Dank einem äusserst grosszügigen Geburtstagsgeschenks von Kollege Luigi kam ich in den Genuss einer Reise nach Aberdeen. Die Stadt im Nordosten Schottlands stand bei uns seit langer Zeit auf der Wunschliste und sollte nun am zweiten Aprilwochenende endlich besucht werden.
Gegen Freitagmittag erreichten wir den Flughafen Aberdeen International, von wo aus eine kurze Taxifahrt ins Stadtzentrum nötig ist. Trotz schöner Küstengegend und traumhaftem Hotel mit Meerblick blieb König Fussball natürlich auch heuer Hauptgrund der Reise. Denn der lokale Fussballverein, seines Zeichens erster Verfolger von Celtic Glasgow, bittet am Sonntag zum Heimspiel gegen den drittplatzierten Rivalen Rangers.
Durch die Festlegung als Fernsehspiel wurde der eigentliche Spieltermin am Samstag überraschend frei und ich durfte allfällige weitere Spielbesuche, nach Absprache mit Luigi, in Anbetracht ziehen. Hierbei versprühte die Variante Inverness den grössten Reiz und bald schon war ein Tagesausflug in die nördlichste Stadt des Vereinigten Königreichs unter Dach und Fach. Gewöhnlich genügt von Aberdeen eine dreistündige Zugfahrt, durch einen Streckenunterbruch mussten wir in der Hälfte jedoch auf den Bus umsteigen. Auf dem Weg zum Tor der Highlands ist genau das zu sehen, was der Schottlandkenner erwartet: viele Grünflächen, graue Häuser und unzählige Schafe.
Neben dem River Ness und dem Schloss auf der Anhöhe bietet Inverness auch eine kleine aber feine Altstadt. Für die umliegende Natur mit all ihren Schätzen blieb leider zu wenig Zeit. Stattdessen ging es für uns zu Fuss vom Stadtzentrum in einer halben Stunde zum Caledonian Stadium. Dieses verzückt durch seine Lage direkt am Meeresufer. Wie in britischen Gefilden üblich, waren unsere Karten an der Hauptkasse hinterlegt und wir nahmen mittig auf der Hintertortribüne unsere Plätze ein. Wenige Reihen vor uns bemühten sich zu Beginn einige Casuals um etwas Stimmung, die Unterstützung flachte aber schnell ab. Zu schwach sind die Leistungen des Tabellenletzten in der laufenden Spielzeit. Der lange Vereinsname sowie das spezielle Clublogo sind übrigens auf die Fusion der beiden Ursprungsvereine Caledonian FC und Inverness Thistle zurückzuführen. Die Gäste aus St. Johnstone, die zwei Hundertschaften an Fans mitbrachten, stellten somit den klaren Favoriten. Dieser Rolle wurden sie bereits nach wenigen Spielminuten gerecht und «Caley» war zu keinem Zeitpunkt zu einer Antwort fähig. Im Gegenteil, nach einem Platzverweis sowie darauffolgenden Auflösungserscheinungen kann sich der Gastgeber über das 0:3 gar noch glücklich schätzen. „The Pride of the Highlands“ habe ich mir da irgendwie anders vorgestellt. Besonders gegen Spielende hin sündigte der Tabellenvierte doch einige Male im Abschluss. Die 2’961 Zuschauer vor Ort fanden sich vor allem auf der sonnigen Haupttribüne ein, auf die auch wir in der Pause wechselten.
Nach der Niederlage bleibt den Heimfans damit nur die Möglichkeit, dem Spielfeld den Rücken zu kehren und auf die Nordsee zu blicken. Wären die sportlichen Aussichten in Inverness doch nur ähnlich vielversprechend…