Wer über den Boxing Day, zumindest in unserem Genre der wohl beinahe heiligste Tag der Weihnachtszeit, eine Alternative zur Insel sucht und nicht unbedingt nach Nordafrika reisen möchte, landet früher oder später im Lande eingeklemmt zwischen Holland und Frankreich. Hier in Belgien wird nämlich auch noch bei der normalerweise herrschenden Eiseskälte rund um die Festtage und dem Jahreswechsel dem Leder auf ansprechendem Niveau nachgesetzt. Da die Preise für den Weg durch die Lüfte wie immer um diese Jahreszeit schnell nach oben tendieren, wurde die Idee bereits früh an den Mann gebracht und mit der Zeit hatte man mit sechs Leuten aus dem kollegialen Umfeld eine passable Reisegruppe zusammen. Diese sollte mitunter meinen Geburtstag, gepaart mit etwas Kultur und natürlich Fussball, zelebrieren.
Als Mitte November die französische Hauptstadt Paris von den barbarischen Anschlägen heimgesucht wurde, kristallisierte sich unser eigentliches Reiseziel Brüssel zu diesem Zeitpunkt als mitunter nicht sehr stabil heraus, wobei man aus Rücksichtnahme der Mitreisenden kurzfristig die Stadt Antwerpen als neuen Zielort bestimmte. Da wollte ich eh schon immer mal hin. Bis heute kann ich allerdings nicht verstehen, dass trotz diesem Standortwechsel ein guter Kollege die Reise nicht antreten wollte, zumal es genau das ist, was diese Extremisten mit ihren Anschlägen erreichen wollen. Dem westlichen Europa den freien Lebensstil zu nehmen und Angst zu verbreiten. Dieser Tatsache geschuldet war man schlussendlich also zu sechst in einem Belgien und mitunter in einer Hauptstadt unterwegs, die (wie erwartet) in keinster Weise auf eine Veränderung seit meinem letzten Besuch im Januar des laufenden Jahres schliessen liess.
Vom fussballerischen Aspekt her wäre ein Ausflug mit drei Spielen der höchsten Liga möglich gewesen, da man für einmal den Fokus allerdings bewusst nicht vollständig auf den Volkssport richtete, entschieden wir uns für zwei Spiele. So sollte unser Sextett an meinen Geburtstag die Partie in Mechelen mit dem CL-Achtelfinalisten Genk als Gast beehren, ehe am Sonntag mit einem Besuch beim RSC Anderlecht in der Hauptstadt das Fussballjahr angemessen beendet werden würde.
Die Anreise selbst präsentierte sich wie so oft ziemlich unspektakulär und kurz vor der Mittagsstunde entledigte man sich bei der gemieteten Wohnung von seinem Gepäck und verbrachte den restlichen Nachmittag mit Sightseeing, gepaart durch das Degustieren diverser Belgischer Brauerzeugnisse, in der schönen Innenstadt Antwerpens. Der heutige Austragungsort Mechelen liegt glücklicherweise nur etwas mehr als eine Viertelstunde von Antwerpen entfernt, sodass man trotz knappem Zeitpolster rechtzeitig vor der Baute die reservierten Karten in Empfang nahm. Sechs Mal St. Gallen nahm also Platz auf der prall gefüllten Gegentribüne und sah sogleich, nach einem Auftritt der ortsansässigen Blasmusik, ein starkes Intro der Gästefans mit viel Pyrotechnik und Donnerschlägen. Nur der Wurf einer Fackel auf den Rasen kann als unnötig taxiert werden. Insgesamt aber „viel Rauch um Nichts“ und das Spiel konnte beginnen.
Gent ging als CL-Achtelfinalist und Tabellenführer als klarer Favorit in die Partie, was für Mitfahrer Jens Sicherheit genug war, den Wettkönig zu einem Duell herauszufordern. Ein nicht kleiner Betrag wurde also von ihm auf Gent gesetzt, wobei ich in leichter Kamikaze-Manier auf die Gastgeber tippte. Diese waren im ersten Durchgang vor 10’980 Zuschauer zwar klar unterlegen, konnten aber vorerst die Null halten und gegen vorne einzelne Nadelstiche setzen, was mich auch für den weiteren Verlauf optimistisch stimmte. Und so kam es dann auch. Gegen einen Doppelschlag rund um die 60. Spielminute herum konnte der Gast nicht mehr reagieren und verlor so auf „feindlichem“ Terrain mit 2:0. Mich hat es, wie wohl auch den Grossteil der Anwesenden, gefreut, da hiermit die Feierkasse eine ungeahnte finanzielle Spritze erhielt.
Für uns ging es nach Spielschluss zurück nach Antwerpen, wo man, unterschiedlich motiviert, bis in die frühen Morgenstunden der Müdigkeit an meinem Geburtstag Paroli bot.