Die seltene Konstellation mit Heimspielen von Everton und Liverpool am selben Wochenende galt es gnadenlos auszunutzen. Durch den sportlich unattraktiven Gegner würde sich auch die schwierige Ticketfrage bei Spielen an der Anfield Road erleichtern. Hierbei machte mir der FC Liverpool mit einem «Local General Sale» allerdings einen Strich durch die Rechnung. Trotzdem finde ich es eine gute Sache, Tickets vergünstigt und nur in der Stadt selbst an Fans abzugeben, die sich in der Premier League schlicht keine leisten können. Wer will, findet bekanntlich immer einen Weg und so nutzten Jens und ich die tiefen Preise der Hospitality-Kategorie aus und beschenkten uns mit einem Platz auf der Haupttribüne. Für den Sitzplatz, das inkludierte Essen und Trinken in der Lounge ging der Preis insgesamt in Ordnung.

Nach den nächtlichen Eskapaden einigten wir uns am Spieltag darauf, den kulturellen Teil mit dem Beatles-Museum und dem Royal Albert Dock zu streichen und stattdessen auszuschlafen. Ein Besuch hier eilt nicht, zumal ich sowieso eines Tages noch auf der anderen Seite der Mersey bei den Tranmere Rovers vorbeischauen möchte.

Liverpool wirkt als Stadt eher düster, wobei das Wetter seinen Teil dazu beitrug. Tiefe Temperaturen, Nebel und Nieselregen machen sich in keiner Stadt gut. Und so steuerten wir von unserem Hotel auch direkt die Busse neben dem St. John’s Gardens an, die uns zur Anfield Road brachten. Die letzten Meter geht der Matchbesucher zu Fuss durch das Quartier, ehe sich die neue Haupttribüne imposant vor einem auftut. The Home of Football. Das Stadion, das ich als Kind jeweils im Fernsehen gesehen hatte und der Verein, der weltweit auf eine der grössten Anhängerschaften zählen kann.

Zu diesem Stichwort passt auch die heutige Allokation für die Gäste aus Plymouth, welche die ganze Hintertortribüne für sich beanspruchten, was knapp 9’000 Fans aus Südengland entspricht. Nebst dem «You’ll never walk alone» seitens der Reds zu Beginn waren ausschliesslich sie es, die für Stimmung sorgten. Für mich eine Enttäuschung, dass der Kop nur mit diesem einen Gesang für Gänsehaut sorgen kann. Das Spiel im Anschluss an die Hymne erfolgte nur auf ein Tor, da sich Plymouth, Tabellenführer in der vierten Liga, spielerisch beschränkt präsentierte. Der Fokus lag für die in Grün spielenden Gäste in der Defensive und ihre Fans feierten jeden Befreiungsschlag frenetisch. Zur Überraschung vieler der 52’692 Zuschauer blieb es bis zum Spielende beim 0:0 und Plymouth erkämpft sich damit ein Rückspiel vor heimischer Kulisse.

Bevor das Schauspiel recht begonnen hatte, war es auch schon wieder zu Ende und wir begaben uns per Taxi zurück in die Innenstadt. Es folgte der stressige Teil der Reise, doch am Flughafen in Manchester vermeldete unser Heimflug eine stündige Verspätung. In Basel angekommen, gelang es uns mit viel Glück und mächtig Schweissperlen auf der Stirn, trotz langer Schlange an der Passkontrolle den letzten Zug zu erreichen. Am Montagmorgen siegte die Freude über die gelungene Tour mit ihren namhaften Stadien über die Müdigkeit; ihrerseits die bekannteste Nebenwirkung meines speziellen Hobbys.

Postscriptum: Liverpool setze sich im „Replay“ im Home Park zu Plymouth glücklich durch, scheiterte aber in der nächsten Runde an den ebenfalls unterklassigen Wolverhampton Wanderers.