«Im East End fanden sie einen tief verwurzelten Zusammenhalt und starkes Misstrauen gegenüber Fremden und Autoritätspersonen.» Mit diesen Worten beschreibt der britische Fernsehsender BBC die Wahl für den Namen ihrer vielfach ausgezeichneten Serie «EastEnders», die seit 40 Jahren vom Alltag fiktiver Bewohner im Osten von London erzählt, deren Heimat längst zum nationalen Synonym für sozial unterprivilegierte Stadtgebiete oder Arbeiterviertel avanciert ist.

Tatsächlich wirkt die Gegend, in der einst Jack the Ripper oder die Kray-Zwillinge Angst und Schrecken verbreiteten, auch heute noch wenig einladend. In der Dämmerung ziehen Jugendgruppen durch die Seitenstrassen und von den öffentlichen Mini-Fussballfeldern sind teils heftige Wortgefechte zu vernehmen. Auch im Pub reicht ein energisches «Alice» eines verwahrlosten Mittdreissigers, um die Dame hinter dem Tresen zu animieren, ihm einen Drink zu spendieren. Diesen schlürft er lautstark und verlässt kurz darauf wortlos die leere Bar – nicht aber, ohne uns noch kurz auf die Schulter zu klopfen.

Im East End ist auch der Soul Tower Hamlets FC beheimatet. Der etwas sperrige Name entspringt einer Fusion zwischen dem Soul FC und den bekannteren Tower Hamlets, die sich auf den gleichnamigen Stadtteil berufen. Das Zuhause des Zehntligisten stellt das Mile End Stadium dar, welches – für England untypisch – über eine Laufbahn sowie eine kleine Tribüne verfügt. Richtig eng wurde es im Osten der Hauptstadt nur einmal vor dreissig Jahren, als die Band «Blur» vor knapp 30‘000 Zuschauern ein Konzert spielte. An diesem Samstag ist die Kulisse mit 327 Zuschauern ebenfalls überdurchschnittlich. Grund dafür ist das Derby in der «Southern Counties East League Division One», welches die Soul Tower Hamlets gegen den fangeführten Clapton CFC austragen. Ähnlich wie in Manchester oder Wimbledon hatten hier Fans, die sich mit dem Clapton FC nicht mehr identifizieren konnten, ihren eigenen Klub mit dem Zusatz «Community» ins Leben gerufen und begleiten diesen seither durch den Ligaalltag im englischen Unterhaus. Beim 2:1-Sieg für die Gastgeber steigen ihre Gesänge zur Melodie von «Dirty Old Town» wie eine Ode ans Londoner East End an den hinter dem Spielfeld im Nebel versinkenden Hochhäuser der Docklands empor.