„Brajamusti, bukan dari Italia“ hallt es in einer enormen Lautstärke von den Rängen. Wiederum mime ich den ahnungslosen Deppentraveler, der rein zufällig in der Stadt weilt und sich einem spontanen Spielbesuch gegenüber nicht abgeneigt zeigt. Dabei bin ich weder Depp noch Traveler und weiss gar haargenau, auf wen die Fans von PSIM mit diesem Fangesang abzielen. Es ist eine Anspielung auf das Fankonglomerat der PSS Sleman, welches sich vor acht Jahren unter dem italienischen Namen „Brigata Curva Sud“ vereinte. Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Gesang soviel wie „Brajamusti, wir stammen nicht aus Italien“, wobei Brajamusti den Übernamen der PSIM-Fans darstellt.
Anlass für meinen erneuten Besuch beim Erzrivalen ist deren Rückkehr ins renovierte Stadion Mandala Krida im Herzen von Jogjakarta. Die Heimat von PSIM ist mir bereits im allerersten Anflug auf den kleinen Flughafen der Stadt aufgefallen. Ebenfalls zurück nach einer Spielsperre ist „El Loco“. Hinter diesem Übernamen versteckt sich der Stürmer Cristian Gonzalez, der mit seinen 43 Jahren noch immer fit ist, wie ein junges Reh. Und auch wenn Indonesien im Umgang mit Drogen, allem voran Kokain, einen extrem restriktiven Umgang pflegt, kann ich mir in Bezug auf die beeindruckende Fitness des Gauchos eine massgeschneiderte Ausnahmeregelung vorstellen.
Vor seinem jetzigen Engagement spielte Gonzalez in Sleman, wurde dort aufgrund seines hohen Alters allerdings aussortiert, obschon er die Adler in den vergangenen Play-Offs beinahe im Alleingang in die erste Liga schoss. Da der gebürtige Südamerikaner mittlerweile eine Familie hat und seinen Lebensmittelpunkt verständlicherweise behalten wollte, war ein Wechsel zum zweitklassigen Stadtrivalen die einzig logische Konsequenz.
An diesem Nachmittag reihte sich mit El Loco natürlich auch der erfolgreichste Scorer aller Zeiten im indonesischen Oberhaus in den Reigen der Torschützen. Nach seinem Führungstor, erzielt aus einer Position am Rande des Abseits, wie es sich für einen Oldie gehört (Remember Inzaghi), kommt es zu heftigen Protesten der Gästespieler. Diese sahen in der Aktion einen klaren Regelverstoss und weigern sich im Anschluss weiterzuspielen. Als es vom aufgebrachten Publikum Gegenstände auf die Spielerbank regnet, besinnen sie sich auf ihre eigentliche Tätigkeit.
Allgemein zaubern die 18’731 Zuschauer im ausverkauften Rund zuweilen eine Stimmung hervor, die für Gänsehaut sorgt. Nicht auszumalen, welche Zustände hier bei einem Derby mit Gästefans herrscht. Für die Rückkehr in die Heimat hat eine Mania passend eine kleine Choreografie mit dem Titel „Home Sweet Home“ vorbereitet – für einmal ohne Fehler im Satzbau. Oftmals erinnern mich die in englischer Sprache gehaltenen Plakate hier aufgrund der rustikalen Englischkenntnisse nämlich eher an Gesprächsfetzen von Jedi-Meister Yoda aus Star Wars.
Nach dem Spiel, welches einen verdienten 2:0-Heimsieg für PSIM mit sich bringt, sichere ich mir das Trikot des ehemaligen Nationalspielers. Dafür soll ich ihn in die Kabine begleiten, wo mir der Assistenztrainer ein frisches Exemplar in die Hände drückt. Zum Schluss gibt mir El Loco noch einen Rat mit auf den Heimweg. Ich soll das Trikot gut verstecken, schliesslich sei ein Bule (zu Deutsch Ausländer) mit einem begehrtem Trikot in der Hand vor den Stadiontoren eine leichte Beute. Zustände wie in Südamerika eben.