. Das bessere Ende sollte der Equipe aus dem nordwestböhmischen Sokolov vorenthalten sein, die gegen die Fahrstuhlmannschaft aus der Hauptstadt zu einem schmeichelhaften 1:2 Auswärtssieg kam.

Einlass wird hier zum Preis von 60 tschechischen Kronen (etwa drei Schweizer Franken) gewährt, wobei sich der Besucher anschliessend zwischen der kleinen Fantribüne oder einem Sitzplatz auf der ästhetischen Gegengerade entscheiden muss.