Mücken gibt es an diesem Abend keine. Stattdessen treiben Pappelflocken durch die wohlig warme Abendluft. In der Bar «Zanzare» herrscht heilloses Chaos – es scheint, als hätten sich sämtliche Einwohner Mantovas am Ufer des Lago Superiore versammelt, um den ersten lauen Sommerabend bei einem Glas Wein ausklingen zu lassen.

Der Lago Superiore ist einer von drei künstlichen Seen, die im 12. Jahrhundert rund um Mantova durch das Aufstauen des Flusses Mincio entstanden. Die Seen dienten ursprünglich dem Schutz der prunkvollen Stadt vor Angreifern – und Jahrhunderte später vor Plünderern. Im Zentrum dieser wehrhaften Schönheit steht die Familie Gonzaga, die Mantova im Mittelalter regierte. Ihr architektonisches Erbe prägt das Stadtbild bis heute und verleiht der Altstadt eine eindrucksvolle Eleganz. Seit 2008 zählt sie zum UNESCO-Weltkulturerbe – ein kleines Florenz der Po-Ebene, wenn auch mit rund 50’000 Einwohnern deutlich beschaulicher als das toskanische Original.

Zu den herausragenden Bauwerken zählt der Palazzo Te – ein Vorstadtpalast, den Markgraf Federico II. Gonzaga errichten liess. Er ergänzt den zentral gelegenen Palazzo Ducale und liegt auf der Isola del Teieto, kurz «Te». Nach diesem Ort ist auch die «Curva Te» benannt – die Heimat der Ultras Mantova. Diese feierten im März ihr 50-jähriges Bestehen und wurden von der Mannschaft zur Jubiläumssaison würdig beschenkt: Nach 14 Jahren gelang dem Verein der Wiederaufstieg in die Serie B. Es ist immer wieder faszinierend, wie sich eine beinahe verwaiste Fankurve in Italien mit dem sportlichen Erfolg wieder mit Leben füllt.

So auch heute: Das Stadion – benannt nach dem in der Nähe geborenen Fussballer Danilo Martelli, der 1949 beim Flugzeugunglück von Superga ums Leben kam – war mit 9’602 Zuschauern gut gefüllt. Darunter auch 940 mitgereiste Gästefans, die sich dank einer «trasferta libera» endlich wieder einmal frei bewegen durften. Grund für diese seltene Reisefreiheit: die langjährige Freundschaft zwischen den beiden Fanszenen, die seit 1993 besteht. Sie wurde an diesem heissen Nachmittag beiderseits mit Spruchbändern gewürdigt. Nur auf dem Platz gab es keine Geschenke: Die Gastgeber, im weiss-roten Trikot, das stark an jenes von River Plate erinnert, fertigten Cesena gleich mit 3:0 ab – und machten damit einen grossen Schritt in Richtung Klassenerhalt.