Als der FC St. Gallen anfangs August nach dem Heimsieg in der zweiten Qualifikationsrunde der Europa League ins norwegische Sarpsborg reiste, waren meine Gedanken längst anderswo. Der Drittrundengegner Rijeka war mittlerweile ausgelost und ich freute mich auf die Reise an die Adriaküste. Ja, gar für die Busfahrt nach Kroatien hatte ich mich bereits angemeldet. Bekanntlich kam alles anders und der elende norwegische Fusionsverein steht nun überraschend in der Gruppenphase.
Dass es mich in diesem Sommer trotzdem nach Rijeka zog, verdanke ich der dort ansässigen Ultragruppierung Armada und Kumpane Heeb, der sich Ende Monat mit einem Bild des Matchplakats für ein Spiel im Kantrida bei mir meldete. Wer das ehe- und vor allem einmalige Stadion kennt und mit der Situation bewandert ist, weiss, dass der HNK Rijeka diese Stadionperle seit drei Jahren und dem Wechsel in die Agglomeration nicht mehr bespielt. So galt es alle gemachten Pläne für jenes Wochenende über Bord zu werfen, um die Gelegenheit nicht zu verpassen. Die vier Karten für die Haupttribüne verteilten sich nebst Heeb und mich auf Enri und Xavier. Der Plan war es, in der Nacht auf Samstag aufzubrechen, um vorab einen entspannten Sommertag am Strand in Kroatien geniessen zu können.
Da dieser Beitrag in den Zeitraum der Fussballlichtspiele fällt und jene just vor der Abfahrt besucht wurden, erlaube ich mir den Exkurs zur vierten Ausgabe. Ein abwechslungsreiches Programm handelte die Tragödie von Hillsborough im gleichnamigen Streifen ab, thematisierte Island und beschäftige sich auf philosophische Art und Weise mit dem sportlichen Überraschungsteam von der kleinen Insel. Anhand von Podiumsdiskussionen wurden nicht überwundene Paradoxien sowie eine Mentalitätsanalyse dieser zähen Mannschaft erstellt und sorgten wiederum für einen besonderen Anlass.
Als wäre das Spiel nicht Geschenk genug, entschied sich die Armada den grössten Verein des Nachbarlandes für das Testspiel anzufragen – das mit St. Gallen befreundete Maribor. So blieb nach der problemlosen Überfahrt und einem entspannten Badevormittag Zeit, im Laufe des Nachmittags den Strandabschnitt neben dem Stadion aufzusuchen und sich mit den bekannten Gesichtern unter den vierhundert Gästefans sowie der mitgereisten St. Galler Abordnung auszutauschen und gemeinsam zu trinken. Die mit einem Extrazug angereisten Slowenen arrangierten mit der Armada einen Nichtangriffspakt, sodass lediglich Boote mit Fackeln im Sonnenuntergang für erhöhten Herzschlag sorgten. Später im Stadion zündeten heimische Ultras auf dem Dach der Haupttribüne Pyrotechnik und Raketen, die uns aufgrund unserer Platzwahl verwehrt blieben. Stattdessen wurden wir Zeuge, wie die Flammen einer Leuchtspur die Flora an der Felswand, in welche das Stadion eingebuchtet ist, auffrass. Auch beim Inferno in der Heimkurve blieb die Polizei zurückhaltend. Allgemein gilt es ein Lob an allen Beteiligten auszusprechen. Das diskussionslose 4:0 trug ebenfalls seinen Beitrag dazu bei, dass die 10’000 Zuschauer im ausverkauften Stadion einen einmaligen Abend erleben durften.
Durch stockenden Verkehr an den Grenzen zog sich die Heimfahrt am nächsten Morgen durch fünf Ländern enorm. So erreichte die Reisegruppe exakt 48 Stunden nach Abfahrt wieder die Gallusstadt. Ein Kompliment und einen Dank an die Mitfahrer, die mit Insider-Gesprächsthemen wie Brotmesser oder Fiona dafür sorgten, dass es nie langweilig wurde. Sezione Bätz Bätz!