«The best you ever had is just a memory and those dreams.» Eine Erinnerung und diese Träume sollen das beste sein, was ich je gehabt habe? Diese Worte ertönen aus meinem Kopfhörer, als ich im Flieger nach Budapest sitze. Sie stammen aus dem Song «Fluorescent Adolescent» der englischen Band Arctic Monkeys und passen tatsächlich – im Fussball-Kontext.
Seit Ende Februar ist mir nämlich klar geworden: Ich habe die grossen Spiele und die vollen Fankurven zu wenig genossen. Und ich habe die westeuropäischen Privilegien, wie etwa das Schengener Abkommen, zu wenig wertgeschätzt. Nun bin ich vor einer Reise gezwungen, alternierend die Webseite des EDA und diejenige der entsprechenden Regierung zu konsultieren, um meine Angst vor neuen Einreisebestimmungen zu stillen.
Zum Glück traten trotz steigenden Fallzahlen in der Schweiz keine Restriktionen ein und so stehe ich am Freitag pünktlich im Nepliget, einem Park im Herzen der ungarischen Hauptstadt. Die Fanszene von Fradi, wie Ferencvaros auch genannt wird, trifft sich hier bereits am Nachmittag. Weder auf dem Fussmarsch zum Stadion von MTK, noch später im Innern, scheint die Pandemie zu existieren. Auch am anderen Ende der Gegentribüne, wo eine Abordnung von Heimfans Stimmung macht und zum Anpfiff eine schöne Choreografie zeigt, scheint sich niemand um das persönliche Wohlergehen zu sorgen.
Die Ausgangslage ist aber auch zu verlockend: Es ist das Auftaktspiel der neuen Saison und mit MTK und Ferencvaros stehen sich nicht nur die erfolgreichsten Vereine des Landes gegenüber, sondern auch der Aufsteiger und der amtierende Meister. Gegen den scheinbar übermächtigen Stadtrivalen spielt der Gastgeber tapfer mit und erzielt durch den starken Daniel Gera vor der Pause gar den Führungstreffer. Zwar gleicht Fradi im zweiten Durchgang zum 1:1 aus, das Unentschieden schmeichelt aber eher den Gästen. Damit sehen 4’445 Zuschauer im beinahe ausverkauften Hidegkuti Nandor Stadion einen erfrischenden Auftritt ihrer Mannschaft. Zwar verleihen die betonierten Bereiche hinter den Toren dem Stadion eine gewisse Einzigartigkeit und eine gute Akustik, insgesamt wirkt das Stadion aber steril.
Da bietet das Stadion des BKV Elöre auf der anderen Seite der Strasse deutlich angenehmeres Ambiente für ein Fussballspiel. Nichtsdestotrotz war dieser warme Sommerabend mit seinen lauten Gesängen und vollen Fanblöcken eine erfreuliche Ausnahme, die auf baldige Besserung hoffen lässt.