Abgesehen von der temporären Sardegna Arena von Cagliari Calcio kann ich mit dem Stadion in Ferrara Italiens höchste Spielklasse erstmals komplettieren. Dies war mein erster Gedanke beim Morgenessen in Florenz, ehe unser Trio sich auf die 90-minütige Fahrt in die östliche Po-Ebene nach Ferrara begab.

Hier empfing uns die Sonne mit milden Temperaturen und auch ein kostenloser Parkplatz in Stadionnähe war schnell gefunden. Zeit, um die ansehnliche Stadt auszukundschaften und den Magen mit Haselnusseis und anschliessend mit italienischen Spezialitäten zu füllen.

Der lokale Fussballverein SPAL spielt erst seit zwei Jahren in der „Serie A“ und steht abgekürzt für die lateinische Bezeichnung „Società Polisportiva Ars et Labor“. Rudimentär übersetzt heisst dies „Polysportive Gesellschaft für Kunst und Arbeit“ wobei in der laufenden Saison weniger Kunst und mehr Arbeit gefragt ist, schliesslich befindet sich der Gastgeber im Abstiegskampf. Die zweite Gemeinsamkeit zum gestrigen Besuch in Empoli bildet der Gästeblock, der wiederum bis auf den letzten Platz gefüllt war. Auch wenn sich im Repertoire von „Samp“ mittlerweile viel gedrucktes Material befindet, gehören die Fanutensilien der Hafenstädter aus Genova rund um die wiederbelebten Ultras Tito meiner Meinung nach zu den schönsten, die unser südlicher Nachbar zu bieten hat.

Die eben angesprochenen Farben brachte Torgarant Fabio Quagliarella mit einem sehenswerten Doppelpack früh auf die Siegesstrasse. Der Routinier führt die Torschützenliste der laufenden Spielzeit überraschend vor Cristiano Ronaldo und Milan-Neuzugang Krzysztof Piatek an. Wie bereits in Empoli stellen die Akteure beider Mannschaften in der 13. Spielminute ihre Tätigkeit zu Ehren des ersten Todestages von Davide Astori für stehende Ovationen ein. 12’731 Zuschauer sehen im Anschluss einen Gastgeber, der ständig anrennt und dem kurz nach der Pause der verdiente Anschlusstreffer gelingt. Es folgte eine Unterbrechung, in der das Tor nach bangen Minuten mittels VAR wieder annulliert wird, nachdem die Mannschaften bereits zum Anspiel bereitstanden. Zu viel für die gut aufgelegte Heimkurve, die als Zeichen gegen den modernen Fussball sofort die Zaunfahnen abmontiert und geschlossen das Stadion verlässt. Eine ihrer Fahnen zeigt das Gesicht von Federico Aldrovandi, einem 18-jährigen SPAL-Fan, der 2005 von vier Polizisten brutal ermordet wurde. Die „Causa Aldrovandi“ wird im Film „È Stato Morto Un Ragazzo“ behandelt und leistet einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen. Aldro vive!

Sampdoria kontrolliert in der Folge das Spielgeschehen und lässt gleich mehrere hochkarätige Chancen zur Siegessicherung ungenutzt. Trotzdem gehen sie als Sieger vom Platz, denn der 1:2-Anschlusstreffer vom ehemaligen Bergamaschi Jasmin Kurtic in der fünften Minute der Nachspielzeit fällt zu spät. Ein Ende ist immer auch ein Anfang – so bedeutete der Schlusspfiff für uns den Startschuss zur sechsstündigen Heimfahrt in die Gallusstadt nach einem gelungenen Wochenende.