Kommt es in Tirana zum Derby, treffen Stadt und Umland sowie Rekordmeister und aktueller Titelträger aufeinander. Doch aufgeladen ist das bedeutendste Spiel Albaniens auch aufgrund der Geschichte beider Vereine: Mit dem KF «Tirona», wie die Stadt im gegischen Dialekt genannt wird, trifft der älteste Klub des Landes auf den einstigen Armeeverein Partizani, dessen Wappen der Sowjetstern ziert. Dieser geht zurück auf die Gründung des Klubs zur Anfangszeit des kommunistischen Regimes unter Enver Hoxha. Bis zu seinem Tod 1985 herrschte der autokratische «Onkel Enver» in der Sozialistischen Volksrepublik Albanien – ideologisch an Josef Stalins Sowjetunion angelehnt, nie aber unter jugoslawischer Obhut.
Für das Stadtduell wurden im neugebauten Nationalstadion auf beiden Hintertortribünen im Unterrang die Sitzschalen entfernt, was ein kompaktes Bild in den Fankurven abgab. Auch auf dem Rasen entwickelte sich – im Gegensatz zum Vortag in Elbasan – eine unterhaltsame Partie, die mit einem Traumtor und einem ausgelassenen Jubel seitens Partizani einen ersten Höhepunkt fand. Nach dem Ausgleich kurz vor dem Pausenpfiff dauerte es bis zur 75. Minute, ehe ein kurzes, aber ohrenbetäubendes Feuerwerk hinter der Partizani-Fankurve die turbulente Schlussphase einläutete. Nebst Torchancen auf beiden Seiten und je einer roten Karte hielt diese in der Nachspielzeit auch den Siegtreffer für Partizani bereit.
Während die Weiss-Blauen auf dem Rasen mit 1:2 verloren, konnten sie immerhin das Duell mit den Ultras Guerrils auf den Rängen für sich entscheiden. Immer wieder vermochte der Stimmungskern um die Tirona Fanatics viele der 12’700 Zuschauer mitzureissen, und auch die aufgrund von Differenzen am Rand des Oberrang stehende Capital Crew machte mit stetem Engagement und einer optischen Einlage auf sich aufmerksam.
Diese Aktion kam zumindest für mich wenig überraschend, hatte die Fahrt mit der Seilbahn auf den Dajti zwei Tage zuvor dem aufmerksamen Auge doch bereits letzte Vorbereitungen dafür offenbart. Nebst dem Blick auf ebenjene Terrasse eines grossen Häuserblocks bietet der Hausberg eine schöne Aussicht auf die Hauptstadt mit ihrer etwas über einer halben Million Einwohnern. Damit beheimatet Tirana rund einen Sechstel der nationalen Bevölkerung. Trotz einer überschaubaren Anzahl Sehenswürdigkeiten verzeichnet Albanien einen Tourismus-Boom. Vor allem bei Reisenden aus Italien ist das Land beliebt, auch weil viele Einheimische die italienische Sprache beherrschen. Wer den verstopften Strassen – gefühlt wird eher in Autos als in Strassen oder Parkplätze investiert – entfliehen mag, findet mit dem Bovilla-Stausee und dem Berg Gamti im Skanderbeggebirge einen schönen Kontrast zum hektischen Stadtalltag.