Im Anschluss an die Reise nach Jordanien und den drei Abstechern nach Italien wunderte ich mich bereits, wie im neuen Fussballjahr bisher alles reibungslos verläuft. Von Strapazen und Ärgernissen, wie ich sie in den vergangenen Jahren zuhauf erlebt hatte, keine Spur.
Ein gutes Viertel sollte das Jahr alt werden, ehe mir der Fussballgott eins auswischte. Wobei es genau genommen viel eher der ukrainische Staat war. Durch die Präsidentschaftswahlen Ende März und der damit einhergehenden höheren Polizeipräsenz an Wahllokalen wurden diverse Spieltage verschoben. Betroffen davon auch der anvisierte 25. Spieltag mit dem grössten Duell des Landes zwischen Dynamo Kyiv und Shakhtar Donetsk. Bei der Bekanntgabe des Spielplans freute ich mich noch über das richtige Erahnen was das Datum des Klassikers betraf, schliesslich wird ab April jeweils in einer separaten Meisterrunde gespielt und wir kannten bei der Flugbuchung im Voraus keines der Duelle.
Auf der Suche nach Alternativen erwies sich die FB-Seite „Ukrainischer Fussball“ als hilfreich, deren Admin mit Michael ein Exil-Ukrainer und Mitglied der Würzburger Expertenrunde ist. Dynamo spielte nun auswärts in Mariupol, welches zwar mit dem Heimspiel von Chornomorets Odessa zu verbinden gewesen wäre, doch dem Club nahe der Krim bleiben seit der Annektierung die Zuschauer aus. Weiter dauert die Zugreise ans Meer geschlagene 16 Stunden, weshalb wir uns dagegen entschieden. Blieb einzig die Abstiegsrunde übrig, in der das Heimspiel von Desna natürlich auf denselben Tag wie jenes von Arsenal Kyiv fiel.
Bis zum Reiseantritt hatte ich schliesslich drei Spiele aus den ersten drei Ligen zusammengeschustert, sodass ich am Tag der Abreise einigermassen entspannt mit Jonathan und Xavier als Begleiter die Embraer-Maschine der UIA bestieg.
Wir machen einen Sprung zum Freitagmittag, an dem Jonathan und ich im Anschluss an eine lange Metrofahrt an der Station Boryspilska auf ein UBER zurückgreifen, um rechtzeitig im kleinen Dörfchen (Achtung Zungenbrecher) Schtschaslywe nahe des Flughafens aufzukreuzen. Im lokalen Stadion trägt eigentlich die Jugendakademie von Shakhtar Donetsk, die seit dem Krieg im Donbass hier ihre Exil-Heimat gefunden hat, ihre Heimspiele aus. Da das eigentliche Stadion vom Verein aus Zhytomyr, einer Stadt 150 Kilometer von Kyiv entfernt, noch nicht für den Rückrundenbetrieb aufgerüstet hat, wird spontan hierhin ausgewichen. Da auch die Gäste von der Grenze Rumäniens einen langen Anreiseweg hatten, verirrten sich lediglich 150 Zuschauer auf die kleine, in den Nationalfarben gehaltene Tribüne. Diese und weitere Informationen erhielten wir von Oleksandr, dem „General Manager“ von Arsenal Kyiv, denen das Areal ursprünglich gehörte. Da der kleine Verein im Zuge des Aufstiegs eine grössere Heimstätte suchen musste, ergaben sich erst die Möglichkeiten für die anderen Mannschaften.
Ziemlich wirr die ganze Situation und kalt war es auch. Auch das drittklassige Duell hatte wenig erwärmenden Charakter und endete mit einem späten 0:1 Auswärtssieg für Bukovyna. Da macht sich die lange Anreise doch noch bezahlt – drei Punkte für die Schwarz-Gelben und Länderpunkt Nummer 42 für mich.