Ein jeder Hopping-Trip hat bekanntlich seine Art Hauptpartie, um die der Organisator probiert, in diesem Falle ich als Reiseleiter, eine interessante Tour mit netten Partien und kulturellem Rahmenprogramm zu basteln. Ein Zusammenspiel, welches im Falle der Reise nach Serbien unter besonderen Umständen (siehe Einleitung vom BASK-Bericht) mit vier Partien zumindest vom sportlichen Aspekt her erstaunlich gut klappte. Für den Teil, bei dem man nicht dem Event auf der grünen Rasenfläche frönt, sollte nun also der heutige Nachmittag herhalten. Man will ja nicht, dass die Zuhausegebliebenen denken, wir wären alles Kulturbanausen. 😉 Somit wurde unter anderem der Festung von Belgrad mit dem Namen „Kalemegdan“ einen Besuch abgestattet, die zugleich auch nahe der Altstadt liegt und nicht nur wegen des Ausblicks über die Millionenmetropole einen Besuch wert ist.

Des Weiteren galt es neben den diversen prunkvollen orthodoxen Gotteshäusern auch einigen Narben des Kosovokrieges Beachtung zu schenken. So stechen einem nämlich immer wieder von Bomben beschädigte Gebäude ins Auge, die in den Jahren 1998-1999 von der NATO, damals an der Seite der UCK agierend, über der serbischen Hauptstadt abgeworfen wurden.
Den Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovos entgegenwirkend, handelte auch das damalige Jugoslawien (Serbien und Montenegro) unter der Führung von Slobodan Milosevic nicht weniger grausam und sorgte für zahlreiche Verluste in den Reihen der Feinde. Milosevic fand 2006 in der Gefangenschaft seinen Tod, während mit Radovan Karadzic ein weiterer serbischer Kriegsverbrecher seine Haftstrafe (ebenfalls in den Niederlanden) noch absitzt. Auch heute besteht die Problematik weiterhin, was von serbischen Fussballanhängern immer wieder mit „Kosovo ist Serbien“ Spruchbändern und Zaunfahnen zum Ausdruck gebracht wird.

Zumindest am heutigen Abend sichteten wir eine solche Inschrift allerdings nicht, als wir uns nach der Stadtbesichtigung mit dem Taxi zum Stadion Partizana chauffieren liessen. Auf dem Weg dahin zeigen übrigens die imposanten Flutlichter des Marakana, dass die Spielstätten der beiden Rivalen nur durch wenige Häuserreihen getrennt werden. Die Karten für dieses Länderspiel hatten wir am Vortag in der Innenstadt gekauft, sodass wir rechtzeitig auf der Haupttribüne Platz nehmen durften. Wobei „Platz nehmen“ hier nicht im wörtlichen Sinne gemeint war, denn der starke Regen machte das Sitzen äusserst unangenehm. Wie die restlichen 8’900 Zuschauer waren also auch wir gezwungen, die Affiche stehend zu verfolgen.

Deren Ausgangslage war klar: Serbien hatte eine Möglichkeit zur Teilnahme bereits früh auf dem Rasen und den Rängen verspielt, während Portugal als Gruppenerster schon vor diesem letzten Quali-Spiel Frankreich als Feriendestination im Folgejahr einplanen durfte. Diese Tatsache veranlasste die Verantwortlichen dann auch, dem dreifachen Weltfussballer Cristiano Ronaldo eine Pause zu gönnen, sodass er nicht einmal angereist war.

Ziemlich ärgerlich aber was soll es, mit Nani, Joao Moutinho, Bruno Alves oder Eder finden sich trotz allem genügend Fussballer von internationalem Format in den Reihen der Iberer, die für einen erfreulichen Abschluss der Qualifikation sorgen sollten.

Aber auch Serbien hat mit Tadic, Kolarov und Matic drei gestandene Premier-League-Akteure vorzuweisen. Diese hatten allerdings früh ein erstes Mal das Nachsehen, als Ronaldo-Ersatz Nani bereits nach wenigen Spielminuten einen Abpraller zur Führung für die Gäste verwertete. Gefreut hat dies zumindest die knapp zwei Dutzend mitgereisten Gästeanhänger. Insgesamt war die Partie aber deutlich ausgeglichener, als die Ausgangslage vermuten liess und so kam Serbien in der Mitte der zweiten Halbzeit zum verdienten Ausgleich. Mit einem sehenswerten Schlenzer vom eingewechselten Joao Moutinho zum 1:2 wurde die zurückkehrende Hoffnung der Serben allerdings wieder im Keim erstickt.

Und wie so oft, wenn der Spielverlauf zu wünschen übrig lässt hat man seine Emotionen trotz aller Professionalität etwas weniger gut unter Kontrolle. So auch heute in der Reihen der serbischen Ballkünstler, was prompt zu zwei Platzverweisen in der Schlussphase führte. Dies machte die Affiche im monsunartigen Dauerregen von Belgrad durch die vielen Unterbrüche für uns allerdings auch nicht interessanter und vor allem den einen, wortwörtlich „angepissten“ Kollegen unseres Trios bewog es zu unterhaltsamen Äusserungen und Systemkritik.

Also schnell weg hier, bevor sich in der spärlich gefüllten 30er-Schüssel plötzlich noch ein Zuschauer als emigrierter Serbe mit Deutschkenntnissen entpuppte. Zurück im Hotel entledigte man sich unmittelbar den nassschweren Jacken und fand bald darauf einige wenige Stunden Schlaf, bevor mitten in der Nacht auch schon der Wecker klingelte und unser Trio bald darauf im Taxi an den Flughafen sass. Unser Flug war natürlich der einzige, der noch zwei Stunden später als geplant gegen Heimat abheben sollte. Dies war neben der Tatsache, dass es im Flughafengebäude äusserst kalt war und die einzige Verpflegung derart scheusslich roch (mein Brötchen zum Beispiel nach Asche) der Grund für den nicht näher genannten Kumpel wie am Vorabend erneut zum Rundumschlag gegen die Republik Serbien auszuholen. Wird wohl kein zweites Mal hier aufkreuzen.

Ich selbst bin allerdings, alleine aufgrund der Tatsache dass ein Besuch des Derbys im Stadion von Roter Stern noch aussteht nicht das letzte Mal in Serbien gewesen. Rückblickend war es allerdings schon ziemliches Neuland für alle von uns. Flüchtlingscamps in Parks, zerbombte Gebäude sowie die offensichtliche Zuneigung zu Russland neben einer grossen Portion Patriotismus hinterlassen eben doch bleibende Eindrücke.