San Marino überrascht mich gleich mehrfach. Die kleine Enklave mitten in Italien gehört – gemessen am nominalen BIP pro Kopf – zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Sie kommt ohne Staatsschulden aus und weist eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten weltweit auf. Gerade einmal knapp 30’000 Menschen leben hier – rund eine halbe Stunde landeinwärts von Rimini, wohin sich scheinbar auch viele Radfahrer gern auf den Weg machen.

Doch San Marino ist mehr als nur eine wirtschaftliche Kuriosität: Der fünftkleinste Staat der Welt gilt als eine der ältesten Republiken überhaupt und glänzt mit einer Fülle historischer Bauten. Besonders markant: die auf dem Monte Titano thronende Hauptstadt «Città di San Marino». Ihre von Mauern umgebene Altstadt und die drei markanten Wehrtürme auf den benachbarten Gipfeln – verbunden durch einen schmalen Panoramaweg – verleihen dem Ort seinen besonderen Charme. Nicht umsonst zählt das Stadtzentrum zum UNESCO-Weltkulturerbe. Viele Besucher gelangen bequem per Seilbahn auf den Berg hinauf, um von dort durch die engen Gassen zu schlendern.

Einige hundert Höhenmeter weiter unten in südlicher Richtung geht es weniger beschaulich zu: Auf dem Campo Sportivo Fonte dell’Ovo steht an diesem Samstag das zweite Playoff-Duell der heimischen Meisterschaft an. Der Viertplatzierte aus dem Norden trifft auf den siebtplatzierten Klub aus «San Giovanni sotto le Penne», einer Ortschaft unterhalb des Felsens. Die SS Folgore aus Falciano hat im nationalen Fussball bereits Spuren hinterlassen. Im Jahr 2000 holte der Klub den Meistertitel und wurde damit zum ersten Team aus San Marino, das sich für einen UEFA-Wettbewerb qualifizieren konnte – nachdem der nationale Verband in jenem Jahr erstmals offiziell zugelassen worden war. Die internationale Premiere endete allerdings deutlich: In der Qualifikation unterlag Folgore dem FC Basel mit einem Gesamtskore von 1:12.

Die heutige Partie verläuft weniger einseitig, aber aus Sicht von Folgore (Blitz) kaum erfreulicher. Das 0:1 im Hinspiel vor 170 Zuschauern bedeutet einen Rückschlag – und für die SS San Giovanni eine grosse Chance, endlich eine klaffende Lücke zu schliessen: Als einziger Klub des Landes hat er noch nie einen Titel gewonnen.