Die mittlerweile bereits hundertste Partie im laufenden Jahr sollte zu Beginn des Monats Oktober in der schottischen Hauptstadt eingefahren werden, wobei der Anlass dazu weniger eine weitere Tour durch die Gefilden europäischer Stadien als vielmehr ein kleiner Urlaub mit dem Vater war. Von mir offeriert ging es ab Genf per Flieger in Richtung schottische Hauptstadt, welche man am Abend des letzten Wochentages ohne Komplikationen erreichte.

Saturday is Matchday! So ganz ohne Fussball sollte die Reise dann natürlich doch nicht vonstattengehen, auch wenn man von den ursprünglich drei möglichen Partien es freiwillig (!) bei der einen beliess. Bis zum Anpfiff um die Einheitszeit von 15 Uhr blieb aber noch mehr als genügend Zeit und so gönnte man sich in der Innenstadt im „Elephant House“ erstmals einen frischgepressten Orangensaft. Dieses Café ist nicht irgendeine Standardabsteige, sondern vielmehr der Geburtsort von Harry Potter. Zumindest hat J. K. Rowling hier die ersten Bände der Bestsellers verfasst. Hätte dies nicht ordentlich japanische Staatsbürger bei ihrer Mission „Exploring Europe“ auf dem Plan gerufen, wäre das Elefantenhaus wohl noch heute ein alternativer Schuppen mit Hang zur Umwelt, in dem man gewiss auch länger als eine Viertelstunden entspannt verweilen könnte.

Dem war aber leider nicht so und darum ging es kurz darauf weiter in Richtung Innenstadt und zum Schloss, was zweifelsohne zu den Wahrzeichen und Sehenswürdigkeiten Edinburghs gehört. Allerdings wird die Anlage wie bereits das vorherige Café von Touristen aus aller Welt nur so belagert, sodass man, unterstützt durch die horrenden Eintrittspreise, die Entscheidung traf, draussen zu bleiben. Da gefällt mir das bekannte weitläufige Naturgebiet rund um den Arthur’s Seat schon eher. Der Hausberg bietet nicht nur Erholung, sondern auch beim zweiten Besuch einen schönen Blick über die Stadt Edinburgh. Fussballinteressierte können in der Ferne sogar noch die Easter Road, das Zuhause des Stadtrivalen Hibernian, ausmachen.

Bereits gut Fusskilometer gesammelt ging es nach der Nahrungsaufnahme für einen kurzen Zwischenstopp ins Hotel und anschliessend weiter zu Fuss in Richtung Tynecastle Stadium. Auf dem Weg dahin dann schon gut Volk in den modischen Clubfarben gekreuzt. Pünktlich stand man schlussendlich vor der Baute im typisch britischen Stil. Britisch präsentieren sich übrigens auch die Eintrittspreise. Beim Anstehen zum Kassenhäuschen meldete sogleich eine typische Schottin (gellende Stimme, untersetzte Statur und knallroten runden Kopf) dass die heutige Partie ausverkauft sei und bitte jeder ohne Ticket aus der Schlange treten soll. Die Karten unsererseits sicherte ich bereits im Vorverkauf und musste sie lediglich noch in Empfang nehmen, ehe wir kurz darauf schön mittig auf der steilen Hintertortribüne Platz nahmen. Die kompakte Baute unterscheidet sich nur aufgrund der alten Haupttribüne vom Deepdale Stadion in Preston und gefällt mir persönlich ziemlich gut; lediglich die einzelne Sitzreihe an den Seitenrändern der anderen Hintertortribüne sorgen für einen kleinen Abstrich in ästhetischer Hinsicht.

Der Support präsentierte sich von der Heimseite die ganze Spieldauer über äusserst dürftig und auch von den erstaunlich zahlreichen Gästen kam nur sehr selten etwas und wenn dann das gleiche Liedgut. Da hatte ich mir wirklich etwas mehr erwartet. Ähnlich bescheiden präsentierte sich das Gezeigte auf dem Rasen, wobei der Unparteiische durch die wohl fehlende Kenntnis der Vorteilregen so oft unterbrach, dass unmöglich ein Spielfluss entstehen konnte. Hätte ich mir beim letzten Versuch selbst ans fussballerische Werk zu gehen, nicht das Kreuzband- und den Meniskus gerissen, hätte mich das Gezeigte wohl zur Aussprache bekannter Floskel „dies kann ich definitiv besser“ bewogen.

So auch wenig verwunderlich, dass der favorisierte aber wenig zwingende Gastgeber nach einem Penalty zur Führung kam. In der zweiten Halbzeit taten die Hearts aber zu wenig für die drei Punkte und die Gäste aus Kilmarnock konnten den Hauptstädtern durch einen späten Torerfolg zum 1:1 zumindest noch den eine Punkt abluchsen. Kam etwas überraschend, da der Aufsteiger eigentlich bis anhin eine gute Saison zeigt. Der etwas andere Vereinsname lässt sich übrigens mit einer ziemlich amüsanten Geschichte erklären: Durch den Tanzsaal „Heart of Midlothian“, in dem sich die Vereinsgründer regelmässig trafen, kam der Name des Vereins zustande. Dieser Tanzsaal wiederum hat seinen Ursprung in der Feder von Sir Walter Scott gefunden. Dessen Erwähnung hatte seine Ursprünge von einem den Namen Heart of Midlothian tragenden Gefängnis. Und an der Stelle, an der das Gefängnis einmal stand ist ein herzförmiges Mosaik in den Pflasterstein eingearbeitet, was für das Vereinswappen als Inspiration galt. Ziemlich interessant, nicht?

Zurück zum Spiel, wo alsbald der Schlusspfiff ertönte und damit die Punkteteilung besiegelt war. Zusammen mit dem 16’461 Zuschauer ging es zurück in Richtung Hotel und bald schon gen Pub, wo von meinem Vater noch die erfreuliche Erfahrung gemacht wurde, dass gewisses Bier bei richtiger Temperatur durchaus annehmbar schmeckt. 😉

Für den Folgetag war eigentlich die Partie zwischen Hamilton und Rekordmeister Celtic Glasgow geplant, aufgrund der Wettervorhersage wurde diese Partie, trotz bereits reservierten Karten, fallen gelassen und man fuhr bereits am Sonntag, statt einen Tag später, mit dem Mietauto in die Highlands.

Rückblickend muss ich sagen, dass sich jeder der 600 gefahrenen Kilometer gelohnt hatte. So wurde man nämlich nicht nur Zeuge einer wirklich schöne Gegend mit Schlössern, Bergen und Lochs (Seen) sondern konnte sich auch noch den lange gehegten Wunsch erfüllen, diverse „Film Location“ aus Harry Potter und James Bond zu besuchen. Da durfte natürlich auch eine (gelungene?) Nachahmung der berühmten Szene aus dem Film Skyfall nicht fehlen.

Am Montag wurde in Schottland auch gekickt, zwar lediglich in den Ligen der Reservisten, trotzdem fand man den einen oder anderen ansehnlichen Kick, liess sie schlussendlich aber alle fallen. Zwar gar nicht meine Art aber im Ausland einem Kick zu unterschlagen aber Shopping in Glasgow und der Besuch des Loch Lommonds mit anschliessendem Groundspotting in Dumbarton waren trotz des typischen Wetters eine gute Alternative und schlussendlich einen gelungenen Abschluss für eine Tour, bei der der Fussball für einmal nur die Rolle eines Komparsen einnahm.