Was haben die Mondlandung, selbstfahrende Busse und der Meistertitel von Leicester City gemeinsam? Allesamt wurden nie für möglich gehalten. Während die ersten beiden «Wunder» mit dem Fortschritt der Technik und dem unermüdlichen Streben des Menschen zu erklären sind, ist mir das letztgenannte Beispiel weiterhin ein Rätsel. Wie gross ist denn eigentlich die Chance, dass ein Abstiegskandidat ohne grossartige Wechselrotationen über die Sommerpause hin zum gefürchteten Überflieger heranwächst? Ich selbst kann diese Frage nicht beantworten. Fest steht jedoch, dass in Leicester eine Mannschaft entstanden ist, der als Einheit Einmaliges gelungen ist: dieses nie für möglich gehaltene Wunder.
Ebenfalls an ein Wunder grenzt die Tatsache, dass Thomas und ich am Samstagnachmittag rechtzeitig im King Power Stadium sassen – doch der Reihe nach. Wie exakt vor einer Woche standen Thomas und ich pünktlich am Gate zum Überflug auf die Insel. Der Start erfolgte ebenfalls planmässig. Einziges Manko bei dieser frühen Abflugzeit stellte der fehlende Schlaf dar. Damit kann unser Duo aber leben, schliesslich kann dieser im Flugzeug nachgeholt werden. Lediglich zweimal unterbrach das Kabinenpersonal meine süssen Träume. Das erste Mal für die Verpflegung an Bord und das zweite Mal, nanu, wiederum für die Verpflegung an Bord. Für den extra «Leckerbissen» bedankten wir uns natürlich artig und ein jeder widmete sich wieder, ohne weiter darüber nachzudenken, dem Reich der Träume. Der Anflug auf Birmingham war wie immer wolkenbedeckt. Beim Ausstieg nickten wir den Stewards sowie dem Kapitän freundlich zu, die unsere Geste schamvoll erwiderten.
Als wir schliesslich in den Bus stiegen, der uns zum Terminal brachte, fielen wir wortwörtlich aus allen Wolken. «Willkommen am Flughafen Zürich» stand da nämlich klar und deutlich an der Anzeige geschrieben. Sehr zur Unterhaltung der übrigen Passagiere verstanden wir beide nun endlich ebenfalls die Situation. Wir waren nie weg. Oder doch? Unsere Sitznachbarin schaffte Abhilfe, indem sie erklärte, dass unser Flugzeug auf Höhe der Normandie aufgrund eines technischen Defekts den Rückweg angetreten hatte. Geografisch gesehen macht dieses Manöver wenig Sinn, jedoch ist das Überfliegen des Ärmelkanals im vorliegenden Fall verboten. So mussten wir die Dame am Infoschalter energisch auf unsere Reisevorhaben hinweisen, ehe sie uns auf den einzigen Flug umbuchte, bei dem die Reise, abgesehen von den horrenden Zugkosten, noch Sinn ergab. Alsbald sassen wir also im Flieger mit Ziel London, von wo aus wir mit viel Glück bei den Umstiegen den Weg bis nach Leicester hinter uns brachten.
Die hinterlegten Tickets für den Gästeblock gab man uns nach einer kurzen Diskussion ebenfalls heraus, sodass wir wenig später mitten in den Fans von Watford am unteren Seitenrand des Spielfelds standen. Weder die Anhängerschaft noch der Verein aus dem Londoner Vorort liegt mir besonders am Herzen, seit meinem Besuch an der Vicarage Road und der «Booking History» bei den Hornets, sind für mich aber auch für die grösseren Partien Karten zu erwerben.
«Unsere» Hornets rissen am heutigen Tag weder auf den Rängen noch auf dem Platz grossartig Bäume aus, sodass der amtierende Meister vor 31’628 Zuschauer zu einem ungefährdeten 3:0 kam. Natürlich konnte sich auch ein gewisser Riyad Mahrez in den Reigen der Torschützen eintragen. Vom Support her ging auch beim Heimteam wenig, sodass das einzige, was heute das Prädikat «spektakulär» verdiente, die Spielunterlage mit ihrem sehenswerten Muster war.
Genauso eintönig wie der moderne All-Seater präsentiert sich die Stadt Leicester, sodass wir nach einer indischen Mahlzeit bald schon den Zug in Richtung Manchester bestiegen und dieser ohne technische Probleme seine Destination erreichte. Soll ja anscheinend nicht immer so sein.