Es sollte das Wochenende der grossen Derbys werden. Eines der berüchtigtsten davon spielte sich am Vortag in der serbischen Hauptstadt zwischen Roter Stern und Partizan Belgrad ab. Bezüglich Brisanz konnte an diesem Wochenende jenes Rencontre wohl nur noch der Superclasico zwischen River Plate und den Boca Juniors übertrumpfen. Allgemein halte ich das Aufeinandertreffen in Buenos Aires für das wohl grösste Fussballspiel, welches es auf der Welt zu sehen gibt.
Ebenfalls ausverkaufte Ränge und gute Stimmung waren beim Mailänder Derby della Madonnina garantiert, wie auch im ungarischen Budapest, wo sich die Erzfeinde Ujpest und Ferencvaros gegenüberstanden. Es gab allerdings in fast jedem europäischen Land ein Derby. So war dies in England zum Beispiel das Duell zwischen der United aus Manchester und den Reds aus Liverpool. In Schweden kamen beim Spiel Helsingborg gegen Göteborg wegen dem geografischen Aspekt mehr Leute als normalerweise ins Stadion und auch im Norden Hollands duellierten sich mit Groningen und Heerenveen zwei Lokalmatadoren, während das Spiel zwischen Ruch Chorzow und Gornik Zabrze im polnischen Kohlenpott für erhöhte Polizeipräsenz sorgte.
Zu guter Letzt komme ich noch auf zwei Derbys in Deutschland zu sprechen, denen ich beiden bereits einmal beigewohnt hatte. Die Rede ist vom bayrischen Duell zwischen dem Rekordmeister Bayern und Augsburg, sowie vom ältesten Derby Deutschlands: das Frankenderby, das heute zum 259. Mal ausgetragen werden sollte. Im letzten Jahr war ich dafür bereits in Nürnberg zu Gast, heute war also der Fürther Ronhof Schauplatz einer weiteren Auflage.
So machten wir uns frühmorgens auf in Richtung Deutschland, wie wir dies schon bei der letzten Ausgabe im Dezember des Vorjahres getan hatte. Die Fahrt zieht sich insgesamt recht lange hin und war von diversen Umstiegen geprägt, ehe wir kurz nach dem Mittag die Stadt Nürnberg erreichten. Von hier aus ging es per U-Bahn weiter bis an die Stadtgrenze, wo bereits Busse zur Weiterfahrt bereitstanden. Dies, weil sich die lokalen Medien mächtig in die Polemik rund um ein sogenanntes Hochrisikospiel einmischten und gut Schauermärchen verbreiteten. Vor allem aber auch darum, weil im Vorjahr irgendein Geisteskranker einen Feuerlöscher auf eine fahrende U-Bahn warf. Vorsätzliche Tötung lautete das Urteil. Sicherlich ein hartes Urteil, zumal die Dame im Fahrerhäuschen noch am gleichen Abend das Spital verlassen konnte. Mit dieser Aussage will ich das Vorgefallene allerdings in keinster Weise schmälern oder sogar gutheissen, finde aber, dass es der Justiz zum Teil (bewusst?) am Fingerspitzengefühl beim Umgang mit Fussballfans mangelt.
Und eben darum ging es per Bus in die Nähe des Stadions, das grossräumig abgesperrt war und das wir nochmals ganz umrunden mussten, um an unsere Plätze zu gelangen. Mittlerweile zeigte die Uhr kurz vor halb zwei, mit einer zügigen Kartenkontrolle am Eingang sollte es bis zum Anpfiff aber gerade noch reichen. Da hatte wir die Rechnung allerdings ohne die Sicherheitsverantwortlichen seitens der Fürther gemacht, denn die veranlassten ohne Vorwarnung ein absolutes Verbot für das Mitführen von Gegenständen. Weder Taschen noch Rucksäcke wurden geduldet und dies nicht etwa nur in den Fanblöcken, sondern auf allen Tribünen. So hiess es für uns erst einmal die Tasche zusammen mit scharenweise anderen aufgebrachten Fans beim Eingang abzugeben. Dass man dafür noch Geld verlangte und nur eine Luke für die Abfertigung geöffnet hatte (obwohl die Partie seit Wochen ausverkauft war) ist der krönende Höhepunkt. Nur mit viel Mühe konnte ich die Contenance wahren. Mein Begleiter war dann so freundlich, meinen Rucksack für mich aufzugeben, sodass nur er nach acht Stunden (!) Anreise den Spielbeginn und die grosse Choreografie auf der Heimseite verpasste und erst verspätet auf dem Sitz nahe dem Gästeblock Platz nehmen konnte. Die Beschaffung der Karten war eine weitere Thematik, wo sich die Klubverantwortlichen bei mir bereits früh jegliche Sympathie verspielt hatten.
Das Intro über die ganze Heimkurve liess das 257. Frankenderby mit jedem seiner Tore Revue passieren, wobei die Aktion auf den beiden Seiten mit Papptafeln, die den legendären 5:1 Endstand zeigten, untermauert wurde. An jenem Abend lieferten lediglich die Anhänger des „Glubbs“ einen denkwürdigen Auftritt ab und auch darum wurden den jeweiligen Gästefans für die beiden kommenden Derbys in der neuen Saison jegliche Choreoaktionen untersagt. Zudem waren nur angemeldete Spruchbänder und kleine Fahnen erlaubt. Sicherlich sind diese übertriebenen Vorschriften zum Teil verantwortlich, dass der Gästeanhang am heutigen Tag nur nach dem ersten Tor überzeugen konnte und dann wieder in schwachen Durchschnittssupport verfiel. Auf der Heimseite war nach der Choreografie mit einem Satz im fränkischen Dialekt “ Euch schwanzma`aff`n Bierfilzla “ (Euch tanzen wir auf dem Bierdeckel aus) auch der Grossteil des Pulvers bereits verschossen und lediglich nach dem Last-Minute-Treffer zum 3:2 wurde es hier nochmals richtig laut. Ansonsten konnte lediglich dem Kern rund um die Horidos vollen Einsatz attestiert werden.
Insgesamt also leider ein doch dürftiges Derby trotz mit 17’200 Zuschauer ausverkauften Rängen. Anteil daran hatte neben der Staatsmacht mit ihren überhöhten Massnahmen sicherlich auch die lächerlichen Vorschriften seitens der Fürther. Leicht enttäuscht traten wir nach Spielschluss schliesslich die Heimreise an, die sich dank einer Mitfahrgelegenheit bis praktisch vor die Haustüre äusserst einfach und angenehm gestaltete.