Nach einem Frühstück auf der Veranda des lokalen Vereinsheims zog es uns von Gaishorn am See weiter in die drittgrösste Stadt der Steiermark. Kapfenberg liegt sechzig Kilometer nördlich von Graz und macht am heutigen Pfingstmontag einen besonders verschlafenen Eindruck. Neben der Burg mit Aussicht auf das Stadion sowie das untere Mürztal, lassen lediglich Etablissements mit Namen wie „Babsis Tanzstudio“ und „Elfis Jausestube“ auf die Lebenslust der Bewohner dieser seltsamen Gegend schliessen.

Das anstehende Derby hatte ich vor mehr als einem Monat bereits in Hartberg bestaunen dürfen. Damals ging der Gastgeber als klarer Sieger daraus hervor. Seither sorgen die Mannschaften lediglich im Kampf um die Lizenz für die kommende Spielzeit für Schlagzeilen. Während der KSV erst in zweiter Instanz und unter Auflagen die Spielberechtigung für die kommende Saison in der Zweitklassigkeit sicherte, begrub der Senat 5 die Hartberger Aufstiegshoffnungen jeweils in beiden Instanzen. Der Dorfverein deutete jedoch an, das Urteil weiterzuziehen. Allgemein ist in der „Ersten Liga“ eine traurige Entwicklung festzustellen. So verzichten mehrere Amateurteams im Zuge der bevorstehenden Reform auf den Aufstieg und die finanzkräftigeren Zweitmannschaften rücken als ungeliebte Lückenbüsser nach. Ein spannender und lesenswerter Beitrag zu dieser Thematik veröffentlichte das Magazin „Ballesterer“.

Zum Einlauf der zweiundzwanzig Protagonisten wussten weder Falken-Maskottchen „Airwin“ noch die engagierte Präsidentin der Gäste um die Wichtigkeit, welche der anstehenden Partie noch zukommen würde. Im schönen Franz-Fekete-Stadion sahen 1’550 Zuschauer unter imposant gebogenen Flutlichtmasten, wie der Gastgeber entgegen der Tabellenlage zu Beginn äusserst dominant auftrat. Die zwischenzeitliche Führung war der verdiente Lohn dafür. Doch wie der vorhergehende Einschub zwischen Artikel und Nomen verrät, steigerten sich die Hartberger in der Folge frappant und holten sich mit einem abgeklärten 1:3-Auswärtssieg überraschend die Vizemeisterschaft. Trotz des negativen Lizenzentscheids liessen sich die Spieler von der stattlichen Zahl mitgereisten Fans zurecht feiern. Für uns war mit dem Schlusspfiff das Signal zur Heimfahrt gegeben, die nach sechs Stunden und insgesamt 1’312 gefahrenen Kilometern kurz nach Mitternacht im heimischen St. Gallen ihr Ende fand.

Übrigens: Das Wunder von Hartberg sollte eine Woche später tatsächlich eintreten! Das „Ständig Neutrale Schiedsgericht“ besiegelte mit seinem positiven Entscheid in dritter Instanz den Aufstieg und den Durchmarsch der Blau-Weissen von der Regional- in die Bundesliga. Auch wenn sich der Fan solche Dorfvereine am liebsten ins Pfefferland wünscht, sind sie doch insgeheim erfreuliche Rebellen in Zeiten rasant voranschreitender Kommerzialisierung in unserem Volkssport.