Auf der Fahrt nach Tuzla wird mir bewusst, dass ich mich nach einer Woche Aufenthalt mittlerweile an die lokalen Gegebenheiten gewöhnt habe. Die vielen 30er-Zonen auf schlecht erhaltenen Landstrassen gehören nun ebenso dazu wie der unterschwellige Geruch verbrannter Holzkohle, der erst in den Restaurants vom Zigarettenrauch abgelöst wird.

Bosnien-Herzegowina ist weit mehr als ein kompliziertes Staatskonstrukt mit bedeutender Schattenwirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit, in dem orthodoxe Serben, katholische Kroaten und bosnische Muslime gemeinsam und doch irgendwie auch getrennt voneinander leben. Das Land überzeugt in Sachen Kulinarik, besitzt eine abwechslungsreiche Natur und kann auch mit der grossen Gastfreundschaft seiner Bewohner punkten.

Doch auch vor der drittgrössten Stadt machen die beschriebenen Problematiken und Kriegsfolgen nicht Halt. So galt Tuzla während und nach dem Höhepunkt der interethischen Auseinandersetzungen als Zufluchtsort vieler Flüchtlinge und weist mit dem Dorf Mihatovici eine Kriegsflüchtlingssiedlung auf, in der bis zum heutigen Tag eine grosse Anzahl Vertriebener lebt.

Auf dem Stadtgebiet sind grosse Salzvorkommen unter der Erde und damit verbundene Hohlräume dafür verantwortlich, dass der Boden immer weiter absackt. Entsprechend bestehen nur wenige historische Häuser und Sehenswürdigkeiten sind in der 120’000-Einwohner-Stadt rar gesät. In einer zentrumsnahen Senke machte die Verwaltung aus dieser Not eine Tugend und schuf mittels eines künstlichen Salzsees ein Naherholungsgebiet.

Lücken im Palmarès

Als «unspektakulär» lässt sich auch das sportliche Dasein des lokalen Fussballklubs treffend bezeichnen. Sloboda Tuzla gehört zwar zu den ältesten Vereinen Bosnien-Herzegowinas, hat aber nebst einem geteilten UI-Cup-Sieg 1982/83 sowie dem Pokal für die gewonnene Zweitligameisterschaft 2013/14 einen leeren Trophäenschrank vorzuweisen.

Auch in der aktuellen Saison läuft es Sloboda (Freiheit) nicht nach Wunsch, dennoch findet sich gegen Leotar Trebinje mit 3’550 Zuschauern eine ansprechende Zahl an Anhängern im Stadion Tusanj ein. Auch die 1987 gegründete Fangruppierung «Fukare» sorgt der sportlichen Baisse zum Trotz – wie schon eine Woche zuvor in Sarajevo –  für akustische Unterstützung. Ihre laustarken Rufe steuern ihren Teil dazu bei, dass der Gastgeber gegen den Klub aus dem südöstlichsten Zipfel des Landes ein 2:1 über die Zeit zu retten vermag.