Stellt euch das klassische Fussballstadion in euren Gedanken vor. Gemacht? Sieht es in etwa so aus wie die Variante, welche am südlichen Ende des Königreichs in der Hafenstadt Southampton steht? Ich wäre nicht überrascht. Zumindest auf mich macht das St. Mary’s Stadium als überaus zweckmässige Baute nämlich genau diesen Eindruck.
Der rote All-Seater diente heute als Austragungsstätte für das Nord-Süd-Duell in der Premier League, mit dem lokalen Fussballverein sowie der Mannschaft aus Newcastle in den Rollen der Protagonisten. Trotz jeweils hoher Auslastung war es im Vornherein problemlos möglich, Karten für den gewünschten Sektor zu bestellen und am Schalter vor den Eingangstoren abzuholen. Bevor es aber auf den gebuchten Sitzplatz ging, blieb genug Zeit, um der Innenstadt einen Besuch abzustatten. Diese ist rar an historischen Gebäuden, was mit die Zerstörung durch deutsche Bomber im Rahmen der Luftschlacht um England jedoch in einer simplen Tatsache gründet. Von den Angriffen verschont blieb die alte Spielstätte „The Dell“ und damit auch der Southampton FC. Jedoch drohte Dekaden später erneutes Ungemach, wobei in der finanziellen Krise ein gewisser Markus Liebherr als Retter der Saints fungierte. Der Schweizer Unternehmer erwarb im Jahre 2009 den englischen Fussballclub und führte ihn bis zu seinem Tod wieder in ruhige Gewässer. Auch sportlich ging es im Süden von England immer weiter bergauf, wobei der Verein stets als Ausbildungsstätte für renommierte Profis diente und damit auch finanziell den eigenen Haushalt aufbesserte. Seit dem Tod ihres Vaters trat mit Katharina Liebherr die Tochter in die Stapfen als Mäzenin, veräusserte jedoch vor Kurzem den Verein an eine chinesische Investorenfamilie.
In sportlicher Hinsicht stehen die Rot-Weissen im hinteren Mittelfeld der Tabelle und hinken damit den eigenen Erwartungen etwas hinterher. Gegen den Aufsteiger aus dem Norden bot sich heute somit eine gute Gelegenheit, die Tabellenlage etwas zu den eigenen Gunsten zu verändern. Die im gewöhnungsbedürftigen Blauton spielenden Geordies hatten hier aber etwas dagegen. Trotz dem Termin am Sonntagnachmittag wurden sie von zahlreichen lautstarken Anhängern begleitet und übernahmen von Beginn an das Spieldiktat. Diese Druckphase mündete in der vielumjubelten Führung für Newcastle. Unter Beobachtung von 31’437 Zuschauern fand das Heimteam vor dem Pausenpfiff keine Antwort mehr darauf. Erst ein Temporush des stark aufspielenden Gabbiadini kurz nach dem Seitenwechsel sorgte für den Ausgleich. Dafür dankte der Anhang mit einigen „When The Saints Go Marching In“ Rufen, wobei der Klassiker der einzige Fangesang am heutigen Nachmittag bleibt, der längerfristig in Erinnerung bleiben wird. Die Magpies liessen sich vom Gegentor allerdings nicht beirren und stellten die Führung nur zwei Zeigerumdrehung nach dem Ausgleich wieder her. Für das schmeichelhafte 2:2 benötigte Southampton schliesslich die Hilfe eines gegnerischen Verteidigers, welcher im Strafraum zu ungestüm zu Werke ging und Manolo Gabbiadini damit den Weg zu seinem zweiten Treffer ebnete. Trotz Chancen auf beiden Seiten blieb es auch nach Ablauf der gesamten Spielzeit wie schon am Vortag bei der Punkteteilung.
Rund 105 Jahre nach der Titanic verlasse schliesslich auch ich wieder Southampton, zwar nicht unter gleichem Beifall wie damals, aber immerhin mit sicherer Ankunft in London und am Tag darauf in der Schweizer Heimat.