Für das Schweizer Radio und Fernsehen schrieb ich am Ende einer Abendschicht einst eine Lückenfüller-Meldung mit dem Titel «Scunthorpe United: Das schlechteste Team der Geschichte». Der zugegeben etwas gewagte Titel bezog sich auf den Tweet eines englischen Fussballfans – einer Gattung, die mit Kritik gegen den eigenen Verein in Krisenzeiten nicht geizt – und hatte durchaus seine Berechtigung. Der Fan wies mit seiner drastischen Wortwahl darauf hin, dass die 26. Saison-Niederlage für Scunthorpe United den vorzeitigen Abstieg aus dem Profifussball bedeutete.
Tatsächlich verkörperten «The Iron» mit 26 Punkten aus 46 Spielen und einem Torverhältnis von minus 61 zum Ende der Spielzeit den schlechtesten Absteiger in der Geschichte der English Football League (EFL). Doch mit dem Fall aus der EFL war die Misere für das Team und seine Anhänger, die 2018 noch in den Playoffs um den Aufstieg in die zweite Liga mitgefiebert hatten, noch nicht ausgestanden: Als Vorletzter in der Folgesaison wurde Scunthorpe United gar in die sechste Spielklasse durchgereicht.
Von «Sunny Scunny», einem bekannten Lied einer lokalen Punkband, ist nicht nur der Klub derzeit meilenweit entfernt. Auch die Industriestadt mit 80‘000 Einwohnern hat ihre Blütezeit rund um die Stahlproduktion längst hinter sich und in der strukturschwachen Gegend dominieren heute Barbershops und Wettbüros die Szenerie. Das am Stadtrand neben einem Moor am Bahngleis gelegene Stadion mit Wellblechfassade fügt sich nahtlos in das trostlose Gesamtbild ein. Bei starkem Wind und sandiger Unterlage ist das sechstklassige Verfolgerduell geprägt von englischer Härte – passend zum Vereinslogo, das eine Faust, die einen Stahlträger hält, zeigt. Trotz des Termins in den Nachmittagsstunden eines Wochentages sehen beachtliche 4165 Zuschauer einen verdienten 3:0-Sieg ihrer Mannschaft über die Gäste aus King’s Lynn.