War ich gestern der einzige Tourist im Stadion, so bin ich es heute in ganz Lamongan. Wobei es sich hierbei vielmehr um einen Bezirk handelt, dessen grösste Häuseransammlung den Namen „Made“ trägt. Ob das Verschwinden des Stadtnamens auf die gewöhnungsbedürftige deutsche Bedeutung zurückzuführen ist, mag ich allerdings zu bezweifeln.

Wie ich vorab im Internet gesehen hatte, war der einzige Zug an diesem Sonntag in die kleine Stadt bereits ausgebucht. Macht nichts, dachte ich mir und brachte den Weg zum Bahnhof hinter mich. Hier galt es am Ticketschalter entsetzt und total überrascht reinzuschauen und schon wird dem Bleichgesicht doch noch eine Fahrkarte für den sowieso schon vollen Zug ausgestellt. Selbstredend in der Holzklasse für sechstausend Rupien; also keinen halben Schweizer Franken. Im indonesischen Schienenverkehr, der im Jahre 2011 grundlegend „neuaufgegleist“ wurde, wird zwischen den drei Klassen Economy, Business und Executive unterschieden. Ein weiterer interessanter Aspekt zum hiesigen Zugfahren betrifft die Gleise und Perrons. So bestehen auch in den grossen Bahnhöfen kaum Unterführungen und ein Zug wird nur erreicht, indem man durch die geöffneten Türen der anderen wartenden Züge hindurchläuft. Die persönliche Angst, dass ein solcher während dem Durchqueren abfährt, bestätigte sich während meines Aufenthalts glücklicherweise nie.

Wunderte ich mich im Voraus noch, warum der Zug für eine Strecke von knapp 40 Kilometern weit über eine Stunde braucht, lüftete sich das Rätsel nach wenigen Minuten Fahrzeit. Nennen wir es ein gemächliches Tempo, dass wir einschlugen. Zeit genug, um sich im Waggon genauer umzusehen, wo einer pünktlich zum Mittagsgebet übers Handy die Worte des Imams wiedergibt, während ein Grossteil der Reisenden das laufende Gespräch unterbricht und andächtig verharrt.

Die nächste Portion Gesang kommt melodischer daher und geht auf das Konto der Gallagher-Brüder, die am Stadion aus den alten Boxen ertönen und zumindest bei mir für Fussballstimmung sorgen. Am Medieneingang treffe ich auf einen Fotografen, den ich am Vortag bereits in Surabaya gesehen hatte. Von ihm erfahre ich, dass der Trainer, wie auch der beste Spieler der Gäste vor dem Wechsel nach Bogor ihr Geld bei Persela verdient hatten.

So kommt es überraschend, dass Lamongan den Gast und Favoriten dominiert und zum Halbzeitpfiff mit zwei Toren in Front liegt. Der zweite Abschnitt verläuft gar noch mehr nach dem Gusto der 6‘855 Zuschauer. Alex, der Anführer der nationalen Torschützenliste im Dienste der Gastgeber, schiesst Bogor praktisch im Alleingang ab. Zurecht wird ihm wird am Capo-Podest ein Banner mit seinem Konterfei gewidmet. Das Schlussverdikt von 6:1 Toren ist hoch, zeugt aber von der Überlegenheit Perselas und der gnadenlosen Effizienz der Vordermannschaft.

Die Kurve zieht bereits weit vor dem Schlusspfiff blank und sorgt für die grösste positive Überraschung auf Fanebene während meinem Aufenthalt in indonesien. Schon einige Tage zuvor in Sleman hatte mich die Anhängerschaft der kleinen Stadt beeindruckt, als sie unter der Woche mit zweitausend Leuten zum Auswärtsspiel angereist war. Zu klein, um ein Rivale Persebayas zu sein, entwickelte sich hier definitiv eine gestandene Ultraszene mit äusserst ansehnlichem Material.

Für den Rückweg griff ich auf ein Taxi zurück, da in der halben Stunde, die ich am Strassenrand gewartet hatte, keiner der Sammelbusse auftauchte, die tagsüber praktisch im Minutentakt auf halsbrecherischem Wege Surabaya ansteuern.